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Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Titel: Lettie Peppercorn und der Schneehaendler
Autoren: Sam Gayton
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umwucherten.
    »Da«, sagte er. »Streck deine Hand aus.«
    Lettie verschränkte die Arme vor der Brust. »Sir, ich hab gesagt, drei Schilling , nicht drei Steine .«
    »Und ich sage: Streck deine Hand aus. Und hör endlich auf zu meckern.«
    Widerstrebend tat Lettie, wie ihr geheißen. Der Fremde ließ die Kieselsteine auf ihre Hand kullern: eins, zwei, drei. Dann griff er in seinen Mantel und holte ein Glasfläschchen heraus. Es war wie ein J geformt und mit einer dicken silbrigen Flüssigkeit gefüllt. Er zog den Korken heraus und ließ je einen Tropfen auf die Steinchen fallen.
    Und dann geschah etwas.
    Etwas Ungeheuerliches.
    Die Kieselsteine begannen zu zischen und hüpften wie Grillen auf Letties Handfläche herum.
    »Nicht fallen lassen!«, sagte der Fremde.
    Lettie drückte beide Hände zu einer Kugel zusammen, in deren Inneren die Kieselsteine wie verrückt herumwuselten. Dann knallte es dreimal – Pop! Pop! Pop!  – und dann wurde es still. Ein dünner Rauchfaden kringelte sich zwischen Lettis Fingern hindurch in die Luft.
    »Fertig«, sagte der Mann zufrieden und stopfte den Korken zurück in den Flaschenhals.
    Lettie klappte die Hände auf.
    Und rang nach Luft.
    Die alten Frauen starrten aus ihren Lehnsesseln stumm zu ihr herüber.
    »So, und jetzt kommen wir endlich zum Geschäft«, sagte der Fremde.
    Aber Lettie konnte sich einfach nicht bewegen, sie war wie vom Donner gerührt. Die Kieselsteine in ihrer Hand waren verschwunden. An ihrer Stelle glitzerten drei silberne Schillingmünzen um die Wette.
    »Wie haben Sie das gemacht?«, raunte sie.
    Der Fremde steckte das Fläschchen wieder in die Innentasche seines Mantels. »Ein Alchemist kennt keine Grenzen.«
    Lettie schloss ihre Faust um die Münzen. Ein Alchemist … Seit Jahren hatte sie keinen Alchemisten mehr gesehen. Und jetzt stand hier einer in ihrem Gasthaus, verwandelte Steine in Geld und hatte einen Koffer voller Geheimnisse dabei …
    Der letzte Alchemist, den das Gasthaus Zum Schimmel beherbergt hatte, war Letties Mutter gewesen. Aber die war schon lange weg und hatte genau drei Dinge hinterlassen: eine Nachricht, ihre Jacke und eine Lücke, die nie gefüllt werden konnte.
    »Es ist lange her, dass wir einen Alchemisten hier hatten«, sagte Lettie zu dem Fremden, der an den Gurten nestelte, mit denen sein Koffer verzurrt war. »Der letzte ist durchs Fenster verschwunden.«
    »Ich werde aufpassen, dass die Fenster immer geschlossen sind«, antwortete der Mann teilnahmslos.
    »Wussten Sie eigentlich, dass dieses Gasthaus mithilfe von Alchemie erbaut wurde? Am Anfang war da nur Plunder und Gerümpel. Der wurde in einem Kessel mit bestimmten alchemistischen Zutaten vermischt, und am Ende wurde ein Haus daraus …«
    »Ich hab keine Zeit für sinnloses Geschwätz!«, fuhr der Fremde sie an. »Entweder du tust, was ich dir sage, oder ich verwandle die Münzen ratzfatz wieder in kleine Kieselsteine.«
    Lettie runzelte die Stirn. »Wer hier Gast ist, muss ein paar Regeln befolgen«, sagte sie. »Das Gästebuch liegt dort drüben. Da müssten Sie bitte Ihren Namen reinschreiben, wohin Sie unterwegs sind und was Sie dabeihaben.«
    Der Mann stapfte zu dem Buch hinüber, wobei er frostige Fußabdrücke hinterließ, und nahm die Schreibfeder in die Hand.
    »Habt ihr seine Zähne gesehen?«, raunte das Walross.
    »Strahlend blau«, sagte die Glotzerin und stopfte eine Pfeife mit Pfefferminzblättern. »Und dann dieser Koffer …«
    »Mahagoni«, sagte das Walross. Sie erbebte, ihre Kandelaber-Ohrringe klimperten. »Höchst ungewöhnlich.«
    »Höchst interessant.«
    Lettie eilte in die Küche, wo sie die Zimmerschlüssel vom Haken nahm. Periwinkle landete flatternd auf seiner Sitzstange. Eine Nachricht von Letties Vater baumelte von seinem Fuß herab:
Fast hätte ich das letzte Spiel gewonnen! Muss mir vielleicht noch ein paar Schilling borgen. Aber keine Sorge, ich hab heute ein richtig gutes Gefühl.
Kuss, Papa
    Nach ein paar Bier hatte Letties Vater immer ein richtig gutes Gefühl.
    Lettie schob den bösen Gedanken hastig beiseite, damit er nicht noch mehr von der Sorte nach sich zog.
    »Ein paar Schilling borgen?«, murmelte sie. »Diesmal brauchst du das nicht zu tun.« Sie wandte sich an Periwinkle. »Ich gebe dir gleich eine Nachricht für Papa mit, Peri. Aber erst mal muss ich unseren neuen Gast empfangen. Der Mann hat ein schrecklich aufbrausendes Temperament. Und blaue Zähne. Ich muss endlich herausfinden, wie er heißt.«
    Mit den
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