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Liebster Mitbewohner

Liebster Mitbewohner

Titel: Liebster Mitbewohner
Autoren: Fiona Winter
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offen. Du hättest jederzeit wieder rein kommen können.“
    „Dann hätte ich aber verloren!“
    „Bitte was ?“
    „Habt ihr beiden sie eigentlich noch alle?“ Ein verwuschelter, wütender Daniel erschien hinter Felix im Türrahmen. „Wenn ihr euch schon mitten in der Nacht ankeifen müsst, dann macht gefälligst EURE TÜR ZU!“ Da war er auch schon wieder verschwunden.
    „Wie viel Uhr ist es eigentlich?“, fragte Felix. Er ging hinaus in den Flur und kam kurz darauf mit seinem Wecker in der Hand zurück. Ich erkannte in ihm denselben Wecker, den ich gestern aus dem Fenster geworfen hatte. Felix musste unten gewesen sein und ihn vom Vorgarten aufgelesen haben. „Viertel nach fünf?“, fragt er fassungslos. „Was machst du um diese Zeit außerhalb deines Sofas? Und auch noch komplett ausgehfertig?“ Sein musternder Blick glitt von der schwarzen Strumpfhose über den dunkelroten Rock und blieb kurz an der grau-silbrig glitzernden Bluse hängen.
    Sein intensiver Blick machte mich unruhig. „Viertel nach fünf!“, rief ich daher übertrieben überrascht aus. „Ich muss mich fertig machen.“
    „Warte!“
    Doch ich flüchtete ins Bad. Als ich fertig war, kam mir der Gedanke, mich einfach direkt zur Haustür zu schleichen. Aber meine dämliche Tasche lag noch im Zimmer. Also rauschte ich an Felix vorbei, der immer noch an exakt derselben Stelle stand, riss meine Tasche vom Boden hoch und machte wieder kehrt.
    Ich hätte es wissen müssen. Wenn Worte nicht halfen, g riff Felix stets zur Gewalt. Als ich an ihm vorbeistürmen wollte, packte er meinen Arm und riss mich zurück. Durch den harten Ruck wäre ich beinahe ausgerutscht. Kurz war ich fest davon überzeugt, er hätte mir den Arm ausgekugelt. „Bist du vollständig verblödet, oder was?“, schrie ich.
    „Ich hab gesagt, du sollst warten!“
    „Und ich wollte nicht warten. Lass mich los, ich hab’s eilig!“
    Er ließ so überraschend von mir ab, dass ich strauchelte. „Ist dir klar, dass du gerade genau das tust, was du immer machst?“
    Ich war schon halb zur Zimmertür hinaus und verfluchte mich selbst dafür, dass seine Worte mich innehalten ließen. „Was meinst du?“, fragte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
    „Du bist perfektionistisch. Es ist wie mit deinem Berufswunsch. Du kannst dich nicht über das freuen, was du h ast. Es muss immer mehr, immer noch besser sein.“
    „Selbst wenn. I ch sehe die Parallele zu unserer Situation nicht, tut mir leid.“
    F elix seufzte ungeduldig. „Sei doch einfach zufrieden mit unserer Freundschaft.“
    „L angsam kann ich es echt nicht mehr hören!“, rief ich.
    Felix presste die Lippen aufeinander. Es sah aus, als würde er schmollen.
    Beinahe hätte ich gegrinst. „Aber bitte, wenn du unbedingt mit solchen Vergleichen anfangen musst: Du ruhst dich einfach auf dem aus, was du hast, obwohl es nicht einmal das ist, was du wirklich willst. Weil du Angst hast!“
    Felix öffnete empört den Mund, doch ich redete einfach weiter: „Ich erkenne da ein Muster, weißt du. Es ist genau wie vor einiger Zeit, als du dich weder von deinem dich unglücklich machenden Job, noch von deiner Freundin trennen konntest. Ist es jetzt nicht wieder genau dasselbe?“ Ohne seine Erwiderung abzuwarten rauschte ich aus dem Zimmer.
    „Das war was komplett anderes!“, hörte ich Felix‘ wütende Antwort noch, kurz bevor die Haustür hinter mir ins Schloss fiel.
     
    Ich kam um viertel nach sechs am Bahnhof an. Während ich mich durch die Menschenmassen kämpfte, die überraschenderweise sogar zu dieser Uhrzeit schon in alle Richtungen schoben, verfluchte ich Felix und dass ich durch ihn zu spät zu diesem unangenehmen Gespräch kam.
    Benni hatte einen niedlichen runden Tisch in einer halbwegs ruhigen Ecke ergattert. Alle anderen Tische waren ebenfalls belegt.
    „Es tut mir so leid“, sag te ich außer Atem, als ich den Tisch erreichte.
    Doch Benni lächelte nur zu mir hoch und stand auf. „Macht doch nichts. Milchkaffee, wie immer?“
    Ich nickte stumm. Als Benni sich in die Schlange vor dem Tresen einreihte, ließ ich mich auf einen Stuhl fallen. Was tat ich hier nur? Benni war wahrscheinlich der netteste Mann in der ganzen Stadt. Wie konnte ich ihm jetzt sagen, dass ich ihn nicht wollte? Dass ich niemals ihn gewollt hatte? Dass ich mir zwar gewünscht hatte, ihn irgendwann wirklich zu wollen, aber in erster Linie versucht hatte, über Felix hinwegzukommen?
    Eine Tasse mit Milchkaffee schob sich in mein
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