Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
Vom Netzwerk:
mehr geben«, erwiderte die Maschine gleichgültig. »Ich habe nur deinen Befehl ausgeführt oder besser gesagt, ich war im Begriff ihn auszuführen …«
    »Ich habe dir befohlen, Nichts zu schaffen, aber du … du …«
    »Klapauzius, entweder bist du wirklich ein Dummkopf oder du tust nur so«, sagte die Maschine. »Hätte ich das Nichts sogleich, mit einem einzigen Schlag, geschaffen, so hätte ja alles aufgehört zu existieren, sowohl Trurl als auch der Himmel, das Universum und deine Person – ja sogar ich selbst. Und wer könnte in diesem Fall und vor allem wem könnte er sagen, daß ich deinen Befehl korrekt ausgeführt habe und daß ich eine höchst effiziente Maschine bin? Wenn es aber niemand niemandem erzählen könnte, wie sollte ich dann, zumal es mich ja auch nicht mehr gäbe, den mir gebührenden Ruhm erlangen?«
    »In Ordnung, reden wir nicht mehr davon«, sagte Klapauzius.
    »Ich will ja auch nichts mehr von dir, nur bitte, liebe Maschine, schaff mir meine Phantolemchen wieder her, denn ohne sie macht mir das Leben keinen Spaß …«
    »Aber das kann ich nicht, die fangen doch mit p an«, sagte die Maschine. »Natürlich, wenn du Wert darauf legst, kann ich Niedertracht, Nausea, Nonsens, Nekrophilie, Neuralgie, Neid und Niederlagen wiederherstellen. Aber was die anderen Buchstaben anbelangt, so kann ich dir nicht helfen.«
    »Ich will aber meine Phantolemchen!« brüllte Klapauzius.
    »Nichts zu machen, Phatolemchen gibt’s nicht mehr«, sagte die Maschine. »Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert. All das ist dein Werk, mein beneidenswerter Freund! Ich glaube kaum, daß künftige Generationen dich dafür preisen werden …«
    »Vielleicht werden sie es nie erfahren … vielleicht bemerken sie es gar nicht …«, stotterte der bleichgewordene Klapauzius und starrte verstört in die schwarze Leere des Weltraums empor, wobei er tunlichst vermied, seinem Kollegen Trurl in die Augen zu schauen. Er ließ ihn neben der Maschine, die alles auf n konnte, zurück und schlich kleinlaut nach Hause – die Welt aber blieb bis auf den heutigen Tag vom schwarzen Nichts durchlöchert und sieht genau so aus wie damals, als Klapauzius ihre von ihm selbst befohlene Liquidation gestoppt hatte. Und weil alle späteren Versuche, eine Maschine auf einen anderen Buchstaben zu bauen, gescheitert sind, muß man ernstlich befürchten, daß es so wunderbare Wesen wie Kamikätzchen und Phantolemchen nie wieder geben wird – nein, bis ans Ende aller Tage nicht.
     
     
     
    Trurls Maschine
     
     
    Trurl, der Konstrukteur, baute einmal eine achtgeschossige vernunftbegabte Maschine, die er, als er mit der wichtigen Arbeit fertig war, zuerst mit weißem Lack bestrich; dann malte er die Ecken lila an, betrachtete sie von fern und fügte vorn noch ein kleines Muster hinzu, dort aber, wo man sich ihre Stirn zu denken hatte, gab er ihr einen kleinen apfelsinenfarbenen Tupfer und stellte, äußerst mit sich selbst zufrieden und leise vor sich hinpfeifend, sozusagen aus reiner Routine, die sakramentale Frage, wieviel denn zwei plus zwei sei.
    Die Maschine lief an. Zuerst flammten ihre Lampen auf, die Leitungen funkelten, die Ströme rauschten gleich Wasserfällen, die Kopplungen summten, dann begannen die Spulen zu glühen, es schwirrte und rasselte, es dröhnte und hallte im ganzen Tal, daß Trurl schließlich der Gedanke kam, er werde ihr einen besonderen Denkdämpfer anfertigen müssen. Die Maschine indes arbeitete weiter, als müßte sie das schwierigste Problem im ganzen Kosmos lösen; die Erde bebte, der Sand rutschte ihr vom Vibrieren unter den Füßen weg, die Sicherungen schossen wie Korken aus den Flaschen, und die Relais barsten vor Anstrengung. Endlich, als Trurl bereits Mißbehagen von diesem Getöse empfand, hielt die Maschine plötzlich inne und sagte mit Donnerstimme: »Sieben!«
    »Nein nein, meine Liebe!« versetzte Trurl obenhin. »Auf keinen Fall, es ist vier, sei so gut und berichtige dich! Wieviel ist zwei plus zwei?«
    »Sieben«, erwiderte unverzüglich die Maschine.
    Trurl seufzte und mußte sich wohl oder übel die Arbeitsschürze wieder umlegen, die er bereits abgenommen hatte, krempelte die Ärmel hoch, öffnete die untere Klappe und kroch in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher