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Liebenswerte Langhälse - über den artgerechten Umgang mit Gänsen

Liebenswerte Langhälse - über den artgerechten Umgang mit Gänsen

Titel: Liebenswerte Langhälse - über den artgerechten Umgang mit Gänsen
Autoren: Marion Bohn-Foerster
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kurzer Zeit Stimmkommandos beizubringen. Man verbindet einfach ihre Sprache (Lautäußerungen) mit der unseren.
    Ahmt man zum Beispiel den gänsischen Aufbruchlaut nach und kombiniert ihn direkt mit dem fünfmal wiederholten Kommando: „Komm, komm …“, lernen die Gänse schnell, was ihr menschlicher Freund von ihnen möchte. Wichtig ist nur die tägliche konsequente Wiederholung bei immer gleichbleibendem Rhythmus und Tonfall und stets gleicher Wortzahl. Gänse besitzen eine schnelle Auffassungsgabe, was sich schon daran zeigt, dass sie, im Gegensatz zu Hühnern, bereits nach einem Tag problemlos in einen neuen Stall zurückfinden. Zudem haben die „Langhälse“ ein sehr gutes Erinnerungsvermögen. Sie werden rasch die Wünsche ihrer Bezugsperson verstehen, sodass diese bald völlig auf das Hinzufügen der gänsischen Lautäußerungen verzichten kann.
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    Begrüßung auf Gänsisch. (Foto: Ute Weber)
Auf den Spuren von Konrad Lorenz
    In seinem wunderbaren Buch Hier bin ich – wo bist du? beschreibt Konrad Lorenz in einem Kapitel die Verständigung der Graugänse untereinander. Seine Studien ermöglichten mir einen leichten Einstieg in das Verständnis der Gänsesprache. Ich verwende in meinem Buch teilweise seine Begriffe für die einzelnen Ausdrucks- und Verständigungsweisen, denn ob Wildgans oder domestizierte Hausgans, die Körpersprache ist die gleiche. Lediglich die Stimmlaute unterscheiden sich in mancher Hinsicht.
    Die Kommunikation unserer Gänse setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: der Lautäußerung und der dazugehörigen Körpersprache. Die Lautäußerungen unterteilen sich grob in zwölf Kategorien und werden stets von der entsprechenden Körpersprache begleitet. Bekannt sind: der Stimmfühlungslaut, der Aufbruchlaut, der Triumphschrei, der Warnlaut, das drohende Zischen, der Alarmlaut, der Distanzlaut, das Schnattern, das vertraute entspannte Hauchen, der Jammerlaut, das Weinen bei Gösseln oder Junggänsen sowie der wohlige Einschlaflaut. Sie sollen im Folgenden näher beschrieben werden.

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    Stimmfühlungslaute: Sie werden mit nach vorn gestrecktem Hals ausgeführt und dienen der Kontaktaufnahme sowie dem Kontakthalten. Sozial aneinander gebundene Gänse äußern sie immer wieder einmal, um auf Tuchfühlung zu bleiben. Die Silben der Stimmfühlungslaute werden in der Regel drei- bis fünfmal hintereinander in ruhiger Tonlage geäußert und in Abständen wiederholt. Bei Gösseln klingen sie wie ein fließend gesprochenes „Wii-wii-wii-wii-wii“, bei halbstarken Junggänsen im Stimmbruch erklingt ein „Wa-wa-wa-wa-wa“, und bei Altgänsen ähnelt der Laut einem nasalen, tief aus dem Kehlkopf gepressten, dunkel rollenden „Gog-gog-gog-gog-gog“. Der Kontaktlaut der Ganter hingegen ist wesentlich höher und klingender und lässt sich mit einem nasalen „Gig-gig-gig-gig-gig“ beschreiben. Wenn der Kontakt zwischen Gänsen kurzzeitig unterbrochen wurde, wie etwa durch eine Trennung oder bei einem Streit mit einer anderen Gänsegruppe, wird der Stimmfühlungslaut nach der Störung wiederaufgenommen, nur wesentlich lauter und intensiver als vor der Unterbrechung. Hierbei zielen ihre weit vorgestreckten Hälse dicht aneinander vorbei. Lorenz vergleicht das mit einer „Begrüßung“. Die Gänse bringen damit ihre gegenseitige Verbundenheit zum Ausdruck und stärken so den Zusammenhalt innerhalb ihrer Gruppe. Bei besonders innigen Begrüßungen, etwa zwischen einem Gänsepaar oder auch zwischen Gänseeltern und Kindern, zielen die Hälse so dicht aneinander vorbei, dass sich die Köpfe beinahe berühren.

    Aufbruchlaut: Auch beim Aufbruchlaut stehen alle Gänse in ständigem stimmlichen Kontakt miteinander. Diesen Laut hört man immer dann, wenn sich die Tiere fortbewegen. Er gleicht dem Stimmfühlungslaut, nur werden hier die Silben wesentlich schneller aufeinanderfolgend geäußert. Man hört regelrecht die Aufbruchstimmung heraus. Je nach Erregungszustand wird der Aufbruchlaut teilweise von einem Kopfschütteln begleitet.

    Triumphschrei: Hiermit verkündet die Gans ihre große Freude über ein Ereignis. Der Laut unterteilt sich in zwei akustische Varianten. Zum einen ist er ein reiner Freudenschrei. Die spitzen, trompetenartigen Töne drücken Lebenslust aus. Besonders am Morgen, wenn die Tiere aus dem Stall gelassen werden, oder des Abends, wenn es zum Füttern nach Hause geht, rennen sie voller Erwartung mit lauten Freudenschreien und flatternden Flügeln los. Der wahre
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