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Leise Kommt Der Tod

Titel: Leise Kommt Der Tod
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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Ausstellen repräsentativer Stücke der Grabeskunst aus verschiedenen Epochen hoffte sie anschaulich zu machen, wie vielseitig die Antworten auf die Frage nach der menschlichen Sterblichkeit waren.
    Heute musste sie einen neuen ägyptischen Grabschmuck auswählen, um einen anderen zu ersetzen. Die Abteilung, die für Konservierungen zuständig war, hatte entschieden, dass jenes Stück in einem zu schlechten Zustand war, um ausgestellt zu werden. Obwohl der Katalog schon fertig war, hatten Willem und sie sich trotzdem dafür entschieden, das Exponat auszutauschen. Unter den aufgereihten Stücken fand sie nicht, was sie sich vorstellte, deshalb ging sie in das Archiv, das sich im Keller des Museums befand, um den Bestand durchzusehen.
    Die Kunstwerke und Antiquitäten in den Galerien machten nur einen kleinen Prozentsatz der Sammlungen des Hapner Museums aus. Die restlichen Stücke waren in fünf großen Räumen nebenan eingelagert. Lange Reihen von Aktenschränken flankierten den großen Arbeitsraum, wo Harriet Tyler, die Verwalterin der Sammlungen, ihr Büro hatte und den Zugang zu den wertvollen und weniger wertvollen Schätzen überwachte.
    Jedes Stück aus dem Bestand des Museums, egal ob es erworben oder gestiftet worden war oder wie unbedeutend es auch sein mochte, besaß eine Akte, die Informationen über seine Geschichte sowie seine Verbindung zu den anderen Stücken des Museums enthielt. Sweeney ging zum Regal mit
dem Buchstaben »Ä« und fand die Akten zu den ägyptischen Schmuckstücken.
    Die Auswahl war riesig. Das Museum besaß eine Unzahl ägyptischer Antiquitäten, darunter viele unbedeutende, die der Universität vor langer Zeit gestiftet worden waren. Sie wurden zu Forschungszwecken verwendet, in Sonderausstellungen exponiert oder an andere Museen verliehen. Die meiste Zeit über waren sie eingelagert. Angesichts dieser Fülle an Akten fühlte sich Sweeney ein bisschen wie ein Tierheimbesucher, der sich zwischen den vielen herrenlosen Hunden entscheiden sollte. Welche Antiquität wäre die beste Wahl?
    Sie hatte die naheliegenden Beispiele ägyptischer Begräbniskunst bereits in ihre Ausstellung aufgenommen: die Sarkophage und die Kanopenkrüge und -vasen, welche die inneren Organe der bestatteten Ägypter enthielten. Aber sie hatte noch kein Beispiel für den kunstvollen Schmuck, den man den Mumien mitgegeben hatte - wie Amulette und Halsketten - und auf den die Archäologen oft zwischen den Lagen der Leinentücher stießen, in welche die Toten gewickelt waren. Ein Stück altägyptischen Zierrats würde sich gut als Gegenpol zum Viktorianischen Grabschmuck eignen, den ihre Ausstellung ebenfalls zeigte.
    Sie fand Auswertungen verschiedener unbedeutender Stücke, darunter Skarabäusringe und goldene Ohrkreolen, die dem Museum vor Jahren gestiftet worden waren und jetzt niemanden mehr interessierten, abgesehen von den Studenten. Sweeney erinnerte sich zurück an jene Zeit, als sie das Museum als Studentin kurz vor dem Examen besucht hatte. Damals war sie hierhergekommen, um ein paar Amulette aus dem Neuen Reich für ihre Doktorarbeit über Grabesmythen zu untersuchen, an der sie damals gearbeitet hatte.
    Sie stieß auf die Verzeichnisse diverser Amulette in Tierund Blumenform, die für die alten Ägypter eine spezielle Bedeutung gehabt hatten: Flusspferde, Geier, Lotusblumen und
Fische. Für einen Moment dachte sie, dass es vielleicht eine gute Idee wäre, ein paar davon in die Ausstellung mit einzubeziehen. Doch sie verwarf den Gedanken sofort wieder, als sie eine Akte öffnete, die den Titel »Perlenkollier. Achtzehnte Dynastie« trug. Auf dem Umschlag befand sich ein kleines Feld mit hingekritzeltem Namen und Datum. Sweeney vermutete, dass der Eintrag darauf schließen ließ, wer das jeweilige Stück aus dem Lagerraum entliehen hatte. Die letzte Person war offenbar eine gewisse Karen Philips gewesen.
    Im Inneren der Akte befand sich ein Foto des imposanten Schmuckstücks; Sweeney legte es auf einen der Arbeitstische, um es sich genauer anzusehen. Das Bild zeigte ein kompliziert verflochtenes Kollier aus Gold und Keramik, das zusätzlich mit Perlen bestückt war. Es hatte jene Mumie, deren Hals damit geschmückt worden war, bestimmt einst sehr glücklich gemacht. Auf einer Seite befanden sich Falkenköpfe an der Stelle, wo die verflochtenen Ketten zusammenliefen. Die Augen und Schnäbel der Vögel waren mit blauen und bernsteinfarbenen Steinen geschmückt. Die Akte enthielt einen Haufen Papiere,
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