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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Herzens hierzulassen.«
    »Davon bin ich überzeugt.« Franz Heller legte seine Hand auf Marfas Knie und lächelte. Die Augen hinter seiner Brille blitzten. »Es fällt mir jetzt schon schwer, zu denken, daß ich Ihnen in einer Woche adieu sagen muß …«
    Marfa Babkinskaja verfluchte sich. Sie spürte, wie Röte über ihr Gesicht kroch. Er ist ein Feind, sagte sie sich vor. Ein Feind. Aber sie ließ Hellers Hand auf ihrem Knie liegen. Und sie wünschte sich, daß der Weg zum Hotel Moskwa doppelt oder gar dreimal so lang sein möge.
    Die Hotels in Moskau unterscheiden sich in nichts von den Luxushotels in Berlin, London, Paris, Rom oder Genf. Es sind Paläste mit großen Speisesälen und Kristallüstern, mit Bars und Restaurants, Bibliothekszimmern und Rauchsalons, Frühstücksälen und Tagungsräumen. Und doch sind sie anders, wenn man den Eindruck von Pracht und Größe überwunden hat, der den Gast beim ersten Blick überfällt.
    Die großen Hotels in Moskau, wie die Riesenkarawansereien Peking, Ukraina , Moskwa und Sowjetskaja, sind jedes eine kleine Stadt für sich. Sie haben Intouristbüros und Wechselstuben, Friseurläden und Postämter, Buchhandlungen und Andenkengeschäfte, Kunstgewerbeläden und Kosmetiksalons unter ihrem Dach. Das Moskwa besaß sogar ein eigenes Telegrafenamt, eine Großwäscherei, Schneiderei und Schusterei. Das Verblüffendste aber, das Heller sah, waren die Zimmermädchen. In weißen Rüschenhäubchen umschwirrten sie die Gäste und zauberten in die modernen Hotels einen Hauch längst verblichener Romantik der Jahrhundertwende.
    Im Hotel übergab Marfa Babkinskaja Hellers Paß dem Chefportier, der ihn, ohne einen Blick darauf zu werfen, in eine Schublade der breiten Theke legte. Verständnislos verfolgte Heller dieses Einkassieren seines Ausweises.
    »Was ist mit meinem Paß«, fragte er, als Marfa zwei Boys heranwinkte und auf das in der riesigen Marmorhalle stehende Gepäck Hellers zeigte.
    »Ihr Paß wird in gute Obhut genommen, Gospodin«, antwortete Marfa.
    »Die beste Obhut ist meine Brieftasche!« Heller blieb stehen, als Marfa zum Fahrstuhl gehen wollte. »Ich möchte meinen Paß selbst verwahren.«
    »Wozu?« Sie lächelte treuherzig. »Im Tresor kann er nie gestohlen werden. Auch verlieren kann man ihn nicht.«
    »Ich habe ihn zehn Jahre lang nicht verloren.«
    »Einmal ist immer das erstemal. Es gäbe Schwierigkeiten, wenn er nicht mehr da wäre. So ist es besser.«
    »Ohne Paß bin ich ein Niemand!«
    »Bin ich nicht bei Ihnen, Gospodin? Solange ich mich um Sie kümmere, sind Sie Gospodin Heller aus Bonn. Niemand wird Sie fragen: Brüderchen, zeig mir deinen Paß! Ich bin Ihr Paß!«
    »Aber ich kann es nicht ausstehen, bevormundet zu werden«, rief Heller. »Ich bin ein freier Mensch … auch in Moskau!«
    »Natürlich sind Sie es!« Marfas Gesicht verdunkelte sich. »Vielleicht gefalle ich Ihnen nicht. Ich werde Intourist bitten, Ihnen eine andere Begleiterin zu schicken. Soll sie blond sein? Oder schwarz? Lieben Sie den asiatischen Typ, Gospodin …?«
    »Ich liebe es, mein eigener Herr zu sein!« Franz Hellers Stimme war hart und laut. »Ich bin Gast einer staatlichen Fabrik und wünsche, daß ich meinen Paß sofort zurückerhalte. Sofort!«
    Vor Marfas Gesicht fiel es wie ein Vorhang. Ihre Lippen wurden hart.
    »Morgen früh, Gospodin Heller«, sagte sie amtlich knapp. »Ich werde es sofort an die maßgebliche Behörde weiterleiten. Morgen früh ist der früheste Termin.« Sie fingerte an ihrer Umhängetasche. Sie war nervös und ärgerte sich, daß sie so amtlich sein mußte. »Was haben Sie heute noch vor, Gospodin?«
    »Nichts!« Heller wandte sich wütend ab. »Ich werde die Koffer auspacken, mich waschen, rasieren, mit Kölnisch Wasser besprenkeln, die Wäsche wechseln, einen dunklen Anzug anziehen und irgend etwas essen.«
    »Im Hotel?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Das Hotel hat eine Speisekarte mit neunzig Speisen und sechzig Getränken …«
    »Das reicht. Vielleicht gehe ich aber auch aus … ohne Paß«, sagte er trotzig. Er sah sich um. In der hohen Säulenhalle des Moskwa saßen Menschen aller Nationen. Inder in weißen Anzügen, Engländer mit der lässigen Eleganz der Weltreisenden, Schotten in bunten Kilts, chinesische Offiziere in Khakiuniformen, Neger und Araber in seidenen Haiks, Türken mit ihrem traditionellen roten Fes und eine Abordnung von koreanischen Politikern, die sich um einen runden Tisch mit ihrer Nationalfahne versammelt hatten.
    »Hat man
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