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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera
Autoren: Theodor Fontane
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findest du's?... Ich will dir übrigens zu Hilfe kommen... Ein Tintoretto.«
    »Kopie?«
    »Freilich«, stotterte van der Straaten etwas verle-
    gen. »Originale werden nicht hergegeben. Und wür-
    den auch meine Mittel übersteigen. Dennoch dächt'
    ich...«
    Melanie hatte mittlerweile die Hauptfiguren des Bildes mit ihrem Lorgnon gemustert und sagte jetzt:
    »Ah, l'Adultera!... Jetzt erkenn' ich's. Aber daß du gerade das wählen mußtest! Es ist eigentlich ein ge-fährliches Bild, fast so gefährlich wie der Spruch...
    Wie heißt er doch?«

    12
    »›Wer unter euch ohne Sünde ist...‹«
    »Richtig. Und ich kann mir nicht helfen, es liegt so was Ermutigendes darin. Und dieser Schelm von Tintoretto hat es auch ganz in diesem Sinne genom-
    men. Sieh nur!... Geweint hat sie... Gewiß... Aber
    warum? Weil man ihr immer wieder und wieder ge-
    sagt hat, wie schlecht sie sei. Und nun glaubt sie's auch, oder will es wenigstens glauben. Aber ihr Herz wehrt sich dagegen und kann es nicht finden... Und
    daß ich dir's gestehe, sie wirkt eigentlich rührend auf mich. Es ist so viel Unschuld in ihrer Schuld... Und alles wie vorherbestimmt.«
    Melanie, während sie so sprach, war ernster gewor-
    den und von dem Bilde zurückgetreten. Nun aber
    fragte sie: »Hast du schon einen Platz dafür?«
    »Ja, hier.« Und er wies auf eine Wandstelle neben
    seinem Schreibpult.
    »Ich dachte«, fuhr Melanie fort, »du würdest es in
    die Galerie schicken. Und offen gestanden, es wird
    sich an diesem Pfeiler etwas sonderbar ausnehmen.
    Es wird...«
    »Unterbrich dich nicht.«
    »Es wird den Witz herausfordern und die Bosheit,
    und ich höre schon Reiff und Duquede medisieren,
    vielleicht auf deine Kosten und gewiß auf meine.«

    13
    Van der Straaten hatte seinen Arm auf das Pult ge-
    lehnt und lächelte.
    »Du lächelst, und sonst lachst du doch, mehr, als gut ist, und namentlich lauter, als gut ist. Es steckt etwas dahinter. Sage, was hast du gegen mich? Ich
    weiß recht gut, du bist nicht so harmlos, wie du dich stellst. Und ich weiß auch, daß es wunderliche Ge-mütlichkeiten gibt. Ich habe mal von einem russi-
    schen Fürsten gelesen, ich glaube, Suboff war sein
    Name. Eigentlich waren es zwei, zwei Brüder. Die
    spielten Karten, und dann ermordeten sie den Kaiser Paul, und dann spielten sie wieder Karten. Ich glaube beinah, du könntest auch so was! Und alles mit gutem Gewissen und gutem Schlaf.«
    »Also darum König Ezel!« lachte van der Straaten.
    »O nein. Nicht darum. Als ich dich so hieß, war ich noch ein halbes Kind. Und ich kannte dich damals
    noch nicht. Jetzt aber kenn' ich dich und weiß nur
    nicht, ob es etwas sehr Gutes oder etwas sehr
    Schlimmes ist, was in dir steckt... Aber nun komm.
    Unser Kaffee ist kalt geworden.«
    Und sie gab ihren Platz am Fenster auf, setzte sich wieder auf ihren hochlehnigen Stuhl und nahm Nadel
    und Kanevas und tat ein paar rasche Stiche. Zugleich aber ließ sie kein Auge von ihm, denn sie wollte wissen, was in seiner Seele vorging.
    Und er wollt' es auch nicht länger verbergen. War er doch ohnehin, aller Freundschaft unerachtet, ohne

    14
    Freund und Vertrauten, und so trieb es ihn denn,
    angesichts dieses Bildes einmal aus sich herauszu-
    gehn.
    »Ich habe dich nie mit Eifersucht gequält, Lanni.«
    »Und ich habe dir nie Veranlassung dazu gegeben.«
    »Nein. Aber heute rot und morgen tot. Das heißt,
    alles wechselt im Leben. Und sieh, als wir letzten
    Sommer in Venedig waren und ich dies Bild sah, da
    stand es auf einmal alles deutlich vor mir. Und da
    war es denn auch, daß ich Salviati bat, mir das Bild kopieren zu lassen. Ich will es vor Augen haben, so als Memento mori, wie die Kapuziner, die sonst nicht mein Geschmack sind. Denn sieh, Lanni, auch in ihrer Furcht unterscheiden sich die Menschen. Da sind welche, die halten es mit dem Vogel Strauß und stecken den Kopf in den Sand und wollen nichts wissen.
    Aber andere haben eine Neigung, ihr Geschick immer
    vor sich zu sehen und sich mit ihm einzuleben. Sie
    wissen genau, den und den Tag sterb' ich, und sie
    lassen sich einen Sarg machen und betrachten ihn
    fleißig. Und die beständige Vorstellung des Todes
    nimmt auch dem Tode schließlich seine Schrecken.
    Und sieh, Lanni, so will ich es auch machen, und das Bild soll mir dazu helfen... Denn es ist erblich in un-serm Haus... und so gewiß dieser Zeiger...«
    »Aber Ezel«, unterbrach ihn Melanie, »was hast du
    nur? Ich bitte dich, wo soll das hinaus? Wenn du die Dinge so
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