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Liebe ohne Schuld

Liebe ohne Schuld

Titel: Liebe ohne Schuld
Autoren: Catherine Coulter
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befolgt. Sollte ich dich etwa dafür loben, daß du mich nicht befriedigt hast?«
    Klugerweise sagte Arielle kein Wort.
    »Sprich weiter!« befahl er gereizt.
    Als er einen Schritt zurücktrat, entspannte sie sich ein wenig. Vom Knien waren ihre Muskeln völlig verkrampft. Sie beobachtete, wie er sich in einem Sessel niederließ und den Ledergürtel wie ein Knäuel um seine Hand wickelte. Weshalb er wohl alle Einzelheiten ihrer Unterhaltung mit Evan erfahren wollte? Als ihr seine Motive klar wurden, hätte sie am liebsten über ihre unglaubliche Naivität gelacht. Natürlich wollte er sich vor ihr aufspielen, um ihr seine Macht zu beweisen. Mit ruhiger, fast gleichmütiger Stimme fuhr sie fort, sah sich in Gedanken wieder in ihrem Schlafzimmer und spürte erneut die schon fast vergessenen Qualen …
    »Ich kann es nicht länger ertragen!« hatte sie Dorcas zugerufen, während ihre langjährige Kammerzofe ihr vorsichtig die geschwollenen Striemen mit einem warmen, feuchten Tuch behandelt hatte.
    »Diese Schwellungen wird man nicht sehr lange sehen«, hatte Dorcas bemerkt. »Liegen Sie still, damit ich Sie jetzt mit der Creme einreiben kann!«
    »Ich hasse ihn! Ich kann es nicht länger aushalten!«
    »Dann werden wir eben gehen, sobald Sie kräftig genug sind.«
    Ohne auf ihren schmerzenden Rücken zu achten, hatte Arielle sich umgedreht. »Aber Sie haben doch gesagt, daß es wenig Zweck hätte, sich an Evan zu wenden. Mein Bruder würde mich nur auslachen. Lieber sollte sich auf die Rückkehr von Nesta und ihrem Mann warten.«
    »Ja, das stimmt, das habe ich gesagt, doch unter diesen Umständen – nun, seine Grausamkeit steht deutlich genug auf Ihrem Rücken geschrieben! Ich halte zwar nicht allzu viel von Mr. Goddis, doch wenn er diese Striemen sieht, muß er Ihnen einfach helfen! Schließlich befinden sich Ihre Halbschwester und ihr Mann augenblicklich irgendwo in Amerika. Mehr wissen wir nicht. Bisher haben wir höchstens alle drei Monate einen Brief von Miß Nesta und ihrem Baron Sherard erhalten, und es ist auch noch völlig ungewiß, wann sie wieder nach England heimkehren werden. Mit meiner Hilfe werden Sie die knapp zehn Meilen nach Leslie Farm schon schaffen!«
    Arielle hatte sich aufgerichtet, wobei sie heftig die Zähne hatte zusammenbeißen müssen. »Ich möchte am liebsten auf der Stelle verschwinden, Dorcas!«
    »Nein, nein, nicht ganz so hastig! Wir müssen wenig stens warten, bis er zu Bett gegangen und es im Haus ruhig geworden ist. Legen Sie sich wieder hin, damit ich Ihren Rücken einreiben kann. Es sollen doch keine Narben zurückbleiben!«
    »Narben? Pah, davon habe ich doch schon mehr als genug! Ich glaube, sie gefallen ihm so gut, weil er sie mir eigenhändig beigebracht hat.« Langsam hatte sie sich wieder hingelegt und dabei daran gedacht, welch anständiges, unschuldiges Mädchen sie noch bis vor kurzem gewesen war. Seit Evan sie zur Ehe mit Paisley Cochrane, dem Viscount Rendel, gezwungen hatte, war sie praktisch dauernd geschlagen worden. Nackt hatte sie alles über sich ergehen lassen müssen. Bei der Erinnerung hatte es sie gewürgt, doch ihr Magen war leer gewesen. Voller Panik hatte sie plötzlich befürchtet, sich möglicherweise an seine sexuellen Praktiken zu gewöhnen, wenn sie länger bei ihm blieb.
    Nachdem Dorcas ihr geholfen hatte, einen kleinen Koffer zu packen, hatten sie Rendel Hall zur Geisterstunde, wie Dorcas abergläubisch gemurmelt hatte, verlassen. Da Arielle mit Pferden aufgewachsen war, war es ihr leichtgefallen, die Tiere zu beruhigen und zwei von ihnen zu satteln. Ohne auf ihren schmerzenden Rücken zu achten, hatte sie der nicht gerade leichtgewichtigen Dorcas in den Sattel geholfen. Die Novembernacht war klar und kalt gewesen, und die Sterne hatten ihren Weg erleuchtet.
    Mitten in der Nacht waren die Straßen einsam und verlassen gewesen, so daß sie gegen ein Uhr morgens das Haus erreicht hatten, das früher ihr Elternhaus gewesen war. Das rechteckige Gebäude aus der Zeit Queen Annes wurde nach dem Namen ihres Vaters und wegen der wenigen Ländereien einfach Leslie Farm genannt. Vor acht Monaten war Arielle zum letzten Mal hier gewesen. Bevor der alte Butler, Turp, der ein recht unfreundliches Wesen hatte, ihnen, mit der Nachtmütze auf dem Kopf, völlig verblüfft die Tür geöffnet hatte, hatte Arielle noch rasch ein Stoßgebet zum Himmel geschickt, daß Evan ihr beistehen und ihr Schutz bieten möge.
    »Hallo, Turp!« hatte sie den Butler begrüßt.
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