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Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)

Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)

Titel: Leadership: Lehren, die mich durchs Leben führten (German Edition)
Autoren: Colin Powell
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möglich.« Dann legte er sich wieder hin.
    Beide Generäle hätten sich irren können, und sie wären in ganz anderer Weise in die Geschichte eingegangen. Eisenhower war ein meisterhafter Stabsoffizier und ein begabter Manager, aber auch ein begnadeter Menschenführer. Er wusste, wann er sich auf seinen Instinkt verlassen konnte. Grant traf an jenem Abend kein vorschnelles Urteil. Er kannte Lee, er hatte ihn als Mensch und Soldat studiert, und er kannte die Stärken und die zunehmende Schwäche der Nord-Virginia-Armee. Sein Instinkt stützte sich auf sachdienliche Informationen, und es dauerte nur eine Minute, bis er schlussfolgerte: »Das ist nicht möglich.«
    Es gibt Situationen, in denen ein Hindernis, das plötzlich auftaucht, Sie dazu veranlassen sollte, innezuhalten. Sie sollten Ihre Vorgehensweise allerdings erst dann über den Haufen werfen, wenn Sie gründlich über die unerwartete Komplikation nachgedacht, sie infrage gestellt und nach Möglichkeiten gesucht haben, ihr auszuweichen. Und wenn Sie zu dem Schluss gelangen, dass der Nutzen Ihrer Handlungsweise die möglichen negativen Konsequenzen dieser ungünstigen Tatsache überwiegt, dann sollten Sie eine Entscheidung treffen und diese umsetzen.
    Ich wage es nicht, mich mit Eisenhower oder Grant zu vergleichen, aber im Dezember 1989 , ein paar Monate, nachdem ich Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs geworden war, kam eine ähnliche, wenn auch weit weniger folgenschwere Entscheidung auf mich zu. In der Nacht des 1 . Dezember gab es auf den Philippinen einen versuchten Staatsstreich des Militärs gegen Präsidentin Corazon Aquino. Ich eilte hinunter in die Kommandozentrale des Pentagon, um den Einsatz zu überwachen. Präsidentin Aquino befürchtete, Angehörige der Luftwaffe könnten sich dem Coup anschließen und den Präsidentenpalast angreifen. Sie rief das Weiße Haus an und bat uns, den nahen Luftwaffenstützpunkt zu bombardieren, damit dies nicht geschah. Ich erhielt aus dem Lagezentrum des Weißen Hauses Weisung, den Auftrag auszuführen. Meine Erfahrung sagte mir, dass sich dies mit Hilfe der F- 4 -Phantom-Kampfflugzeuge von der Clark Air Base leicht bewerkstelligen ließe. Meine Erfahrung sagte mir auch, dass es tote Filipinos und Kollateralschäden an Gebäuden geben würde. Unabhängig von dem Ausgang des Staatsstreichs würden uns die Filipinos mit Sicherheit für jedes Todesopfer und die Schäden an Häusern kritisieren. Mein Instinkt sagte mir, es gebe einen besseren Weg, um das Ziel dieses Auftrags zu erreichen – nämlich die Bombardierung des Palasts zu verhindern. Admiral Hunt Hardisty, unser Befehlshaber im Pazifik, weilte zufälligerweise gerade in Washington und stieß in der Kommandozentrale zu mir. Wir erstellten einen alternativen Plan; danach sollten die F- 4 -Piloten im Tiefflug über den philippinischen Luftwaffenstützpunkt sausen und unmissverständlich »äußerste feindliche Absichten« demonstrieren. Falls trotzdem ein Flugzeug zur Startbahn rollte, sollten sie Warnschüsse abgeben oder die Startbahn bombardieren. Falls das Flugzeug abhob, sollten sie es abschießen. Die philippinischen Flugzeuge blieben am Boden, und der Coup endete ein paar Stunden später.
    Wenn es einem Flugzeug gelungen wäre, zu starten, den Palast zu bombardieren und die Präsidentin umzubringen, hätten meine Erfahrung und mein Instinkt versagt.
    Während der Krise konnte ich den philippinischen Verteidigungsminister Fidel Ramos nicht erreichen. Als alles vorbei war, kam ich schließlich zu ihm durch und informierte ihn darüber, was wir getan hatten. Er war äußerst dankbar, dass wir den Stützpunkt nicht bombardiert hatten.
    Immer wenn ich vor einer schwierigen Entscheidung stand, habe ich zunächst einmal eine Lageeinschätzung vorgenommen – eine übliche militärische Vorgehensweise: Wie stellt sich die Situation dar? Wie lautet der Auftrag? Welche Handlungsoptionen haben wir? Worin unterscheiden sie sich voneinander? Welche ist am erfolgversprechendsten? Folgen Sie nun Ihrem informierten Instinkt, entscheiden Sie und setzen Sie die Entscheidung entschlossen um; mobilisieren Sie Ihre ganze Kraft und Energie dafür. Dann atmen Sie tief ein und hoffen, dass es funktioniert, wobei Sie sich immer daran erinnern sollten: »Hoffnung ist ein gutes Frühstück, aber ein schlechtes Abendbrot.«

So wie Sie nicht für jemand anderen entscheiden können, so kann niemand für Sie entscheiden
    Man bringt uns im Militär bei, für »alles, was Ihre
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