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Laura - Venezianisches Maskenspiel

Titel: Laura - Venezianisches Maskenspiel
Autoren: Mona Vara
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dem Rechten sehen.“
    Als er das sagte, hatte er jedoch nicht die geringste Ahnung, welche völlig unerwarteten Auswirkungen diese Reise für sein zukünftiges Leben haben sollte.

    * * *

    Die Frau, die der Gegenstand von Domenicos intensiven, wenn schon nicht zärtlichen, Überlegungen war, saß zur gleichen Zeit, in der Domenico in Paris in die Kutsche stieg, um in Venedig nach „dem Rechten zu sehen“, nur mit ihrem Mieder und einem Spitzenunterrock bekleidet vor dem Spiegel ihrer Ankleidekommode und betrachtete sich kritisch. Ihre vollen Brüste, die sich an das enge Mieder schmiegten, ihren Hals, ihre weiße Haut, die allerdings auf den Wangen ein wenig zu rosig war. Aber dieser Mangel ließ sich ja gottlob mit etwas Puder beheben. Puder und dann Rouge darüber, wie es die Mode war. Natürlich rosige Wangen waren gewöhnlich, aber Rouge trug die ganze feine Welt, Herren und Damen gleichermaßen.
    Ihr Haar war braun. Zu braun, ihrer Meinung nach. Auch wenn sie sich sehr verändert hatte, so trennten sie immer noch Welten von den schönsten Frauen dieser Stadt, die mit ihren blonden Haaren und ihren grazilen Taillen nur dazu geschaffen zu sein schienen, ihr ihre eigene Unscheinbarkeit vor Augen zu führen. Sie seufzte. Kein Wunder, dass ihr Ehemann sein Vergnügen lieber bei seinen Mätressen suchte.
    Wie immer schweiften ihre Gedanken nur allzu leicht zu ihrem abwesenden Gatten ab und Laura wickelte sich nachdenklich eine Locke um den Finger. Sie erinnerte sich gut daran, wie sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, damals, im Besucherzimmer des Klosters. Größer als die meisten anderen Männer, dunkelhaarig, mit einem gut geschnittenen Gesicht, das von einem grauen Augenpaar beherrscht wurde. Etwas einschüchternd und mit einer natürlichen Autorität, die alle anderen neben ihm unwichtig erscheinen ließ. Ihre Hände und Knie hatten zu zittern begonnen, als sie ihn angesehen hatte, und sie hatte es fast nicht glauben können, dass dieser selbstsichere, gutaussehende Mann sie haben wollte. Er war nur einige Minuten geblieben, hatte damals nicht viel gesprochen, sie nichts gefragt und wenn, hatte sie nichts darauf zu erwidern gewusst, vor Scheu, Verlegenheit und sprachlosem Glück. Sie war auf der Stelle in ihn verliebt gewesen, in diesen venezianischen Patrizier Domenico Ferrante, der direkt ihren Träumen entstiegen zu sein schien, um sie aus diesem Kloster zu retten und in eine wunderschöne Zukunft zu entführen. In eine Zukunft voller Liebe und Zärtlichkeit. Sie war von Freude und Glück erfüllt gewesen, als ihr Vater sie abgeholt und nach Venedig gebracht hatte, wo die Hochzeit stattfinden sollte. Venedig! Jene märchenhafte Stadt, wo das ganze Jahr über Karneval war, wo sie eintauchen konnte in die Welt der Masken, der Spiele, der Musik und der Bälle! Und wo ein liebender Bräutigam auf sie wartete.
    Die vernichtende Wirklichkeit hatte sie einen Tag vor der Hochzeit eingeholt – und zwar in Gestalt dieser schönen Frau, dieser Nicoletta Martinelli, von der ihr jemand, der es offenbar genau wusste, zugeflüstert hatte, dass sie Domenicos Mätresse und seine große und einzige Liebe sei.
    Sie war aus allen Wolken gefallen und es hätte nicht einmal mehr der boshaften Einflüsterungen und Bemerkungen bedurft, um sich den Unterschied zwischen der schönen Mätresse und sich selbst klar zu machen und zu begreifen, welche Rolle ihr in der zukünftigen Ehe zugedacht war. Es war für beide Teile nur ein Geschäft gewesen. Domenico hatte sich eine einwandfreie Ehefrau gekauft, die nichts kannte außer einem strengen Klosterleben, und ihr Vater hatte seine untadelige Tochter gegen ein kleines Gut auf der Terraferma eingetauscht. Er und ihre Mutter hatten Venedig gerne den Rücken gekehrt, in dem sie wie viele bedürftige Adelige der besten und ältesten Familien im Bezirk San Barnaba lebten, in einem Haus, das sich im Besitz der Republik befand, das diese – wie viele andere – um ein geringes Entgelt an ihre verarmten Patrizier vermietete. Alles, was diese Barnabotti, wie man sie im Volk nannte, noch von den anderen Armen unterschied, war der Zugang zum Großen Rat und die adelige Herkunft.
    Ihr Vater hatte jedoch andere Pläne gehabt, als den Rest seines Lebens in Armut zu verbringen. Da er Laura keine Mitgift in die Ehe mitgeben konnte, die es den Töchtern der Adeligen ermöglichte, einen Ehemann zu finden, hatte er sie nicht in eines der von sehr lebenslustigen Nonnen und Fräuleins bevölkerten
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