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Leiche - oben ohne

Leiche - oben ohne

Titel: Leiche - oben ohne
Autoren: Carter Brown
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irgendeinen widerlichen Cocktail zu trinken, den
Sie >Gebet einer Jungfrau< nannten oder so ähnlich. Ich dachte, Sie seien
ein Verrückter, und hielt es für meine einzige Chance, Ihnen nicht zu
widersprechen. Also trank ich eine Menge von dem Zeug, bis Sie mit so einem
rothaarigen Flittchen in der Küche verschwanden. Da ist ihr Mann — ebenfalls
ein Verrückter — ganz wild geworden, hat die Couch umgeworfen, ein Bein vom
Tisch und die Türen vom Schrank gerissen, und dann hat er mich im Zimmer
herumgejagt und dabei geschrien, Sie hätten seine Frau entführt und mithin sei
es recht und billig, daß er sich Ihre Freundin aneigne — mich!«
    »Er hat Sie aber nicht gekriegt«,
sagte ich. »Er ist in die Küche gekommen und hat mich erwischt.«
    »Ja.« Ihre Züge bellten sich
vorübergehend auf. »Er hat die Küchentür aufgerissen und Sie quer durchs
Wohnzimmer geschleudert. Ich habe allerdings nicht abgewartet, wo Sie gelandet
sind, denn ich hatte Angst, daß er wieder mir nachjagen könnte — und deshalb
habe ich mich hinter der Couch versteckt. Und dann« — sie sah betrübt drein —,
»ich fürchte, mir sind die vielen Drinks, die Sie in mich hineingeschüttet
haben, nicht so recht bekommen — jedenfalls: Ich bin eingeschlafen.«
    Sie sah mich mit ihren großen
dunklen Augen so traurig an, daß ich bittere Reue verspürte, weil ich den Abend
damit vergeudet hatte, mich von einem rothaarigen Flittchen umschwärmen zu
lassen, während ich doch die Zeit viel besser hätte nutzen und mich dieser
wirklich hübschen Brünetten hätte widmen können. Lange Ponys hingen bis knapp
über ihre Brauen, zwei weiche Haarwellen rahmten ihr Gesicht ein und reichten
fast bis zu den Schultern. Die Wangenknochen unter den großen dunklen Augen
waren hoch, die Lippen waren voll und zart und einladend, wobei die Unterlippe
sich ganz leicht nach außen kräuselte, in der Andeutung einer sinnlichen
Schmollschnute. Ihre Beine, das wußte ich aus erster Hand, waren rundherum perfekt,
und so sah auch der reichlich bemessene Busen aus, der die schwarze Spitze
formvollendet wölbte. Sie war der wahr gewordene Traum eines Junggesellen. Und
ich war am Abend zuvor zu bedient gewesen, um es zu merken.
    »Was soll ich nur machen?«
fragte sie verzweifelt. »Onkel Joe wird mir kein Wort glauben, wenn ich ihm
erzähle, was passiert ist. Dann wird er es Onkel Jerome sagen, und« — ihre
Stimme hob sich in hoffnungslosem Jammer — »er könnte es sogar meinem Vater
erzählen!«
    »Hören Sie«, sagte ich eifrig,
»Sie können doch nichts dafür. Alles war meine Schuld, also muß ich Ihnen auch
aus der Patsche helfen. Wie wär’s, wenn ich mitkomme und Onkel Joe alles
erkläre?«
    Ihre Augen schienen zu glühen,
als sie mich anblitzte. »Und Sie meinen, er glaubt Ihnen? Einem Mann, der ein
Mädchen in sein Apartment zerrt und ihr sechs Cocktails namens >Gebet einer
Jungfrau< einflößt? Meinen Sie, er glaubt, daß ich die ganze Nacht auf dem
Fußboden hinter einer umgefallenen Couch verbracht habe?«
    »Na ja«, meinte ich matt, »vielleicht
können Sie ihm erzählen, Sie hätten bei einer Freundin übernachtet — oder so.«
    »Sie kennen meinen Onkel Joe
nicht.« Aus ihren Augen schien mit einem Male Gift zu sprühen. »Vielleicht
begnügt er sich damit, mir eine Lehre zu erteilen — indem er Sie umbringt!«
    »Er ist doch hoffentlich kein
Catcher?« erkundigte ich mich vorsichtig.
    »Nein«, sagte sie, und ich war
erleichtert — freilich nicht lange. »Er kann sich nur nicht beherrschen.«
    »Schöne Aussichten.« Ich packte
die Couch, stellte sie auf und ließ mich darauf niedersinken. »Also, wie wär’s,
wenn wir erst ein bißchen frühstücken, bevor wir nachprüfen, ob Onkel Joe mich
umbringen will?«
    »Nein, vielen Dank«, erwiderte
sie kühl. »Aber ich werde mal kurz Ihr Badezimmer aufsuchen, um mich halbwegs
herzurichten.« Sie suchte und fand schließlich eine kleine schwarze
Abendtasche, dann marschierte sie entschlossen hinaus.
    Mit einiger Mühe kam ich wieder
auf die Beine und wankte in die Küche. Dort sah es wie im Wohnzimmer aus, eher
noch schlimmer. Trotzdem gelang es mir, im Kühlschrank eine Büchse Orangensaft
zutage zu fördern und sie zu öffnen. Mein Inneres krempelte sich ob der kalten,
alkoholfreien Flüssigkeit um, aber nach ein paar Minuten fühlte ich mich doch
ein bißchen besser. Nach etwa zehn Minuten kehrte das brünette Mädchen aus dem
Bad zurück, recht frisch und duftig zwar, aber ich sagte
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