Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel
Autoren: Lukianenko Sergej
Vom Netzwerk:
von draußen den Anschein hat. Hier stellt sich die Laube als riesiger Pavillon dar, mit einem Becken in der Mitte, in dem funkelnde Fische träge ihre Bahnen ziehen. Neben einem Tisch stehen zwei Sessel. Überall gibt es Blumen, deren Duft ich mit der Zeit sogar wahrnehme.
    Außer mir ist hier sonst niemand.
    Dann wollen wir mal warten. Ich setze mich in einen der beiden Sessel.
    Vor meine Augen schiebt sich ein zarter Schleier – womit ich allerdings gerechnet habe. Sie sondieren jetzt meinen Verbindungskanal, denn sie wollen herauskriegen, woher ich komme, wie viel Daten ich pro Sekunde empfangen und weiterleiten kann, welche Programme ich dabeihabe …
    Na, dann viel Spaß! Euch erwarten sechs Router, die ich nur heute benutzt habe. Einer reicht die Datenpakete an den nächsten weiter, und keiner von ihnen ist leicht zu knacken. Am Ende landet dann alles bei einem bezahlten Gateway in Österreich, über den ich in den virtuellen Raum gelangt bin.
    Sicher, ich habe Spuren hinterlassen – nur führen sie ins Nichts.
    Sie können die Verbindung natürlich auch jederzeit unterbrechen und mich aus dem Viertel werfen. In dem
Fall würden sich aber alle Programme, die ich bei mir habe, sofort schließen. Dann hätten sie nicht mehr viel, das sie untersuchen könnten. Darauf sind sie aber erpicht, und zwar extrem, das bezweifle ich nicht im Geringsten.
    »Der erste Router ist identifiziert «, teilt mir Windows Home mit.
    Das ging schnell. Ich schüttle den Kopf – und danach ist der Sessel mir gegenüber plötzlich nicht mehr leer.
    Herr Friedrich Urmann hält nichts von arabischer Tracht. Er trägt Shorts und ein Hemd mit Blumenmuster. Ein älterer Mann, sehnig, ernst.
    »Guten Tag …«, begrüßt er mich. Auf Russisch. Doch seine Stimme klingt unnatürlich, durch das Übersetzungsprogramm verzerrt. »… Diver.«
    Das also ist der Grund für die hohe Ehre.
    »Ich fürchte, da irren Sie sich, Herr Direktor.«
    »Als wir vor einem halben Jahr die Brücke gebaut haben, haben wir dabei nur ein Ziel vor Augen gehabt, Herr Diver. Jemanden wie Sie zu entdecken. Ein Mensch, der sich im virtuellen Raum befindet, könnte diese Brücke nämlich nie überqueren.« Urmann deutet ein Lächeln an. »Ich sehe zum ersten Mal einen echten Diver.«
    Eins zu null. Gegen mich.
    »Und ich sehe zum ersten Mal einen echten Multimillionär. Damit hat unser Gespräch also bereits erste Früchte getragen.«
    »Der zweite Router ist identifiziert«, raunt Windows Home.

    Urmann runzelt die Stirn: Anscheinend erhält er die gleiche Mitteilung. »Verzeihen Sie, aber über wie viele Computer sind Sie eigentlich hierhergekommen?«, fragt er mich.
    »Ich habe sie nicht gezählt, tut mir leid.«
    Urmann zuckt die Achseln. »Wie soll ich Sie nennen?«
    »Iwan Zarewitsch.«
    Eine kurze Pause, dann ein Lächeln. Man hat ihm das Ganze erklärt.
    »Oh, ein russischer Märchenheld! Sie sind Russe?«
    »Spielt das etwa eine Rolle?«
    »Nein, natürlich nicht … Herr Diver, wie die Dinge liegen, sind Sie illegal in unser Viertel eingedrungen …«
    »Ach ja?«, entgegne ich erstaunt. »Ehrlich gesagt, suche ich Arbeit. Und als ich Ihre Anzeige gelesen habe, bin ich einfach über die Brücke gegangen … Aber dann habe ich doch gemacht, was diese merkwürdigen Wachposten von mir verlangt haben.«
    Eins zu eins.
    »Ja, ja, schon gut.« Friedrich Urmann fegt meinen Einwand buchstäblich beiseite. »Wir wollen Ihnen daraus gar keinen Strick drehen, Herr Diver. Selbst die etwas befremdlichen Dinge, die Sie bei sich haben …«
    Langsam und theatralisch leere ich meine Taschen. Ein Kamm, ein Taschentuch, ein kleiner Spiegel. »Bitte sehr. Wollen Sie das Schwert auch noch haben?«
    »Ich bitte Sie, wozu denn das?« Urmann winkt bloß ab. »Keiner von uns will ja wohl ein Gemetzel, oder? Lassen Sie uns also in aller Ruhe miteinander reden.«
    »Der dritte Router ist identifiziert.«

    »Nur schade, dass uns immer weniger Zeit für dieses Gespräch bleibt«, erwidere ich und seufze.
    »Wohl wahr, daran fehlt es ja immer. Also, Herr Diver, ich habe Grund zu der Annahme, dass einige Personen an verschiedenen unserer neuen Produkte interessiert sind. Diese Personen haben sogar einen Diver angeheuert … der die fremden Früchte ernten soll.«
    »Die Äpfel«, konkretisiere ich.
    »Ganz genau. Wir beschäftigen einen hervorragenden russischen Programmierer, der für unsere geschützten Daten ein sehr schönes Design gefunden hat.« Urmann klatscht in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher