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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst
Autoren: Linda Howard
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beauftragen, ihre Website aufzupeppen, also hatte sie in ihrer Freizeit herauszufinden versucht, wie sie es selbst tun konnte, obwohl ihr schmerzhaft bewusst war, dass man im Allgemeinen das bekam, wofür man zahlte. Ihre Website war zwar so eingerichtet worden, dass sie sie updaten konnte, aber ihr fehlte die Inspiration. Sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte, damit sie fähiger rüberkam als
Dare Callahan, Wildnisführer
. Sollte sie ihren Namen vielleicht in Ace ändern?
    Als ihr der Gedanke kam, blieb sie wie angewurzelt stehen und fragte sich, ob ihr da vielleicht eine brauchbare Idee gekommen war, eine Idee, die ihr zumindest etwas Zeit verschaffen würde. Ihr Einkommen war in den letzten zwei Jahren eingebrochen. Zum Teil lag das natürlich an der Wirtschaft, aber es war sicher auch kein Vorteil, dass sie eine Frau war. Zwar waren einige der Großwildjäger, die jedes Jahr nach Montana kamen, Frauen, und ein noch größerer Prozentsatz der Fotografen auf Fotoexkursionen waren ebenfalls Frauen, aber die meisten Leute schienen zu glauben, dass ein männlicher Führer sicherer war als ein weiblicher.
    Wenn es Probleme gab, war ein Mann nun mal stärker, angeblich auch tougher, bla bla bla. Sie wusste doch, wie es lief. Sie konnte noch nicht einmal widersprechen, obwohl sie sicher sein durfte, dass sie ziemlich gut in dem war, was sie tat. Sie war eins siebzig, das war etwas über der Durchschnittsgröße einer Frau, mit einer schlanken, langgliedrigen Figur, der man nicht ansah, wie kräftig sie in Wahrheit war. Trotzdem war sie nicht annähernd so stark wie die meisten Männer hier in der Gegend, vor allem nicht so stark wie ein muskelbepackter Wichser wie Dare Callahan. Aber wenn sie ihre Website ändern und etwa ihre Initialen statt ihres Namens benutzen würde, sodass die Leute nicht sofort wussten, dass sie eine Frau war … ja, dann mochte sie zwar Stammkunden verlieren, aber die waren ohnehin praktisch gleich null, daher konnte jede neue Buchung nur ein Plus bedeuten.
    Und vielleicht sollte sie sich mehr auf solche Aktivitäten wie Fotoreisen und Camping in der Wildnis konzentrieren statt auf Jagdausflüge, die sich naturgemäß eher an Männer richteten, als wäre ein Paar Eier eine Voraussetzung für eine kompetente Führung. Soweit sie das beurteilen konnte, durfte man es aber getrost als einen großen Pluspunkt auf der Habenseite verbuchen,
keine
Hoden zu haben. Sie wurde weder von Testosteron mit Ego- und Konkurrenzproblemen geblendet, noch brauchte sie sich Sorgen darum zu machen, ob sie sie links oder rechts tragen wollte, und sie fiel auch nicht gleich um und kotzte, wenn ihr jemand in die Eier trat.
    Apropos Verkaufsargument: lebenslange Erfahrung, keine Hoden. Sie konnte es jetzt vor sich sehen, wie es in leuchtend roten Lettern auf ihrer Website prangte. Sie genoss die Vision noch einen Moment lang, dann konzentrierte sie sich wieder darauf, sich als Leiterin von Fotoexkursionen und Familienausflügen neu zu positionieren.
    Nur, dass sie dies bereits im Frühjahr hätte tun sollen, um auf dem Höhepunkt der Jagdsaison Kunden anzulocken. Der Winter kam schnell, und mit ihm kam auch das Ende der Jagdausflüge bis zum nächsten Jahr. Nein, sie musste sich den Tatsachen stellen: Sie stand mit dem Rücken zur Wand. Es ärgerte sie, dass sie ihre Situation nicht umkehren konnte – zumindest nicht hier, nicht jetzt. Ihre einzige Chance, sie zu ändern, bestand darin, irgendwo anders hinzuziehen, wo ihr nicht die Konkurrenz eines blöden Superstars drohte. Aber sie hasste es, ein Versager zu sein, egal wo, wobei und unter welchen Umständen. Sie hatte nicht nur sich selbst enttäuscht, sondern auch ihren Dad und seinen Glauben an sie. Warum hätte er ihr sonst den Besitz und das Unternehmen hinterlassen, wenn er nicht gedacht hätte, dass sie damit erfolgreich sein könnte?
    »Weil sonst niemand da war«, murmelte sie und musste trotz allem ein wenig lachen. Nicht, dass ihr Dad sie nicht geliebt hatte; das hatte er. Aber ob er sie geliebt hatte oder nicht, das hatte nichts mit der Entscheidung zu tun gehabt, ihr alles zu vermachen, weil sie sein einziges Kind war und es tatsächlich niemand anderen gegeben hatte. Wenn er geahnt hätte, dass er Herzprobleme hatte, bevor er buchstäblich tot umgefallen war, dann hätte er vielleicht das Haus verkauft und sich eine Arbeit gesucht, die körperlich nicht so anstrengend war. Aber alles in allem war Angie froh darüber, dass er, wenn er schon hatte
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