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Lasse

Lasse

Titel: Lasse
Autoren: Katrin Bongard
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Plätze mit Zetteln versehen, auf denen Namen standen. Jemand hatte eine Liste und führte mich zu meinem Platz. Ich kannte die Leute neben mir nicht und blieb stehen, weil ich hoffte, Gerion zu entdecken. Jemand winkte mir zu und ich winkte zurück, ohne jemand besonderes zu meinen. Selbst mir ging es so, ich kannte die meisten Schauspieler nur aus Zeitschriften und aus den Geschichten, die am Set über sie erzählt wurden. Leider wurde viel herumgetratscht, besonders in München. Aber was sollte ich sagen? Wenn Krista irgendwo herum erzählen würde, was für ein Idiot ICH war, dann musste ich ihr sogar recht geben. Zumindest in diesem Fall.
    Auf meinem Sitz lag Popcorn und eine Flasche Mineralwasser und als ich mich setzte, freute ich mich zum ersten Mal auf den Film. Ich liebe es im Dunkeln im Kino zu sitzen, die große Leinwand, die Musik. Draußen, bei den Journalisten, hatte ich gesagt, dass der Film toll wäre - was ich gehört hatte - und nun wünschte ich mir, dass es tatsächlich so war und ich in eine schöne Geschichte abtauchen könnte, egal wie kindisch oder kitschig sie werden würde.

3     Beim Abspann wachte ich aus einer Art Halbschlaf auf, in dem man gute Filme sieht. Ich mochte den Film. Die Musik war gut, eine nette Familiengeschichte, weder zu flach, noch zu albern, noch zu ernst oder deprimierend. Wenn Nora solche Filme produzierte, dann sollte ich das Treffen morgen ernster nehmen, dachte ich und freute mich plötzlich darauf.
    »He, Lasse, schicker Anzug!«
    »Hej, Gerion!«
    Er boxte mich auf den Oberarm, etwas, was er sich seit der Windelzeit nicht abgewöhnt hatte. Allerdings waren meine Muskeln härter geworden.
    »Wieder trainiert, was?«
    »Ach was, alles Natur.«
    Er grinste. Wir machten beide regelmäßig Hanteltraining. Ich war mir sicher, jeder männliche Schauspieler tat das. Es konnte ja sein, dass man uns Actionrollen anbot und dann wollten wir vorbereitet sein.
    »Lass uns rausgehen!«
    Gerion zog mich durch die Menge. Wir verließen das Kino durch einen Nebeneingang. Die Jubelfans waren zum Glück, bis auf ein paar hartnäckige Autogrammjäger, verschwunden. Er sah gut aus, braun gebrannt.
    »Was drehst du gerade?«
    »Literaturverfilmung.«
    »Ey, warum geben sie immer dir die coolen Rollen?«
    Gerion grinste. »Weil ich cooler bin . Und was machst du gerade? Hast du hier mitgespielt?«
    »Hast du mich irgendwo gesehen?«
    »Nö.«
    »Ich wollte nur mal sehen, was Nora für Filme macht. Ich habe morgen ein Gespräch mit ihr.«
    »Das Casting?«
    »Wieso nennen es alle das Casting und mir sagt man Gespräch ?«
    Gerion zuckte mit den Achseln und schwieg höflich, denn meine Mutter war nicht nur meine, sondern auch seine Agentin.
    »Warst du etwa auch da bei diesem ... Casting?«
    Er seufzte. »Ja, aber ich glaube, die wollen dich. Die haben mich sogar nach dir gefragt.«
    »Was wollten sie denn wissen?«
    »Na, ob du noch kommst, weil du in letzter Zeit ...«, er brach ab. »Ey, ich will mich da nicht mehr einmischen. Das ist ein Ding zwischen deiner Mutter und dir.«
    Gerion sah sich um, ihm war das Gespräch unangenehm. Ich wusste, dass er auf die Zeit anspielte, in der er sich bei meiner Mutter für mich eingesetzt hatte. In der Zeit, in der ich ständig zu Castings zu spät gekommen oder gar nicht erschienen war. Jeder hat solche Zeiten.
    Gerion blinzelte. »Wo ist Krista? Du bist nicht mehr mit ihr zusammen, oder?«
    Ich schwieg.
    »Sie oder du?«
    Ich sagte nichts, hob vielleicht die eine Augenbraue und Gerion stöhnte.
    »Was?«
    »Sie war cool.«
    »Ja, na und?«
    »Zeig mir ein Mädchen hier, das dir besser gefällt!«
    Ich wusste, worauf er hinaus wollte: Bindungsangst . Aber nur weil ich schneller als andere wusste, ob ich ein Mädchen mochte, hieß das doch noch lange nicht, dass ich Angst vor einer Beziehung hatte, oder?
    »Mann, darum geht es doch nicht. Ich war einfach nicht ... verliebt in sie.«
    »Ach, ja?«
    Es war klar, was das hieß: Seit wann interessiert dich das denn? Aber bei Krista hatte es eine Rolle gespielt.
    »Und sie?«
    »Auch nicht. Glaub ich.«
    »Ja, seltsam, dass sie dann dreimal bei deiner Mutter angerufen hat.«
    Wir sahen uns an. Gerion machte ein ernstes Gesicht, aber dann grinsten wir im gleichen Augenblick. Mir war klar, dass ich Mist gebaut hatte und er wusste, dass ich es wusste.
    »Und was läuft bei dir?«
    Er war seit einem Jahr mit Lea, einer Schauspielerin, zusammen.
    »Alles wie immer.«
    Also gut.
    Um uns herum entstand
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