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Liebster Mitbewohner

Liebster Mitbewohner

Titel: Liebster Mitbewohner
Autoren: Fiona Winter
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dir beim Runtertragen helfen.“
    „Danke.“
    „Kein Problem.“ Er schwieg einen Moment. „Ich fand es lustig, mit dir zusammenzuwohnen. Schade, dass das jetzt vorbei ist.“
    Ich musste lächeln. Solche Gefühlsduseleien hatte es während unserer Freundschaft äußerst selten gegeben. Aber scheinbar konnten sich selbst die eingefahrensten Dinge ändern.
    Ich erwog, diese letzte Nacht zu Elena zu gehen. Oder mir ein Hotelzimmer zu nehmen. Oder einfach auf einer Bank am Bahnhof sitzen zu bleiben, bis es Morgen wurde.
    Doch je weiter der Tag voran schritt, je öfter ich meinen Aufenthaltsort von einer Bank am Gleis in ein Café, in ein Schnellrestaurant und wieder auf die Bank verlegte, desto dämlicher kam ich mir vor. Wir waren beide erwachsen, verdammt noch mal. Da musste es doch möglich sein, alles vernünftig zu regeln. Und die letzte Nacht in der WG friedlich im selben Zimmer zu verbringen. Mein Gefühl sagte mir, dass das nicht möglich war. Es ging hier schließlich um Felix. Um denselben Felix, der nach einem Streit mit mir die ganze Nacht an einer U-Bahn-Haltestelle verbracht und sich dabei beinahe den Tod geholt hatte. Um denselben Felix, der meinen Kopf unter die Duschbrause gehalten hatte, um mich vor einer Dummheit zu bewahren. Um den, der erst Hals über Kopf nach München gezogen war, um von mir wegzukommen. Und der nach wenigen Wochen zurückgekehrt war, laut Benni wegen mir. Wobei es mir noch immer schwer fiel, das zu glauben.
    Dieser Felix war kein erwachsener, vernünftiger Mensch. Er war ein Kleinkind und fiel regelmäßig seinen eigenen aufb rausenden Emotionen zum Opfer.
    Ich seufzte, schloss meine Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder. Es war eiskalt hier draußen. Ich wollte mich einfach auf meinem Sofa einkuscheln, vielleicht ein bisschen lesen oder im Internet surfen. Was ich jedoch auf keinen Fall wollte, war eine neuerliche Konfrontation mit Felix. Andererseits… ich konnte auch nicht einfach so ausziehen und verschwinden, oder? Felix war nun mal Felix. Doch egal, was vorgefallen war; egal, wie sehr er mich verletzt hatte – ich wusste, dass ihm etwas an mir lag. Ich musste ihm wenigstens sagen, dass ich ging.
    Seufzend stand ich von der Bahnhofsbank auf. Eine letzte Auseinandersetzung. Ein letzter Streit. U nd dann würde diese ganze Geschichte ein Ende haben.
     
    Die Wohnung war still, als ich heimkam. Daher überraschte es mich, sowohl Felix‘ als auch Daniels Jacke an der Garderobe hängen zu sehen. So leise wie möglich zog ich meinen Mantel und meine Schuhe aus. Als ich mich wieder aufrichtete, stand Felix vor mir. Ich hatte weder seine Schritte noch irgendeine Tür gehört. Vor Überraschung sog ich scharf die Luft ein. „Willst du mich umbringen?“, japste ich.
    „Meinst du im Allgemeinen oder jetzt gerade?“
    „Macht das einen Unterschied?“
    „Ich muss mit dir reden.“
    Ich biss mir auf die Unterlippe und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das passt gut. Ich muss nämlich auch mit dir reden.“
    „Okay. Also noch mal wegen unserer Freundschaft-“, begann Felix, doch ich unterbrach ihn: „Ich ziehe aus.“
    Felix, der den Mund immer noch zum Sprechen geöffnet hatte, erstarrte. Er sah aus wie ein Fisch, dem gerade aufgegangen war, dass er einen Angelhaken verschluckt hatte.
    Ich senkte den Blick, doch fuhr fort: „Das mit uns geht so nicht weiter. Also ziehe ich aus. Erst mal zu meinen Eltern und dann suche ich mir etwas Neues. Und bitte nimm keinen Kontakt mit mir auf. Ich möchte das erst mal nicht. In Ordnung?“ Ich zwang mich, ihm in die Augen zu sehen.
    Felix hatte den Mund inzwischen geschlossen. Doch er sagte noch immer nichts. Sah mich nur an. Und zum ersten Mal seit Wochen war ich nicht imstande, seinen Blick zu deuten.
    Ich trat von einem Fuß auf den anderen. Schließlich hielt ich es nicht länger aus. Ich flüchtete in mein Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu.
    Der Raum war dunkel. Ich knipste das Licht an und lauschte.
    Ich erwartete, dass Felix mir jeden Moment hinterher kommen würde. Er würde das nicht einfach auf sich sitzen lassen, oder? Es passte nicht zu ihm, jetzt sang- und klanglos in Daniels Zimmer oder die Küche zu verschwinden und mir bis morgen früh aus dem Weg zu gehen.
    Ich wartete fünf Minuten. Z ehn Minuten. Stand er noch immer im Flur? Ich hatte bisher jedenfalls keine Schritte gehört.
    Schließlich schaltete ich meinen Laptop ein und surfte eine Weile durch s Internet. Nach etwa einer halben Stunde hörte
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