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Land der guten Hoffnung

Land der guten Hoffnung

Titel: Land der guten Hoffnung
Autoren: Unbekannter Autor
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der mich Dr. Stamm bekannt gemacht hatte. Durch die Trauerweiden konnte ich den verrosteten Metallsteg erkennen. Er war ungewöhnlich hoch und stabil für ein privates Wassergrundstück. Vor dem Fall der Mauer hatte er einem Patrouillenboot der DDR als Liegeplatz gedient, denn die Villa war zu Zeiten des Kalten Krieges vom Zoll genutzt worden. Inzwischen war der Anlegeplatz dicht von Seerosen umwuchert.
    „Die Ruine von Steg kommt auch noch dran.“ Doc reichte mir eine Bierdose. „Bin froh, dass die Renovierung des Hauses endlich über die Bühne ist. Wir haben lange genug auf einer Baustelle gelebt.“
    Ich riss die Lasche auf und prostete Doc zu. „Auf die Großgrundbesitzer!“
    „Mach dich nur lustig, Helm.“ Sie trank einen Schluck. „Ich habe es mir nicht ausgesucht.“
    Einmal in seinem langen Dasein als Ehemann hatte sich Kurt gegen seine Frau durchgesetzt. Die Macht des Geldes. Er hatte geerbt - eine stattliche Summe und das völlig unerwartet. Die Dynamik des Vorgangs hatte die Familie aus ihrem bescheidenen Reihenhaus in Kladow gefegt, und sie wenige Kilometer weiter in bester Lage landen lassen. Kurt zog es ans Wasser, und er war schnell fündig geworden. Anfangs hatte Doc noch auf die unsicheren Eigentumsverhältnisse als Stolperstein gehofft - doch die hatten sich bald geklärt. Ihr Mann hatte immer von einem Boot geträumt, und ich war sicher, Doc zögerte die Sanierung des Stegs nur hinaus, um Kurt ein wenig zu quälen. Sie hasste es, wenn ihr die Kontrolle entglitt.
    „Und wann geht es bei dir wieder los?“ fragte sie.
    „Ich hoffe, ihr kommt pünktlich zurück, denn ich will Dienstag fliegen.“
    „So bald schon? Wohin diesmal?“
    „Mosambik.“
    Doc trank einen Schluck Bier. „Für wen?“
    „Diesmal für die Holländer.“
    „Worum geht’s?“
    „Da hängt seit einem Jahr eine größere Hilfslieferung im Zoll fest, die ich loseisen soll.“
    „Hoffentlich geben sie dir genug Schmiergeld mit.“
    Darauf trank ich einen.
    „Wenn der Job garstig wird, mach anschließend ein paar Tage Urlaub am Kap. Das lohnt sich!“
    Ich ließ mir meine Überraschung nicht anmerken. War die Empfehlung ein Zufall? Oder war Doc mir mit ihrem sechsten Sinn auf die Schliche gekommen?
    Sie hielt die Bierdose hoch. „Da musst du dann aber Wein trinken! Aber wem sage ich das?“
    Ich nickte und schwieg.
    „Ich kenne übrigens in Paarl einen Typ, der Winzer ist. Wenn du willst, kann ich dir seine Adresse mitgeben.“
    „Hört sich gut an.“
    „Erinnere mich daran, wenn wir zurück sind.“ Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „So - wir machen uns jetzt vom Acker!“
Kapitel 3
    Am nächsten Morgen stand ich früh auf und fütterte die Haustiere.
    Edgar hielt sich an die tatsächliche Besatzungsstärke in der Villa. Er schenkte sich sein „Alle Mann an Bord!“ und krächzte mir stattdessen ein „Volle Kraft voraus!“ entgegen.
    Ich nahm ihn beim Wort und ging noch vor dem Frühstück eine halbe Stunde schwimmen.
    Gegen Mittag holte ich Kurts Cabrio aus der Garage und unternahm einen Ausflug ins Umland. Ich genoss den goldenen Oktobertag mit seinen milden Temperaturen. Die luftige Fahrt führte mich vorbei am Sacrower See und durch den Königswald. Eine Stunde lang kreuzte ich im Schatten der Alleen durch die weiten Felder und Wiesen des Havellands. Auf dem Rückweg legte ich einen Stopp in der Baumschule in Neu Fahrland ein und trank im Café neben der Gärtnerei einen Kaffee.
    Auf dem Weg zurück zum Parkplatz bemerkte ich eine Gestalt, die hastig zwischen dichten Bambusstauden verschwand. Es waren viele Besucher zwischen den Beeten unterwegs, aber etwas an dieser Figur kam mir bekannt vor. Ich hielt weiter nach ihr Ausschau, und als zwanzig Meter weiter eine Gruppe Stechpalmen den Blick zum EingangsPavillon freigab, konnte ich tatsächlich Roy Orbisons Doppelgänger erkennen. Der Rüpel aus der S-Bahn war zwar nur für einen Moment zu sehen, aber Frisur und Brille entlarvten ihn, bevor er hinter dem Gebäude verschwand. Als ich den Pavillon erreichte, war er weg. Auch ein Rundblick über den Parkplatz lieferte mir keine neuen Erkenntnisse. Ich stieg in mein Cabrio und zockelte geruhsam nach Sacrow zurück.
    Sicher, es gibt Zufälle, aber im Laufe meiner Tätigkeit als Trüffelschwein hatte ich mir abgewöhnt, an sie zu glauben.
    Wie lange war der Typ schon hinter mir her?
    Hatte er sich schon unter die Freizeitkapitäne in Nieder Neuendorf gemischt? Es wäre keine schlechte Wahl gewesen,
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