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Land der wilden Sehnsucht

Land der wilden Sehnsucht

Titel: Land der wilden Sehnsucht
Autoren: Margaret Way
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War Ihre Haarfarbe der Anstoß für die Namensgebung?“ Er ließ den Blick auf ihrem langen rotbraunen Haar und dem Mittelscheitel, durch den die Gleichmäßigkeit ihres ovalen Gesichts betont wurde, ruhen. Ihre bernsteinfarbenen Augen, die von dichten Wimpern gesäumt waren, erinnerten ihn an die Klarheit von Sherry.
    „Eine Idee meines Vaters“, antwortete sie und lächelte ebenfalls. „Der Flaum auf meinem Kopf muss schon bei der Geburt diesen Ton gehabt haben, den Maler so gern verwenden, und mein Vater ist Maler … sogar ein ziemlich bekannter. Lucien Fleury“, setzte sie stolz hinzu.
    „Dann hat er Marks Mutter angerufen, um ihr den Unfall mitzuteilen?“ Blaine gewann allmählich einen Überblick.
    Sienna stutzte. Marks Mutter? Warum nicht unsere Mutter? „Ja“, bestätigte sie. „Amanda war so verzweifelt, dass wir ihr ein starkes Beruhigungsmittel geben mussten.“
    Das entsprach nicht der Wahrheit, denn sie war betrunken gewesen. Sie hatte sich immer öfter in einen Alkoholrausch geflüchtet, um der Wirklichkeit zu entgehen.
    „Ich sollte mir vielleicht mal die Bilder Ihres Vaters ansehen“, sagte Blaine zu ihrer Überraschung. „In meiner Familie gab es schon immer begeisterte Kunstsammler. Meine Großtante Adeline lebt in Melbourne wie in einem kleinen Privatmuseum. Jedes Mal, wenn wir uns sehen, erneuert sie ihr Versprechen, mir alles zu vererben.“
    „Würde Sie das freuen?“ Immerhin war er Rancher, zwar kultiviert und weltläufig, aber doch ein Mann, der in der wilden Natur lebte. „Nicht jeder findet an alten Kostbarkeiten Gefallen.“
    „Ich schon, aber wer weiß, wo das alles einmal landet.“ Sienna beobachtete ihn beim Sprechen. Er hatte einen schönen Mund mit leicht hochgezogenen Winkeln. „Ich würde die weniger wertvollen Sachen wahrscheinlich verschenken. Wir haben eine weitverzweigte Familie, aber das dürfte Ihnen unbekannt sein.“
    „Leider ja.“ Sienna wich seinem Blick aus. „Vielleicht sollte ich Sie daran erinnern, dass Amanda die Witwe Ihres Bruders ist.“
    „Meines Halbbruders“, verbesserte er sie und überraschte sie damit von Neuem. Mark hatte nie etwas davon gesagt. „Meine Mutter starb an Malaria, als ich sechs Jahre alt war. Sie besuchte mit meinem Vater die Kaffeeplantage eines Freundes in Neuguinea. Beide hatten sich vorschriftsmäßig impfen lassen, aber bei Mum wirkte die Spritze nicht. Ich erinnere mich noch gut an sie. Sie war eine schöne Frau. Dad hatte anlässlich ihrer Hochzeit bei einem italienischen Maler ein Porträt bestellt, das immer im großen Salon hing. Es wurde nie abgenommen.“
    Auch nicht, als die zweite Mrs Kilcullen ins Haus kam? fragte sich Sienna. Das war sicher nicht leicht für sie gewesen. Im Übrigen stellte sie mit Kennerblick fest, dass auch ihr Gegenüber ein lohnendes Modell abgab. Ihr Vater hätte ihn meisterlich porträtiert, aber wohl kaum den Auftrag dafür bekommen.
    „Sie werden durch das Gemälde also ständig an Ihre Mutter erinnert“, sagte sie teilnahmsvoll. „Es tut mir leid, dass Sie sie so früh verloren haben. So einen Verlust vergisst man nie. Ich habe ein sehr inniges Verhältnis zu meiner Mom. Ein Leben ohne sie wäre unvorstellbar für mich.“
    „Danken Sie dem Schicksal, dass Sie noch beide Elternteile haben“, sagte Blaine und sah ihr tief in die Augen.
    Was hatte dieser Blick zu bedeuten? Versuchte er etwa, die Tiefen ihrer Seele zu ergründen?
    „Mein Vater starb vor einigen Jahren“, stellte er nach kurzem Schweigen fest, und ein schmerzlicher Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. „Meine Großtante ist der Ansicht, dass er noch einmal heiratete, um mir eine Stiefmutter zu geben.“ Dass Adeline statt „Stiefmutter“ die Bezeichnung „Kinderfrau“ gewählt hatte, verschwieg er. Jeder in der Familie wusste, dass Desmond Kilcullen nur aus Vernunftgründen zum zweiten Mal eine Ehe eingegangen war.
    „Mark hat nie erwähnt, dass Sie beide Halbbrüder waren. Wenn er von Ihnen sprach, musste man immer den Eindruck gewinnen, Sie seien … nun ja, richtige Brüder.“
    „So?“ Blaine bemühte sich um einen gleichgültigen Ton. Er konnte sich gut vorstellen, was Mark erzählt und was er damit angerichtet hatte. Er war von Neid und Bitterkeit zerfressen gewesen. „Mark war mit der sympathischen Tochter von der Nachbarranch verlobt, als er plötzlich ohne ein Wort von zu Hause verschwand. Er ging an Bord eines Frachtflugzeugs, das Maschinenteile transportiert hatte und gerade wieder
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