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Liebe mit beschrankter Haftung

Liebe mit beschrankter Haftung

Titel: Liebe mit beschrankter Haftung
Autoren: Voosen Jana
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vor zwei aus den Federn und ist frühestens um fünf überhaupt in der Lage, zusammenhängende Worte auf seinem Handy zu tippen. Außerdem gebe ich Timo damit die Chance, sich möglicherweise doch noch als Erster bei mir zu melden. Entschlossen lasse ich das Telefon zurück in meine Tasche fallen, drehe das Radio lauter und gröle aus vollem Halse mit, dass ich noch niemals in New York und auch nicht auf Hawaii war.
    Ein bisschen heiser, aber deutlich besserer Laune biege ich in die Einfahrt des umgebauten Bauernhofs meiner Eltern ein und parke vor dem altmodischen, dunkelgrün gestrichenen Tor. Ich steige aus dem Wagen und sehe mich suchend nach meinem Hund um, der mich normalerweise freudig bellend begrüßt. Aber nirgendwo ist ein kleiner Jack Russel Terrier mit schwarzen und braunen Flecken auf weißem Fell zu sehen. Vermisst mich denn wirklich überhaupt keiner? Bevor ich wieder in Selbstmitleid versinken kann, wird das Schlafzimmerfenster im ersten Stock aufgerissen und meine Mutter winkt mir fröhlich zu.
    »Hallo!«
    »Hallo«, rufe ich zu ihr hinauf und im nächsten Moment öffnet sich auch die schwere Eingangstür und mein Vater zieht mich in seine Arme.
    »Frohes neues Jahr, meine Tochter!«
    »Dir auch, mein Vater«, grinse ich und sehe in sein fröhliches, rundes Gesicht unter dem noch immer dichten, grauen Haarschopf.
    »Du, bevor ich es vergesse«, damit nimmt er mich beim Arm und zieht mich in die geräumige Wohnstube, in deren Ecke, neben dem gewaltigen Kamin, noch immer der geschmückte Tannenbaum steht und gemütlich vor sich hinnadelt, »mit deinem Hund stimmt irgendwas nicht.«
    »Wie bitte?«
    In diesem Moment kommt meine Mutter dazu. »Jetzt ist sie erschrocken! Also wirklich, Rainer, du hast aber auch ein Händchen fürs Dramatische.« Missbilligend schüttelt sie den Kopf und tätschelt mir dann die Wange. »Keine Sorge, mit deinem Hund ist alles okay, er hat nur ein paar leichte … Verdauungsbeschwerden.«
    »Oh, ja stimmt! Ich hätte euch vielleicht besser vorgewarnt«, sage ich schuldbewusst.
    »Das ist doch nicht weiter schlimm«, winkt meine Mutter ab, während wir uns auf der dunkelbraunen Couchgarnitur niederlassen, wo bereits Tee und Unmengen von übrig gebliebenem Weihnachtsgebäck auf mich warten.
    »Nicht schlimm? Ich habe zuerst einen Gasangriff befürchtet«, mein Vater lässt sich ächzend neben mir nieder. »Und deine Mutter hat natürlich mich beschuldigt und mir gleich mal einen Vortrag über meine ungesunde Lebensweise gehalten.« Zufrieden streichelt er über seinen vorstehenden Bauch. »Dabei funktioniert meine Verdauung tiptop okay. Da gibt es nichts dran zu beanstanden.«
    »Äh, interessant«, sage ich und meine Mutter pflichtet mir kopfschüttelnd bei.
    »Ja, wirklich sehr interessant, Rainer. Möchtest du das vielleicht noch weiter ausführen?« Sie rollt die Augen gen Himmel.
    »Ach so, ich darf nicht mal darüber reden, aber der Hund darf hier ungestraft in der Gegend rumpupsen, ja?«, macht mein Vater auf beleidigt. Meine Mutter verzichtet auf eine Antwort und wendet sich stattdessen wieder mir zu.
    »Vielleicht solltest du mal mit ihm zum Tierarzt gehen. Nicht dass was Ernsthaftes dahintersteckt.«
    »War ich schon«, sage ich achselzuckend und stopfe mir ein selbst gebackenes Vanillekipferl in den Mund. »Aber organisch ist alles in Ordnung mit ihm. Sozusagen tiptop okay«, füge ich mit einem Grinsen hinzu. »Der Arzt meint, es ist psychosomatisch.«
    »Wie bitte?!«, sagen meine bodenständigen Eltern wie aus einem Mund. Wahrscheinlich wussten sie nicht einmal, dass so ein Hund überhaupt eine Psyche besitzt. Aber mein kleiner Idefix ist eben ein ganz besonders sensibles Tier.
    »Es hat mit der Trennung von Timo angefangen«, erkläre ich. »Genau genommen in meiner neuen Wohnung. Ist ja auch kein Wunder, schließlich kannte er Timo schon sein ganzes Leben und dann ist er plötzlich von einem auf den anderen Tag nicht mehr da. Das ist natürlich ein Schock für so ein Tier. Und ich kann es ihm noch nicht einmal erklären.« Vor lauter Mitleid mit meinem Hund bekomme ich einen dicken Kloß im Hals.
    Zweifelnd sieht mein Vater mich an. »Vielleicht ist er allergisch gegen den Teppichkleber bei dir zu Hause.«
    »Ich habe Laminat.«
    »Dann ist er eben dagegen allergisch. Oder gegen die Wandfarbe. Oder was weiß ich. Psychosomatisch. Ich bitte dich!«
    »Es ist aber so«, beharre ich. Manchmal gibt es eben keine rationale Erklärung. »So eine Hundeseele ist
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