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Lieber Daniel. Briefe an meinen Sohn

Lieber Daniel. Briefe an meinen Sohn

Titel: Lieber Daniel. Briefe an meinen Sohn
Autoren: Sergio Bambaren
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Leben lang begleiten werden. Während Ihr Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr so viel Zeit zusammen verbringt, lernt Ihr Euch so gut kennen, dass Ihr Euch immer aneinander erinnern werdet. Wenn Du älter wirst und die Welt kompliziert wird, wirst Du Dich freuen, Deine alten Schulfreunde wiederzusehen und Dich gemeinsam mit ihnen an die schönen Jahre zu erinnern. Das wird Dir helfen, Dich von den Mühen des Alltags abzulenken.

    Also genieße Deine wundervolle Kindheit, Daniel. Sei nicht gemein zu anderen Kindern. Ohne es zu wollen, fügt man einem Kind manchmal Verletzungen zu, die viele Jahre brauchen, um zu heilen. Ich meine damit nicht körperliche Wunden, sondern seelische Verletzungen. Sie tun am meisten weh und heilen nur schwer.
    Glaub mir, Daniel, ich würde alles darum geben, nur einen einzigen Tag wieder Kind sein und mit meinen Freunden von damals zusammen sein zu können.
    Genieße Deine Kindheit und Jugend, Daniel, Du wirst ein Leben lang von diesen Jahren zehren.

III
    Ich hatte das große Glück, dass die meisten meiner besten Schulfreunde in der Nachbarschaft wohnten. Wir konnten uns also jederzeit problemlos sehen. Manchmal trafen wir uns, um einfach nur Radio zu hören. Oder wir kletterten auf einen der imposanten Bäume, dort saßen wir dann alle auf den Ästen und redeten, lasen Zeitschriften und genossen unser Zusammensein. Wir wuchsen in Geborgenheit heran. Das Markham College war damals eine reine Jungenschule, die Schwestern meiner Freunde gingen überwiegend in die San Silvestre School, eine britische Privatschule für Mädchen. So wurden wir später, als Jugendliche, eine Clique von zwanzig Jungen und Mädchen. Wir unternahmen alles zusammen: Es waren die besten Freunde, die ich je hatte und haben werde.
    Mit den Mädchen entdeckten wir die erste jugendliche Verliebtheit. Wir starrten ein Mädchen an, und sobald es sich umdrehte, wendeten wir sofort den Blick ab! Diese unschuldigen Annäherungsversuche waren so aufregend, dass sie uns den Schlaf raubten, denn jeder fragte sich: »Empfindet sie wohl das Gleiche für mich?«
     
    Da wir am Meer lebten, beschlossen wir eines Tages, die Strände unterhalb der Klippen zu erkunden. Man konnte über die kleinen Kieselsteine am Ufer spazieren und auf die tosende Brandung hinaussehen. Der einzige Weg hinunter zum Strand führte damals, in den Sechzigerjahren, über Trampelpfade. Benutzt wurden sie nur von wettergegerbten Fischern, die dem Meer ein kärgliches Auskommen abtrotzten.
    Doch neben den wenigen Fischern waren da noch ein paar verrückte Jungen, die dort draußen auf dem Meer, wo die Wellen sich brachen, auf einem langen Holzbrett saßen. Plötzlich drehte einer von ihnen sein Brett und paddelte Richtung Strand, bis er dieselbe Geschwindigkeit hatte wie die Welle, die er einzuholen versuchte. Und als er spürte, dass das Brett mit der Welle schwamm, stand er auf, drehte das Brett parallel zur Welle und glitt über die Wasserwand, kurz bevor die Welle sich überschlug. Ich war wie verzaubert. Es wirkte auf mich so natürlich, so frei, so absolut richtig …
    An diesem Tag schworen wir uns – meine treuen Freunde und ich – nach der Schule arbeiten zu gehen, bis wir genug Geld gespart hätten, um uns selbst so ein Brett kaufen zu können, das man damals »Hawaiian Surfboard« nannte.

Jungsein ist weniger ein Abschnitt im Leben als vielmehr eine Gefühlslage. Es bedeutet Willensstärke, Phantasie, eine temperamentvolle Gefühlswelt und unbändige Lebensfreude.
    Jungsein heißt, dass man auch mit den Jahren seinen Träumen und Sehnsüchten treu bleibt, anstatt sie verblassen zu lassen und sich in seinem Kokon zu verstecken. Jungsein heißt, nie das Streben nach Erfüllung aufzugeben und dafür das leichte Leben zu wählen. Diese Versuchung wird Dich unausweichlich einholen, wenn Du älter wirst. Wobei Älterwerden nichts mit den Lebensjahren und der Tiefe der Falten im Gesicht zu tun hat – alt wird man dann, wenn man anfängt, seine Träume zu vergessen. Ich kenne sechzigjährige Männer, die jünger aussehen als manch ein Zwanzigjähriger.
    Die Jahre mögen Deine Haut faltig werden lassen wie meine, Daniel. Aber solange Deine Seele keine Falten bekommt, wirst Du immer lebendig sein. Hüte Dich vor Empfindungen wie Angst, Wut, Verbitterung und Hass. Sie sind Deine persönlichen Feinde, die Dir Deine Energie und Lebensfreude rauben wollen.
    Mich hat meine unendliche Liebe zum Meer jung gehalten und meine Bereitschaft, Umwege zu
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