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Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder
Autoren: Manfred Rebhandl
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ideal, du meine Güte, wie eine Wand steht der Regen heute wieder vor ihm. Jetzt im Frühherbst, wo es temperaturmäßig schon wieder ganz gewaltig anzieht am Abend und die Straßen durch das herumliegende nasse Laub sowieso mehr ein Blutbad sind als ein Verkehrsweg, muss er als Gendarmerie schon ein bisserl ein Vorbild auch sein und mit Hirn fahren. Sonst fängt er sich am Ende als strikter Helm-Verweigerer bei einem riskanten Lenkmanöver noch eine Delle an seinem Dickschädel ein, die dann auch der Doktor Krisper nicht mehr auswuchten könnte. Und mit einem ruinierten Schädel will er dann auch nicht in den Sonnenuntergang von seinem Leben hineinreiten, nicht mit einem von vorne bis hinten ruinierten Schädel. Genügen eh die schwarzen Vorhänge, die ihm die Seele verhängen, und sind eh die Hirnaussetzer genug, die ihm der Marillenschnaps beschert. Da will er sich den ruinierten Schädel als Beilage gerne ersparen.
    Dann nimmt der Biermösel sogar noch Tempo weg, wie er mitten im Ortsgebiet am Postkasterl vorbeifährt, das an der Schule angebracht ist, neben der wiederum das Einfamilienhaus vom Mallinger steht, diesem natürlichen Feind jeder Straßenverkehrsordnung. Was der schon alles aufgeführt hat! kommt dem Biermösel regelmäßig das Grausen, wenn er an den Mallinger und seine zahllosen Verkehrsdelikte denkt. Der Deutschlehrer in Ruhe ist dem Biermösel schon lange ein Dorn im Auge. Und er ist ihm endgültig nicht mehr grün, seit er ihn vor ein paar Jahren nach der beispiellosen und von ihm verschuldeten Katastrophe drüben im Mischwald an der Abzweigung nach Goisern aus dem Straßenverkehr gezogen hat. Allerdings leider nicht so endgültig aus dem Verkehr, dass bei ihm nicht immer noch eine gewisse reinliche Person ein und aus gehen könnte, von der er selbst gerne hätte, dass sie bei ihm ein und aus gehen würde, wenn er nur endlich den richtigen Zeitpunkt finden und ihr die Mon Chéri schenken könnte. Ärgern tut ihn das mit dem Mallinger und der Anni, aber so! Was bitte hat denn der, was er nicht hat (die Lehrerfrühpension!). Und was bitte kann denn der, was er nicht kann (Deutsch!).
    Na und! Kann er vielleicht Mopedfahren? Der hat ja nicht einmal mehr den Führerschein seit dem furchtbaren Unfall damals, bei dem der Rosenkranzpeter sein junges Familienglück ausgelöscht hat, was ihm letztendlich auch der Biermösel nicht gegönnt hat, das nicht. Andererseits: Aus der gewissen Erfahrung heraus weiß halt auch keiner besser als er, dass das Glück immer nur als kurzer Sonnenstrahl wärmt, der sich für einen Augenblick durch die gewaltige Wolkendecke zwängt. Dann ist es gleich wieder finster und kalt im Leben. So und nicht anders ist es.
    Jetzt, wo er den Mallinger hinter sich lässt und aus dem Ortsgebiet hinausbiegt und die Bundesstraße in Richtung Goisern nimmt, da schaltet der Biermösel sofort in die Zweite und lässt es ganz schön tuschen, die alte Fips, sie tut es immer noch, sie muss es tun. Der Wetterfleck flattert dabei in den immensen Luftwirbeln, die sich in seinem Windschatten bilden, wenn er endlich die gewisse Aerodynamik eingenommen hat und mit der Nase praktisch den Tacho streift. Das imponiert ihm dann schon immer ganz gewaltig, dem Biermösel, der Rausch der Geschwindigkeit ist wahrlich nicht der schlechteste. Und bald kommt er sich überhaupt vor wie einer von den Rockerbrüdern, wie er die Dritte auch noch riskiert, warum denn nicht! Der Fahrtwind ist herrliche Musik in seinen Ohren. Wie der Blitz in der Pfanne jagt er über die Bundesstraße. Dahin fliegt er mit einem geschmeidigen 60er, ein Wahnsinnsgefühl ist das, es ist einfach unbeschreiblich!
    Dass er dabei die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um gleich zehn km/h überschreitet, das ficht ihn nicht an. Eine Vorschrift hat einen Biermösel noch nie angefochten! Am Anfang vielleicht ein bisserl, wie er noch das Bundesverdienstkreuz gejagt hat, da hat er noch einen Minimalrespekt gehabt vor der Staatsgewalt, aber später immer weniger. Das hat ihn der alte Biermösel gelehrt, dass der Respekt immer nur in die eine Richtung fließen darf, nämlich zum Biermösel her. Das ist ein Naturgesetz, hat der Alte gepredigt. Himmelan fließt kein Fluss, hat er gedichtet. Niemals darf der Respekt vom Biermösel und von der Gendarmerie wegfließen, hat er sich wiederholt.
    Soll er? Aber freilich! Heute fährt er die Fips aus und schaltet in die Vierte auch noch, heute scheißt er sich überhaupt nichts! Er rast dahin wie früher der
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