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Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Titel: Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici
Autoren: Alfred Bekker
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Hilfe, Leonardo“, sagte sie. „Gestern war
    wieder dieser fremde Reiter in Vinci…“
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    „Ich habe ihn gesehen“, unterbrach Carlo sie. „Und Leonardo
    auch.“
    „Es war wie beim letzten Mal. Der Fremde wollte zum
    Portugiesen. Mein Vater wies mich an, ihm Bescheid zu sagen. Die Mahlzeiten habe ich ihm auch schon oft genug hinaufgebracht. Er macht die Tür zu seinem Zimmer stets nur einen kleinen Spalt breit auf, sodass man nicht richtig hineinsehen kann.“
    „Aber ein bisschen hast du doch sicherlich trotzdem gesehen“,
    vermutete Leonardo.
    „Ja. Der Portugiese besitzt ganz seltsame, dicke Bücher und große Pergamentrollen mit eigenartigen Zeichen darauf. Er wollte
    offensichtlich nicht, dass ich oder irgendjemand sonst sie sieht.“
    Leonardo schien nicht so ganz bei der Sache zu sein. Er hatte
    mehrere Krüge auf den Tisch gestellt, der sich in der Mitte des Raumes befand. In jedem dieser Krüge war irgendeine Substanz, von der Leonardo fand, dass man sie aufbewahren sollte. Manchmal auch einzelne Organe von Tieren, die er zerlegt hatte und die er noch für Experimente brauchte.
    „Und wobei soll ich dir jetzt helfen?“, fragte Leonardo.
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    „Ich muss unbedingt herausfinden, was der Portugiese in seinem Zimmer treibt! Es muss irgendetwas sein, was nicht in Ordnung ist, sonst hätte er doch nichts dagegen, dass man es weiß!“
    „Vielleicht möchte dieser Gast einfach nur für sich sein“, meinte Leonardo, der wenig Lust zu haben schien, sich um die Sache zu kümmern. Er kannte Gianna zwar von klein auf und früher hatte das Mädchen die beiden Jungen manchmal begleitet, wenn Leonardo sie in die umliegenden Wälder führte, um irgendein großes Geheimnis zu lüften, das dort verborgen war. Aber nachdem alle bei dem
    Versuch, ein Hornissennest zu erforschen übel gestochen worden waren, hatte sie an diesen Ausflügen nicht mehr teilgenommen.
    „Ich fürchte, dass der Portugiese in Wahrheit ein Hexenmeister ist“, brachte Gianna nun heraus. „Aber wenn das zuträfe, dann
    könnten meine Eltern angeklagt werden, weil sie einem Hexer
    Unterschlupf gewährt haben. Wahrscheinlich hat man dem
    Portugiesen sogar anderswo schon den Prozess gemacht und er
    konnte hierher flüchten.“
    „Hast du mal mit deinen Eltern über diesen Verdacht geredet?“, fragte Carlo.
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    „Natürlich, immer wieder!“, entfuhr es Gianna. „Aber
    insbesondere mein Vater sieht nur das Geld, das der Fremde ihm regelmäßig zahlt. Dass man ihn vielleicht schon in Kürze abholen wird, um ihn über den Portugiesen zu verhören, will er nicht
    wahrhaben!“
    „Also ehrlich gesagt, würde ich heute gerne die Eidechse
    sezieren“, sagte Leonardo. „Gestern habe ich nur noch den Vogel geschafft, weil es Carlo zu ekelig war, mir dabei zu helfen. Es ist nämlich gar nicht so einfach, die einzelnen…“
    „Äh, das will ich gar nicht hören!“, fuhr Gianna dazwischen.
    „Behalt das bitte für dich, ich träume schlecht davon!“
    Leonardo zuckte mit den Schultern. „Es gibt eben nur eine
    Möglichkeit, mehr über den Aufbau eines Körpers zu erfahren. Man muss hineinsehen. Leider kann man die Organe ja nicht mehr in
    Funktion sehen, wenn das Tier schon tot ist!“
    „Als ich bin zwar dein Freund, aber ich werde mich auch in
    Zukunft weigern, so was mitzumachen“, erklärte Carlo mit fast
    feierlichem Ernst. „Also plane mich in Zukunft bei solchen Sachen besser gar nicht erst ein.“
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    „Bist du nicht auch neugierig, zu erfahren, wie ein Körper von innen aufgebaut ist?“
    „Ja – aber nicht so neugierig, Leonardo.“
    Leonardo seufzte. „Freunde! Wenn man sie am meisten braucht,
    lassen sie einen im Stich!“
    „Und was ist mit dir? Ich brauche Hilfe und alles, woran du
    denkst, sind die Innereien dieser blöden Eidechse!“, fuhr Gianna enttäuscht auf. „Ich dachte, du könntest mir vielleicht helfen! Was soll denn mit mir und meiner kleinen Schwester geschehen, wenn meine Eltern verhaftet werden sollten?“
    Leonardo stellte eines der Gefäße, in das er gerade sehr
    interessiert hineingesehen hatte und von dem ein ungewöhnlich übler Geruch ausging, wieder weg und widmete sich nun tatsächlich zum ersten Mal voll und ganz Gianna.
    „Also nun mal langsam: Nur weil dieser Portugiese etwas seltsam ist, muss er doch kein Hexer sein. Wenn doch, so wird
    wahrscheinlich niemand davon erfahren, weil er doch sehr
    zurückgezogen lebt.“
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    „Du weißt genau, wie schnell sich Gerüchte verbreiten.
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