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Leonardos Liebesbiss

Leonardos Liebesbiss

Titel: Leonardos Liebesbiss
Autoren: Jason Dark
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Es hätte zwar anders laufen können, aber sie war auch so zufrieden. Die Gegend kannte sie nicht. Sie würde einfach weiterlaufen und irgendwann schon ein Ziel erreichen, davon ging sie aus.
    Aber Nächte können lang werden. Viel kann in diesen dunklen Stunden passieren.
    Daran dachte Tanya allerdings nicht…
    Leo Frost bewegte sich durch seinen fast stockdunklen Wagen. Er selbst war kaum zu sehen. Seine Gestalt glich einem Schatten in der Dunkelheit, der sich perfekt in der Umgebung zurechtfand. Der Wagen gehörte zu ihm. Er war ein Teil seiner selbst und hatte ihn auf all seinen Wegen und Reisen begleitet.
    Frost ging bis zu einem Stuhl, auf dem er ich niederließ und seine Beine vorstreckte. Das Gefühl war nicht verschwunden. Jemand würde kommen, das stand für ihn fest. Da hatte er sich noch nie geirrt. Er konnte das unbekannte Wesen riechen, es regelrecht erschnuppern, und er wußte auch mit hundertprozentiger Bestimmtheit, daß es eine weibliche Person war.
    Er saß vor einer glatten Wand. Die Hände lagen auf einem schmalen Tisch. An der Rückseite war er mit der Wand verbunden. Auf dem Tisch malte sich der Umriß einer Flasche Wein ab. Daneben stand ein Glas. Frosts Hände mit den langen Fingern glitten über den Tisch hinweg. Sein rechter Zeigefinger fand an der Seite einen kleinen Druckknopf. Eine leichte Berührung reichte aus.
    Zwei Lampen gaben ein schales Licht ab. Es schien sich zu schämen, daß es überhaupt den Versuch unternahm, gegen die Schatten der Dunkelheit anzukämpfen. Die beiden Lampen waren nicht grundlos angebracht worden. Sie rahmten einen viereckigen Spiegel ein, in dem sich Leo Frost selbst sah. Sein Gesicht, seinen Hals, einen Teil des Oberkörpers. Für eine Weile blieb er starr sitzen. Selbst in seinem Gesicht regte sich nichts. Er betrachtete sich eine Weile, und es sah aus, als würde er sich selbstkritisch sehen.
    Er sah die hohe Stirn, die glatte Haut, die so hell war wie Schnee. Er sah seine rötlich schimmernden Augen, die blassen Brauen, die leicht gebogene Nase, den Mund mit den schmalen, breiten Lippen, die sich zu einem Lächeln verzogen.
    Er hob die Arme an, spreizte die Hände und fuhr dabei durch sein Haar. Es war nicht bleich. Es war nicht blond, es war nicht grau, es war eine Farbe, in der jeder Ton irgendwie vorhanden war. Am besten paßte noch der Begriff helle Asche. Es wuchs lang, bis hin zu den Schultern. Es war auch nicht zu dünn, sondern besaß eine beachtliche Dicke. Der Wuchs hatte für Strähnen gesorgt, die dicht zusammenklebten und die jetzt durch die Finger des Mannes nach hinten gedrückt wurden. Er massierte dabei seine Kopfhaut, schloß die Augen, öffnete sie wieder, und konzentrierte sich dabei auf seine Pupillen.
    Sie waren vorhanden, aber sie hatten sich der bleichen Haut angepaßt. Ihn erinnerten sie an beinahe farblose Wassertropfen, die ihre Heimat in seinen Augen gefunden hatten. Es lag kein Leben darin, kein Schimmern, keine Bewegung. Sie waren einfach nur da, und durch sie konnte er gut sehen.
    Er lächelte sich an.
    Es war kein Lächeln der Freude, sondern des Wissens. Wie jemand, der genau über eine gewisse Sache informiert ist. Er kannte sich aus. Leo wußte, was bald eintreten würde, und er wartete darauf. Seine Ungeduld zeigte er nicht.
    Die Fenster im Wohnwagen waren durch Vorhänge abgedeckt. Niemand konnte hineinschauen. Niemand sollte und würde ihn sehen. Die Stunden der Nacht gehörten ihm ganz allein – und manchmal auch seinen Besuchern, die für ihn Opfer waren.
    Mit seinen Fingerkuppen strich er über die Haut. Er massierte sie, als wollte er die Blässe daraus vertreiben. Immer wieder zuckten die Lippen. Er setzte zu einem Lächeln an, das jedoch nicht so richtig durchkam, weil ihn andere Gefühle übermannten.
    Die Zeit war gekommen. Er merkte, wie es in ihm rumorte. Der Raum hatte sich mit unsichtbaren Energien und Strahlen gefüllt, die allesamt auf ihn einwirkten.
    Die große Zeit stand ihm bevor. Er hatte das Opfer gerochen. Was nun passierte, war eine Folge dessen. Hitze drückte sich in seinem Innern hoch. Er spürte sie genau. Alles wallte unter seiner Haut. Er merkte, wie er zu glühen begann und etwas durch seine Adern raste, das den Ausdruck Feuer verdiente.
    Er fühlte sich nicht besonders gut, obwohl sein Lächeln blieb. Aber die Phase ging vorüber. Da kannte er sich. Sie dauert eine gewisse Weile, danach war alles wieder normal, und er würde sich fühlen wie ein unbesiegbarer Krieger.
    Frost
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