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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich
Autoren: Liza Marklund
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ich dir wichtig bin.»
    Das wütende Schrillen der Türklingel im Flur ließ ihn mit einem Ruck aufwachen, und verwirrt sah er sich um. Anne riss die Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt.
    «Was ist?», sagte er und starrte Anne an, als sähe er sie zum ersten Mal.
    Sie zog die Bettdecke bis unters Kinn und versuchte zu lächeln.
    «Da ist jemand an der Tür», sagte sie. «Aber ich mache nicht auf.»
    Er setzte sich im Bett auf. Sie sah, dass seine Pomade einen großen Fleck auf dem Kopfkissenbezug hinterlassen hatte.
    «Ist das ein Typ?», fragte er und sah sie skeptisch und unsicher an. «Du hast doch gesagt, du hast keinen Kerl.»
    «Das ist kein Kerl», sagte Anne, zog beim Aufstehen die Decke mit sich und versuchte vergeblich, sie um sich zu wickeln, während sie in den Flur stolperte.
    Die Türklingel schrillte wieder.
    «Ja, Herrgott nochmal», rief Anne und spürte die Enttäuschung im Hals aufsteigen. Sie hatte sich so lange nach jemandem gesehnt, hatte versucht, erfahren und sinnlich zu wirken, und war doch nur prüde, Scheiße auch.
    Sie fummelte am Schloss und schluckte herunter, was vielleicht ein Weinen war.
    Vor der Tür standen Annika, Kalle und Ellen.
    «Was willst du?», sagte Anne und hörte selbst, wie belegt ihre Stimme klang.
    Annika sah müde und gereizt aus, sie seufzte, als sei ihr schon die Erklärung zu viel, warum sie hier stand.
    «Hast du mal auf die Uhr gesehen?», sagte Anne.
    «Können wir bei dir schlafen?», fragte Annika. «Bei uns zu Hause hat es gebrannt.»
    Anne sah skeptisch auf die Kinder hinunter. Gebrannt? Hinter sich hörte sie, dass Robin die Klospülung betätigte.
    «Das kommt mir jetzt aber wirklich ungelegen», sagte sie und zog die Decke hoch über die Brust.
    Kalle fing an zu weinen, gleich darauf stimmte Ellen ein. Anne spürte die Kälte aus dem Treppenhaus an den Füßen und schlug die Decke enger um die Beine.
    «Könnt ihr vielleicht leiser sein? Es ist schließlich mitten in der Nacht.»
    Annika starrte sie mit ihren feuchten Riesenaugen an.
    Herrgott! Fängt die jetzt auch noch an zu heulen?
    «Wir können doch nirgends hin.»
    Robin hustete im Schlafzimmer.
    Hauptsache, er geht jetzt nicht!
    «Meine Güte, Annika», sagte Anne und warf einen schnellen Blick nach hinten. «Das ist ja wohl nicht meine Schuld.»
    Annika trat einen Schritt zurück, holte tief Luft, als wollte sie etwas sagen, aber es kam nichts.
    Anne versuchte zu lächeln.
    «Ich hoffe, du verstehst das.»
    «Das kann nicht dein Ernst sein», sagte Annika.
    Anne hörte Robin im Schlafzimmer herumhantieren.
    «Ich bin nicht allein, und du kannst dir nicht vorstellen, wie viel mir das bedeutet.»
    Annikas Augen wurden schmal.
    «Wie egoistisch kann man eigentlich sein?» Anne blinzelte.
Wie bitte? Wer?
    «Ich konnte kein Geld mitnehmen», sagte Annika. «Ich kann also nicht mal das Taxi bezahlen. Soll ich mit den Kindern auf der Straße übernachten?»
    Anne hörte sich selbst aufkeuchen und merkte, wie ihr die Wut zu Kopf stieg.
    Was bildet die sich ein, mir Vorwürfe zu machen?
    «Und jetzt bin ich an der Reihe, mich zu revanchieren», sagte sie, «ist es so? Weil du die Wohnung hier bezahlt hast? Das willst du doch damit sagen, oder?»
    Annika Bengtzons Stimme überschlug sich.
    «Ist es zu viel verlangt, wenn ich dich ein einziges Mal um Hilfe bitte?»
    Jetzt zieht er sich an. Er ist drauf und dran, zu gehen.
    Sie wusste es, er würde jetzt gehen, und damit er noch ein bisschen länger blieb, trat sie hinaus ins Treppenhaus und schloss die Tür hinter sich.
    «Was ich mir alles anhören musste!», zischte Anne und versuchte sich zu beherrschen.
    «Jahraus, jahrein habe ich dein verdammtes Gezeter darüber ertragen, was alles verkehrt ist, dein bescheuerter Kerl und dein blöder Job. Eins sag ich dir,
ich
bin es nicht, die hier jemanden im Stich lässt!»
    Sie merkte, wie ihre Beine anfingen zu zittern.
    «Jetzt mach aber mal einen Punkt», sagte Annika.
    Anne konnte kaum ihre Stimme unter Kontrolle halten, als sie antwortete:
    «Die ganze Energie, die ich für dich aufgewendet habe», sagte sie bissig, «die hätte ich lieber für mich selbst aufbringen sollen. Dann wäre ich jetzt die Erfolgreiche, dann wäre ich diejenige gewesen, der man einen Job als Fernseh moderatorin anbietet, dann hätte ich Millionen gescheffelt.»
    «Fernsehmoderatorin?», fragte Annika und machte jetzt ein verwirrtes Gesicht.
    «Glaub bloß nicht, dass ich das vergessen habe», sagte Anne. «Ich weiß noch
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