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Last days on Earth: Thriller (German Edition)

Last days on Earth: Thriller (German Edition)

Titel: Last days on Earth: Thriller (German Edition)
Autoren: Julian Frost
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steht.«
    Karla hob die Brauen. »Sie lesen keine Akten«, wiederholte sie. Ihr Blick fuhr über die Berge an Papier, Notizzetteln und Büchern, die sich auch hier überall in unordentlichen Haufen türmten. »Das ist originell.«
    Er kniff die Lippen zusammen und riss ihr den Ordner aus der Hand. Er schlug ihn auf und blätterte ihn flüchtig durch. Dann warf er den Ordner auf den Schreibtisch und lehnte sich auf die Tischkante. »Bitte. Ich habe ihn mir angesehen.«
    Karla verdrehte die Augen. Der Mann war komplett verrückt. Die meisten Dunkelmagier liefen in irgendeiner Weise neben der Spur, aber dieser hier hatte ganz offensichtlich die Urgroßmutter aller Dachschäden.
    »Wir sollen gemeinsam an diesem Fall arbeiten«, sagte sie. »Haben Sie in der Vergangenheit schon einmal mit einer meiner Kolleginnen zusammengearbeitet?«
    Er sah sie nur stumm an. Hob dann die Schultern, kratzte sich unbehaglich am Ellbogen. »Ja«, sagte er. Nicht mehr. Starrte sie weiter an. Karla hatte den Eindruck, dass er von einer Sekunde auf die andere vollkommen weggetreten war. Sie dachte an die leeren Flaschen, die sie nebenan auf dem Boden gesehen hatte, den Zustand der Wohnung und des Hausherrn, zog einen Schluss und holte tief Luft, bevor sie sich erhob. »Herr Winter«, sagte sie, »es ist wahrscheinlich auch in Ihrem Sinne, wenn ich einfach gehe. Klären Sie das mit Ihrem Auftraggeber, und ich schreibe einen Bericht für meinen Vorgesetzten. Belassen wir es dabei.«
    Sein leerer Blick belebte sich wieder. »Moment«, sagte er und löste sich von der Schreibtischkante. Er ging an Karla vorbei und verschwand zwischen zwei Regalen durch eine Tür. Wenig später hörte sie eine Wasserspülung.
    Karla stand sprachlos vor der Tür. Er hätte doch wohl warten können, bis sie gegangen war.
    Das Wasserrauschen verebbte. Sie erwartete, irgendwelche Geräusche von drüben zu hören, die verrieten, dass er sich die Hände wusch oder sonst etwas tat, aber es blieb totenstill.
    Karla unterdrückte den Impuls, ihren Rucksack und den Aktenordner zu nehmen und sich einfach zu verdrücken. Sie blätterte einen Moment in einem der Bücher herum, das aufgeschlagen auf dem Tischchen lag. Es war eine Abhandlung über einige der unappetitlicheren Aspekte der Totenbeschwörung, und Karla schob es angewidert beiseite. Auf der Akademie hatte sie sich auch mit Dunkler Magie beschäftigen müssen, zumindest in der Theorie, denn ihre Professoren waren der Meinung, man solle den Gegner und seine Methoden kennen. Aber sie konnte nicht behaupten, dass dieser Teil ihrer Ausbildung ihr Vergnügen bereitet hätte.
    Immer noch kein Laut von nebenan. Was war nur mit diesem seltsamen Herrn Winter von Adlersflügel los? War er in Ohnmacht gefallen? Hatte er sich aus dem Fenster gestürzt? War er zur Hölle gefahren? Oder versuchte er nur, sie loszuwerden?
    Kurz entschlossen packte Karla die Türklinke und fand sich in einem großen, hell gefliesten Badezimmer wieder. Badewanne, separate Dusche, ein Designer-Waschbecken, alles vom Feinsten. Hier, im Gegensatz zu allen anderen Räumen, die sie gesehen hatte, gab es auch einen Spiegel, und vor dem stand Winter und starrte hinein. Seine Hände waren um den Waschbeckenrand gekrampft.
    »Herr Winter?«, sagte Karla laut und ein wenig peinlich berührt.
    Er gab mit keinem Zeichen zu erkennen, dass er ihr Eintreten registriert hatte. Seine Pupillen, die Karla im Spiegel sehen konnte, waren so geweitet, dass seine vorher goldbraunen Augen vollkommen schwarz erschienen. Er hatte die Zähne fest zusammengebissen, als wollte er verhindern, dass sich ein Schrei oder ein Stöhnen zwischen seinen Lippen hervordrängte. Sie sah die hervortretenden Sehnen an seinem Hals und die weißen Fingerknöchel und schluckte einen Fluch hinunter. Das war ein Fall aus dem Lehrbuch. Wieso hatte der Idiot den Spiegel nicht verhängt? Und wenn er ihn schon nicht verhüllte – was ja beim Rasieren durchaus unpraktisch sein musste –, wieso hatte er sich geradewegs in die Augen gesehen?
    Ohne weiter nachzudenken, holte sie ihre Waffe aus dem Schulterhalfter, legte auf ihn an, entsicherte und zielte. Ihre Hände waren vollkommen ruhig. Sie gab ein wenig Druck auf den Abzug und sagte laut: »Erste und letzte Warnung: Verlassen Sie sofort diesen Mann! Ich zähle bis drei. Eins … zwei …«
    Winter hob die Hände und drehte sich zu ihr um. Sein Blick, immer noch mit extrem geweiteten Pupillen, fixierte sie. Er zog die Lippen zu einem
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