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Längst vergangen: Thriller (German Edition)

Längst vergangen: Thriller (German Edition)

Titel: Längst vergangen: Thriller (German Edition)
Autoren: John Rector
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Handtuch ab. Ich liege auf dem Rücken und starre zu einer der Laternen auf dem Parkplatz hinauf. Hunderte winziger Käferchen kreisen in dem schwachen gelben Schein. Sie lassen mich an den Winter und fallenden Schnee denken.
    Die beiden Männer suchen den Boden zu meinen Füßen ab und beachten mich nicht. Einen Augenblick später bückt sich der Kerl mit dem Bolzenschneider und schiebt meine Beine beiseite. Als er sich aufrichtet, hält er meinen abgetrennten Finger an der Spitze fest.
    Unterhalb des Knöchels erstrahlt golden der Ehering im Schein der Laterne.
    Ich will aufstehen. Ich will ihnen sagen, sie sollen nicht meinen Ring nehmen, aber ich finde die Worte nicht. Ich versuche, mich aufzusetzen, doch der Schmerz in den Rippen drückt mich wieder nach unten.
    Ich habe nicht die Kraft zum Schreien.
    Ich bleibe am Boden und höre den rasselnden Atem in meiner Brust. Ich muss husten. Ich tue mein Bestes, ihn zu unterdrücken, aber ich schaffe es nicht, und dieses Mal schreie ich.
    Der Schrank bückt sich und greift nach meiner Hand.
    Ich versuche nicht mal, mich zu wehren.
    Er nimmt das weiße Handtuch, das er benutzt hat und presst es auf die Stelle, wo mein Finger gewesen ist, dann nimmt er meine andere Hand und hält sie ans Handtuch.
    »Fest«, sagt er.
    Meine linke Hand ist warm und nass. Ich ziehe sie zurück und drücke sie an meine Brust. Das Handtuch ist rot von Blut.
    Der Schrank steht auf und sagt etwas zu dem Mann mit dem Bolzenschneider. Der Mann nickt und geht über den Parkplatz davon.
    Der Schrank sieht ihm nach, dann sieht er auf mich herab und sagt: »Nicht persönlich nehmen, okay?«
    Er hat einen starken Akzent, den ich nicht einordnen kann.
    »Fick dich«, sage ich.
    Das ist nicht viel, aber mehr kann ich nicht tun.
    Der Schrank lächelt, dreht sich um und ist weg.
    Ich starre zum fahlgelben Licht hoch. Ich denke an Diane und den Ehering, den ich seit einem Monat getragen habe, den Ring, den ich wahrscheinlich nie wiedersehe.
    Urplötzlich ist mir nach Weinen zumute.
    Ich weiß nicht wieso.
    Ich habe mich heftig gewehrt.

– 2 –
    »Die gute Nachricht ist, dass es ein sauberer Schnitt ist. Sie müssen wahrscheinlich nicht operiert werden.«
    Das ist eine gute Nachricht.
    Alles ist eine gute Nachricht, wenn man auf Morphium ist.
    Meine Hand ruht auf einem silbernen OP-Tablett und ist mit einem Kokon aus weißem Mull bedeckt, der meinen Arm wie ein riesiges Wattestäbchen aussehen lässt. Der Arzt untersucht den Verband, dann legt er mir eine Hand auf die Schulter und fragt: »Sie sind doch kein Pianist, oder?«
    Ich ignoriere ihn und wende mich dem Polizisten zu, der auf einem roten Plastikstuhl an meinem Bett sitzt. Er spricht mit Diane, fragt sie, ob sie irgendwen kennt, der mir vielleicht etwas antun will. Er will wissen, ob ich Feinde habe.
    Diane starrt auf die Wände, auf den Boden, ihre Hände, überall hin, nur nicht auf ihn. Auf ihren Wangen sind Tränen, und als sie spricht, ist ihre Stimme leise.
    »Niemanden«, sagt sie. »Natürlich nicht.«
    Der Polizist sieht mich an. »Was ist mit Ihnen? Hegt jemand da draußen einen Groll gegen Sie?«
    »Einen Groll?« Diane sieht von mir weg zu dem Polizisten, dann wieder zurück zu mir. »Weswegen denn?«
    Der Polizist fixiert mich, wartet ab.
    »Nein«, sage ich. »Ich glaube nicht.«
    Er kritzelt etwas in sein Notizbuch.
    »Wovon redet er?«, fragt Diane. »Will dir jemand etwas antun?«
    »Nein.« Ich schüttele den Kopf. »Niemand.«
    Ich merke, dass Diane noch etwas sagen will, aber stattdessen runzelt sie nur die Stirn und sieht weg.
    Eine Weile sagt keiner etwas. Schließlich richtet sich Diane auf ihrem Stuhl auf und fragt: »Also, was ist der nächste Schritt?« Sie ergreift meine gesunde Hand und drückt sie, dann wendet sie sich wieder an den Polizisten. »Wie lange wird es dauern, bis Sie diese Leute finden?«
    Der Polizist sieht hoch, und ich halte ihm zugute, dass er nicht schmunzelt, aber ich kann es in seinen Augen lesen.
    Er informiert sie darüber, dass der Fall nach Aufnahme der Anzeige einem Detective übertragen wird, der die Details durchgeht, Zeugen vernimmt und alle Beschreibungen durch die Datenbanken laufen lässt. Er sagt ihr, dass sie jedem Hinweis nachgehen werden, um die beiden Männer zu schnappen.
    Unter anderen Umständen würde ich lachen.
    Der Polizist wird einen Bericht abheften. Vielleicht sieht sich ein Detective den sogar an, aber damit hat es sich. Unmotivierte Gewaltverbrechen, vor allem solche
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