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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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Maschine. Er kam lange nicht heraus, man hörte, wie er mit dem Hammer klopfte, wie er etwas abschraubte, schweißte, lötete, wie er herumlief, über die blechernen Stufen polterte, einmal ins sechste Stockwerk, einmal in das achte, dann gleich nach unten raste. Er ließ den Strom laufen, bis es zischte und den Funkenstrecken lila Schnurrbärte wuchsen. So plagte er sich zwei Stunden, bis er vollgerußt, aber zufrieden, wieder an die frische Luft kam, sein Werkzeug zusammenlegte, die Schürze auf die Erde warf, sich Gesicht und Hände rieb und im Weggehen, gewissermaßen um seine Ruhe zu haben, fragte: »Wieviel ist zwei plus zwei?«
    »Sieben!« erwiderte die Maschine.
    Trurl fluchte schauderhaft, aber es war nichts zu machen – wieder begann er darin zu bohren, reparierte, knüpfte Leitungen, lötete, stellte um, und als er zum drittenmal erfuhr, daß zwei plus zwei sieben sei, setzte er sich verzweifelt auf die unterste Stufe der Maschine und saß so, bis Klapauzius erschien. Der fragte Trurl, was los sei, denn er sehe aus, als sei er soeben von einer Beerdigung zurückgekehrt, und Trurl schilderte seine Sorgen. Klapauzius kroch mehrere Male in die Maschine, suchte dies und das zu verbessern, fragte, wieviel zwei plus eins sei, und bekam die Antwort: sechs; eins plus eins betrug nach ihrer Vorstellung null. Klapauzius kratzte sich am Kopf, räusperte sich und sagte: »Mein Freund, da ist nichts zu machen, man muß der Wahrheit ins Auge sehen. Du hast eine andere Maschine gebaut, als du gewollt hast. Immerhin hat jede negative Erscheinung auch ihre positive Seite, zum Beispiel diese Maschine hier.«
    »Da bin ich aber neugierig«, erwiderte Trurl und versetzte dem Fundament, auf dem er saß, einen Fußtritt.
    »Hör auf«, sagte die Maschine.
    »Da siehst du, empfindlich ist sie. Also … was wollte ich nur sagen? Es ist zweifellos eine dumme Maschine, aber das ist keine gewöhnliche, durchschnittliche Dummheit, o nein. Es ist, wie ich sehe, und ich bin, wie du weißt, ein vortrefflicher Spezialist, es ist die dümmste vernunftbegabte Maschine auf der ganzen Welt, und das will etwas heißen! Sie absichtlich zu bauen, wäre gar nicht einfach, im Gegenteil, ich glaube, es würde niemandem gelingen. Sie ist nämlich nicht nur dumm, sie ist auch stur wie ein Hauklotz, das heißt, sie hat Charakter, wie er übrigens Idioten eignet, denn die sind gewöhnlich schrecklich verbohrt.«
    »Hol der Teufel so eine Maschine!« sagte Trurl und gab ihr einen zweiten Fußtritt.
    »Ich erteile dir eine ernste Warnung, hör auf!« sagte die Maschine.
    »Da, bitte, da hast du schon eine ernste Warnung«, kommentierte Klapauzius trocken. »Du siehst, sie ist nicht nur empfindlich, sie ist auch stumpfsinnig und hartnäckig, sie ist auch leicht zu beleidigen, und mit so vielen Merkmalen läßt sich manches erzielen, hoho, laß dir das gesagt sein!«
    »Na schön, aber was soll ich mit ihr anfangen?« fragte Trurl.
    »Freilich, es fällt mir in diesem Augenblick schwer, darauf eine Antwort zu geben. Zum Beispiel könntest du eine Ausstellung machen, mit Eintrittsgeld und mit Eintrittskarten, damit jeder, der Lust hat, sich die dümmste vernunftbegabte Maschine auf der Welt ansehen kann. Wie viele Stockwerke hat sie denn – acht? Ich bitte dich, solch einen Idioten hat bisher niemand gesehen. Diese Ausstellung wird dir nicht nur die Kosten ersetzen, sondern auch …«
    »Laß mich zufrieden, ich mache Ausstellungen nicht mit!« entgegnete Trurl, stand auf, und da er sich nicht bändigen konnte, versetzte er der Maschine noch einen Fußtritt.
    »Ich erteile dir die dritte ernsthafte Warnung«, sagte die Maschine. »Ich will nicht weiterrechnen. Ich verweigere die Antwort auf Fragen aus dem Bereich der Mathematik.«
    »Sie verweigert! Seht sie an!« rief Trurl ärgerlich und zutiefst betroffen. »Nach der Sechs kommt die Acht bei ihr, verstehst du, Klapauzius, nicht die Sieben, sondern die Acht! Und sie hat die Stirn, eine solche Ausführung mathematischer Aufgaben zu verweigern. Da hast du’s! Da! Da! Willst du noch mehr?«
    Hierauf fing die Maschine an zu zittern und versuchte, ohne auch nur ein Wort zu verlieren, sich mit aller Macht von ihrem Fundament loszureißen. Sie lag tief, also verbogen sich zahlreiche Träger, doch schließlich kroch sie aus der Grube, in der nur zerbröckelte Betonklötze mit den herausragenden Armierungsstäben zurückblieben, und rückte wie eine schreitende Festung gegen Klapauzius und Trurl vor.
    Der
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