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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst
Autoren: Linda Howard
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sterben müssen, zumindest bei etwas gestorben war, das er geliebt hatte. Er war über das Land geritten und nicht in einem Laden oder einem Büro eingepfercht gewesen.
    Sie hatte damals in Billings gelebt und gearbeitet und einen ganz normalen Job im Verwaltungsbüro eines Krankenhauses gehabt, aber sie konnte davon leben und fand es ganz okay. Die Sache war die, dass sie nie großen Ehrgeiz besessen hatte, etwas Besonderes zu tun. Damals hatte sie nichts anderes gewollt, als sich ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Als ihr Dad gestorben war, war es daher logisch gewesen, nach Hause zurückzukehren und sein Unternehmen mit Führungen durch die Wildnis zu übernehmen. Schließlich hatte sie ihm, bevor sie weggezogen war, auch schon des Öfteren geholfen. Es war also nicht so, als wäre sie eine Anfängerin gewesen und hätte nicht gewusst, wie man eine geführte Tour leitete. Sie war eine gute Fährtenleserin und eine gute Schützin. Damals hatte sie keinen Grund gesehen, warum sie es nicht schaffen sollte, und für eine Veränderung war sie ohnehin bereit gewesen. Warum also nicht?
    Und dann hatte sie etwas festgestellt, womit sie nicht gerechnet hatte: Sie liebte den Job. Sie liebte es, draußen in den Bergen zu sein, sie liebte es, für ihr eigenes Schicksal verantwortlich zu sein. Es hatte etwas Besonderes, aus einem Zelt heraus direkt in den unberührten frühen Morgen zu treten und von der Einsamkeit und Schönheit ringsum überwältigt zu werden. Wie konnte sie so viele Jahre gelebt haben, ohne zu erkennen, dass das
genau
das war, was sie tun wollte? Vielleicht hatte sie eine Weile fortgehen müssen, um zu merken, wie sehr sie für dieses Leben geeignet war. Nicht, dass sie es nicht genossen hätte, in der Stadt zu leben. Sie hatte die Vielfalt geliebt, die Menschen, die Freunde, die sie gefunden hatte; sie hatte sogar Kochkurse besucht und überlegt, sich nebenbei ein bisschen Geld mit Catering zu verdienen. Aber sie
liebte
es, Wildnisführerin zu sein, und sie lebte jetzt gerne hier, viel lieber als damals, als sie noch ein Kind gewesen war.
    Sie wünschte allerdings, sie hätte einige andere Entscheidungen getroffen und zum Beispiel die Pferde verkauft und die Quads behalten, statt das genaue Gegenteil zu tun. Späte Einsicht mochte ja ganz schön sein, nur, dass sie eben erst so verdammt spät kam. Sie hatte nicht mit der wirtschaftlichen Talfahrt und dem Verschwinden diskretionärer Ausgaben gerechnet. Sie hatte nicht gewusst, dass Dare Callahan zurückkehren und den größten Teil ihres Geschäftes abschöpfen würde. Warum hatte er nicht beim Militär bleiben können, wo er hingehörte, weit entfernt von ihrem kleinen Fleckchen Montana?
    Wenn doch nur …
    Nein. Kein
wenn doch nur
. Es tat nichts zur Sache, dass sie zweiunddreißig war und er ihr Schmetterlinge im Bauch beschert hatte. Sie misstraute Schmetterlingen, ließ sich nicht von Emotionen und Hormonen hinreißen. Einmal war genug gewesen. Sie hatte eine solche Närrin aus sich gemacht, dass sie immer noch bei jedem Gedanken an ihre kurze Ehe von dem beinahe überwältigenden Schamgefühl ein flaues Gefühl im Magen bekam. Der starke Wunsch, Billings zu verlassen, den Schauplatz des Debakels, hatte dazu geführt, dass sie es gar nicht hatte erwarten können, das Unternehmen nach dem Tod ihres Vaters zu übernehmen.
    Wenn sie damals glücklich verheiratet gewesen wäre, hätte sie ohne Zweifel das Unternehmen verkauft und wäre in Billings geblieben, einfach weil sie sich dort ein Leben aufgebaut hatte. Als ihr Privatleben jedoch zerbrochen war, hatte sie sich so strikt zurückgezogen, dass ihre Freunde sie vor lauter Verzweiflung beinahe aufgegeben hatten. Nachdem sie dann wieder hergezogen war und sich gefangen hatte, hatte sie diese Beziehungen kitten können – eine Frau brauchte immer andere Frauen. Aber dann hatte sie sich so sehr in ihre eigene Art zu leben verliebt, dass nicht einmal Dynamit sie wieder in ein Büro hätte jagen können.
    Jetzt dachte sie sich, dass sie einige E-Mails schreiben musste, wenn sie nach Hause kam, nur um sich mal wieder zu melden, dann öffnete sie die Tür des Trucks und wollte gerade einsteigen, als ihr plötzlich einfiel, dass sie Nägel und Krampen brauchte, um Zäune zu reparieren. Sie konnte sie genauso gut jetzt gleich besorgen, wo sie schon mal am Eisenwarenladen vorbeikam, und sich so eine Fahrt sparen. Außerdem wollte sie von Evelyn French den neuesten Klatsch aus der Gemeinde hören,
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