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Leopard

Leopard

Titel: Leopard
Autoren: Jo Nesbø
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Schultern und trat mit den Füßen auf der Stelle. »Es ist durchaus möglich, dass das Justizministerium unabhängig von unseren Stellungnahmen zu dem Schluss kommt, dass die Ressourcen an einem Ort zusammengefasst werden sollen. Wenn mir angeboten würde, eine solche Einheit zu leiten, würde ich selbstverständlich darüber nachdenken. Aber alles in allem finde ich die jetzige Lösung ganz in Ordnung. Die Mörder bekommen in der Regel ihre Strafe, nicht wahr? Wenn die andere Seite in diesem Fall meine Einschätzung teilt, würde ich mich darauf einstellen, dass wir mit den Ermittlungen sowohl in Bryn als auch hier im Präsidium fortfahren können. Was meinen Sie, Bellman?«
    Mikael Bellman spürte den Ruck, als das Seil ihn auffing. Als der Gurt sich straffte, dass es ihn fast zerriss, und ihm den Rücken zu brechen drohte. Die Mischung aus Schmerz und Ohnmacht. Er hing hilflos und schwindelig im Seil, irgendwo zwischen Himmel und Erde. Aber er war am Leben.
    »Lassen Sie mich darüber nachdenken, Hagen.«
    »Denken Sie nur. Aber nehmen Sie sich nicht zu viel Zeit. Die Deadline, Sie wissen schon. Wir müssen uns dann absprechen.«
    Bellman blieb stehen und sah Hagen nach, der zurück zum Haupteingang des Präsidiums hastete. Dann drehte er sich um und starrte über die Hausdächer von Grønland. Und die der Stadt. Seiner Stadt.

KAPITEL 9 3
     
    Die Antwort
     
    H arry stand mitten im Zimmer, als das Telefon klingelte.
    »Ich bin’s, Rakel, was machst du?«
    »Ich schaue, was übrig bleibt«, sagte er. »Wenn ein Mensch stirbt.«
    »Und?«
    »Viel. Und irgendwie auch wieder nicht. Søs hat mir gesagt, was sie haben will, und morgen kommt irgendein Typ, um die Wohnung aufzulösen. Er bietet mir 50 000 für alles. Endreinigung inklusive. Das ist … das ist so …« Harry fielen die richtigen Worte nicht ein.
    »Ich weiß«, sagte sie. »Es ging mir genauso, als Vater starb. Seine Sachen, all die Dinge, die ihm so wichtig gewesen waren, so unentbehrlich, hatten plötzlich ihren Wert verloren. Als hätte er allein ihnen Bedeutung gegeben.«
    »Aber vielleicht haben wir, die zurückbleiben, auch einfach das Bedürfnis, aufzuräumen, neu anzufangen.« Harry ging in die Küche. Sah auf die Fotografien, die er unter dem Küchenschrank aufgehängt hatte. Die Fotografien aus der Sofies gate. Oleg und Rakel.
    »Ich hoffe, ihr konntet richtig voneinander Abschied nehmen«, sagte Rakel. »Das ist wichtig. Vor allem für die, die hierbleiben.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Harry. »Im Grunde genommen haben wir uns ja nie richtig kennengelernt, wir zwei. Ich habe ihn im Stich gelassen.«
    »Wie das?«
    »Er hat mich um Sterbehilfe gebeten. Ich habe sie ihm verweigert.«
    Es war eine Weile still. Harry lauschte auf die Hintergrundgeräusche. Es klang nach einem Flughafen.
    Dann war ihre Stimme wieder da: »Findest du, dass du es hättest tun sollen?«
    »Ja«, sagte Harry. »Das finde ich. Jetzt ja.«
    »Denk nicht darüber nach. Es ist zu spät.«
    »Ist es das?«
    »Ja, Harry. Das ist es.«
    Es wurde erneut still. Harry hörte eine nasale Stimme verkünden, dass das Boarding für den Flug nach Amsterdam begann.
    »Und du wolltest ihn nicht treffen?«
    »Ich kann nicht, Harry. Wahrscheinlich bin ich auch ein schlechter Mensch.«
    »Dann sollten wir beim nächsten Mal versuchen, besser zu sein.«
    Er konnte hören, dass sie lächelte. »Können wir das?«
    »Es ist nie zu spät, etwas zu versuchen. Kannst du Oleg von mir grüßen und ihm das sagen?«
    »Harry …«
    »Ja?«
    »Ach nichts.«
    Harry blieb am Küchenfenster stehen und starrte nach draußen, nachdem sie aufgelegt hatte.
    Dann ging er die Treppe hoch und begann zu packen.
     
    Die Ärztin erwartete Harry, als er aus der Toilette kam. Sie gingen gemeinsam über den Korridor zum Wachmann.
    »Sein Zustand ist stabil«, sagte sie. »Vielleicht können wir ihn bald wieder ins Gefängnis entlassen. Um was geht es dieses Mal bei Ihrem Besuch?«
    »Ich will mich bei ihm bedanken. Er hat uns bei einem Fall geholfen. Und ihm eine Rückmeldung auf eine Bitte geben, die er mir gegenüber geäußert hatte.«
    Harry zog seine Jacke aus, reichte sie dem Wärter und streckte die Arme zur Seite, damit dieser ihn abtasten konnte.
    »Fünf Minuten, nicht mehr. Okay?«
    Harry nickte.
    »Wir kommen mit Ihnen rein«, sagte der Gefängniswärter, der seine Augen nicht von Harrys verunstalteter Wange nehmen konnte.
    Harry zog die Augenbrauen hoch.
    »So lauten die Regeln bei einem privaten
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