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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera
Autoren: Theodor Fontane
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räumlichen Ver-
    hältnissen ganz dem ihres Gatten, war aber um vie-
    les heller und heiterer, einmal weil die hohe Panee-lierung, aber mehr noch, weil die vielen nachgedun-
    kelten Bilder fehlten. Statt dieser vielen war nur ein einziges da: das Porträt Melanies in ganzer Figur, ein wogendes Kornfeld im Hintergrund und sie selber
    eben beschäftigt, ein paar Mohnblumen an ihren Hut
    zu stecken. Die Wände, wo sie frei waren, zeigten
    eine weiße Seidentapete, tief in den Fensternischen erhoben sich Hyazinthenestraden, und vor einer derselben, auf einem zierlichen Marmortische, stand ein blitzblankes Bauer, drin ein grauer Kakadu, der eigentliche Tyrann des Hauses, sein von der Diener-
    schaft gleichmäßig gehaßtes und beneidetes Dasein
    führte. Melanie sprach eben mit ihm, als Ezechiel in einer gewissen humoristischen Aufgeregtheit eintrat und seine Frau, nach vorgängiger respektvoller Ver-19
    neigung gegen den Kakadu, bis an ihren Sofaplatz
    zurückführte. Dann schob er einen Fauteuil heran
    und setzte sich neben sie.
    Die Feierlichkeit, mit der all dies geschah, machte Melanie lachen.
    »Ist es doch, als ob du dich auf eine ganz besondere Beichte vorzubereiten hättest. Ich will es dir aber leicht machen. Ist es etwas Altes? Etwas aus deiner dunklen Vergangenheit...?«
    »Nein, Lanni, es ist etwas Gegenwärtiges.«
    »Nun, da will ich doch abwarten und mich zu keinem
    Generalpardon hinreißen lassen. Und nun sage, was
    ist es?«
    »Eine Bagatelle.«
    »Was deine Verlegenheit bestreitet.«
    »Und doch eine Bagatelle. Wir werden einen Besuch
    empfangen oder vielmehr einen Gast oder, wenn ich
    mich des Ausdrucks bedienen darf, einen Dauergast.
    Also kurz und gut, denn was hilft es, es muß heraus: einen neuen Hausgenossen.«
    Melanie, die bis dahin ein Schokoladenbiskuit, das
    noch auf dem Teller lag, zerkrümelt hatte, legte jetzt ihren Zeigefinger auf van der Straatens Hand und
    sagte: »Und das nennst du eine Bagatelle? Du weißt

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    recht gut, daß es etwas sehr Ernsthaftes ist. Ich ha-be nicht den Vorzug, ein Kind dieser eurer Stadt zu sein, bin aber doch lange genug in eurer exquisiten Mitte gewesen, um zu wissen, was es mit einem ›Logierbesuch‹ auf sich hat. Schon das Wort, das sich
    sonst nirgends findet, kann einen ängstlich machen.
    Und was ist ein Logierbesuch gegen eine neue Haus-
    genossenschaft... Ist es eine Dame?«
    »Nein, ein Herr.«
    »Ein Herr. Ich bitte dich, Ezel...«
    »Ein Volontär, ältester Sohn eines mir befreundeten Frankfurter Hauses. War in Paris und London, selbstverständlich, und kommt eben jetzt von New York,
    um hier am Ort eine Filiale zu gründen. Vorher aber will er in unserem Hause die Sitte dieses Landes
    kennenlernen, oder sag' ich lieber wieder kennenlernen, weil er sie draußen halb vergessen hat. Es ist ein besonderer Vertrauensakt. Ich bin überdies dem
    Vater verpflichtet und bitte dich herzlich, mir eine Verlegenheit ersparen zu wollen. Ich denke, wir geben ihm die zwei leerstehenden Zimmer auf dem
    linken Korridor.«
    »Und zwingen ihn also, einen Sommer lang auf die
    Fliesen unseres Hofes und auf Christels Geranium-
    töpfe hinunterzusehen.«
    »Es kann nicht die Rede davon sein, mehr zu geben,
    als man hat. Und er selbst wird es am wenigsten
    erwarten. Alle Personen, die viel in der Welt umher 21
    waren, pflegen am gleichgiltigsten gegen derlei Din-ge zu sein. Unser Hof bietet freilich nicht viel; aber was hätt' er Besseres in der Front? Ein Stück Kir-chengitter mit Fliederbusch, und an Markttagen die
    Hasenbude.«
    »Eh bien, Ezel. Faisons le jeu. Ich hoffe, daß nichts Schlimmes dahinter lauert, keine Konspirationen,
    keine Pläne, die du mir verschweigst. Denn du bist
    eine versteckte Natur. Und wenn es deine Geheim-
    nisse nicht stört, so möcht' ich schließlich wenigstens den Namen unseres neuen Hausgenossen hören.«
    »Ebenezer Rubehn...«
    »Ebenezer Rubehn«, wiederholte Melanie langsam
    und jede Silbe betonend. »Ich bekenne dir offen, daß mir etwas Christlich-Germanisches lieber gewesen
    wäre. Viel lieber. Als ob wir an deinem Ezechiel nicht schon gerade genug hätten! Und nun Ebenezer. Ebenezer Rubehn! Ich bitte dich, was soll dieser Accent grave, dieser Ton auf der letzten Silbe? Suspekt, im höchsten Grade suspekt!«
    »Du mußt wissen, er schreibt sich mit einem h.«
    »Mit einem h! Du wirst doch nicht verlangen, daß ich dies h für echt und ursprünglich nehmen soll? Ein-schiebsel, versuchte Leugnung des
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