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Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Titel: Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland
Autoren: Tamara Domentat
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an die unbekannte Straßenprostituierte, die mit ihrer Aufforderung »Laß dich verwöhnen«, ohne es zu ahnen, diesem Buch zu seinem Titel verhalf. Wir sind ihr für diesen Spruch wirklich dankbar. Was, vordergründig betrachtet, »nur« ihrer Selbstvermarktung dient, betont für uns die Qualität erotischer Dienstleistungen und verweist auf die Defizite im Privat-und Beziehungsleben vieler Männer, ohne die es die Prostitution nicht gäbe.
     
    Tamara Domentat November 2002
     
    I LICHT UND SCHATTEN
    Die erfolgreichsten Prostituierten sind unsichtbar. Es ist ja gerade ein Kennzeichen ihres Erfolgs, daß sie sich ihrer Umwelt komplett anpassen. Sie sind zu clever, zu raffiniert, um unangenehm aufzufallen oder sich Ärger einzu-handeln. Sie haben ihr Leben im Griff und Kontrolle über ihre Klienten.2
    Camilla Paglia
     
    Das erste Mal: Laura
    Als ich beschloß, mit Sex mein Geld zu verdienen, lagen fünfzehn Berufsjahre in der faszinierenden, aber komplizierten Welt der Medienbranche hinter mir. Abgesehen von den Inhalten meiner Arbeit bestand mein Alltag vor allem aus Hektik, Konkurrenzdruck, Mißgunst und Ausbeutung. Erschwerend kam hinzu, daß ich mich damals fast ausschließlich über meinen Beruf definierte. Meine letzte Beziehung war kurz vor meinem 39. Geburtstag zerbrochen, und was immer sich danach an sexuellen Kontakten abspielte, schien auf halbherzige Affären oder One-Night-Stands hinauszu-laufen. Auch wenn kein Geld im Spiel war: Im Grunde genommen hatte ich damals schon oft das Gefühl, wie eine Prostituierte behandelt zu werden.
    Als ich begriff, daß meine Lebensqualität durch die Partnersuche nicht zu-, sondern abnahm, stellte sich die Frage nach Alternativen.
    Die Vorstellung, meine sexuellen Energien in zen-buddhistischen Gleichmut zu verwandeln oder als Workaholic erotisch zu verkümmern, bedrückte mich mehr als die Aussicht, weiterhin allein zu leben. Um mich von meiner Fixierung auf eine Beziehung zu lösen, fing ich an, Swingerclubs zu besuchen. Wie man sich unschwer vorstellen kann, herrscht an diesen Orten eine rege Nachfrage nach Frauen, die bereit sind, ihre Sexualität neu zu definieren. Heerscharen von Aspiranten sind gewillt, 200 Mark und mehr pro Abend zu zahlen, um ihnen dabei behilflich zu sein. Und obwohl sich die typische Swingerclub-Atmosphäre dadurch auszeichnet, daß sexuelle Kontakte ohne die üblichen sozialen Präliminarien zustande kommen, geht die Gemeinschaft der multiplen Sexpartner für mein Empfinden höflicher und sensibler miteinander um, als ich es während der gesamten Zeit meiner Partnersuche erlebt hatte. Die Männer zeigen sich dankbar für jede Geste der Zuwendung und revanchieren sich mit freundlichen Worten, Massagen und sexuellen Gefälligkeiten. Manchmal fand ich in den Clubs sogar ein Lebensgefühl wieder, wie ich es aus meiner Jugend kannte, als der Promiskuität noch ein erweiterter Liebesbegriff anhaftete.
    Im Prinzip hätte nichts dagegen gesprochen, mein Sexualleben permanent in die schummerigen Matratzenlandschaften des Swinger-Kosmos auszulagern. Auf dem Partnermarkt mochte man mich als Auslaufmodell betrachten, in den Clubs jedoch schien mein Typ durchaus gefragt. Meine Einstellung änderte sich erst, als ein Gast irgendwann beiläufig meinte: »Eigentlich hängt doch der Erfolg des Ladens von Frauen wie dir ab.« Wochenlang ging mir diese Bemerkung nicht aus dem Kopf. Im Umkehrschluß bedeutete seine Logik nämlich nichts anderes, als daß - zumindest materiell betrachtet - der Clubbesitzer von der sexuellen Verfügbarkeit der Frauen profitierte, und zwar zu 100%. Während sich die männlichen Gäste der Illusion eines Privatkontakts hingaben, unterschied sich seine Geschäftsgrundlage praktisch kaum von der eines Bordellbetreibers, auch wenn er die Frauen zu nichts nötigte. Aber das tun kluge Bordellbetreiber heute ja auch nicht mehr.
    Danach fügte sich für mich alles mühelos zusammen. Die Erweiterung meiner sexuellen Spielräume eröffnete eine Ressource, die - wenn es so lief, wie ich es mir vorstellte - mich beruflich und privat unabhängiger machen konnte. Durch gelegentliche Einkünfte als Escort ließen sich die finanziellen Risiken der Freiberuflichkeit abfedern, von der ich schon lange träumte. Es bot sich die Möglichkeit, meine Festanstellung, nicht jedoch meinen Beruf aufzugeben, mich sexuell auszuleben, ohne gleichzeitig auf eine Beziehung angewiesen zu sein.
    Eher beiläufig und mit dem Vorsatz, mir auch die Option eines
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