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Kuss des Apollo

Titel: Kuss des Apollo
Autoren: U Danella
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eine hübsche Szene.«
    »Ein komischer Film müsste das sein«, murmelte Sebastian.
    »Ja, genau. Komisch und unterhaltsam. Ich weiß, ich weiß, Unterhaltung ist immer noch ein Schimpfwort. Es gibt so genannte E-Musik und U-Musik. E-Literatur und U-Literatur. Kategorisch getrennt. Eine deutsche Besonderheit. Das Publikum und die Leser sollen sich gefälligst langweilen und sich nicht unterhalten fühlen.« Will nahm sich einen kleinen Löffel von dem Rotkraut, das sich in einer kleinen Schüssel neben seinem Teller befand. Das war eine Spezialität von Jana: lieber eine Schüssel zu viel auf dem Tisch als eine zu wenig.
    Sie sagte: »Wenn du bestellst, musst du verlangen, dass man dir das Kraut und die Soße jeweils in einem Schüsselchen extra serviert. Dann kannst du mischen, wie du willst, und hast nicht von vornherein eine unüberschaubare Pampe auf dem Teller.«
    Hier nun lachte Herbert. Sie aßen gut; und wie immer, wenn Will bei ihnen am Tisch saß, war es unterhaltsam. Er schickte einen liebevollen Blick über den Tisch zu seiner Frau. Sie spürte das und lächelte ihm zu.
    »Kann ich ja mal versuchen«, sagte Will. »Aber heutzutage ist dieser Tellerservice überall in Mode. Spart wohl Personal.«
    Jana war versucht zu fragen: Und wie serviert deine Frau das Essen? Aber das wäre boshaft gewesen, sie wusste, dass Elfriede Loske nicht gern kochte, am liebsten gar nicht. Ente gab es bei ihr jedenfalls nie.
    »Ich kann dir einen Rat geben«, sagte Jana. »Du bist doch gern auf Sylt.«
    »Sehr gern, das wisst ihr ja. Anfang September habe ich mir eine Woche gegönnt. Ehe ich nach Amerika musste. Da drüben kann man das Essen komplett vergessen.«
    »Es gibt in Keitum ein Lokal, das heißt Karsten Wulff. Kennst du das?«
    »Nee, kenne ich nicht.«
    »Dort bestellst du dir das nächste Mal Ente. Sie ist kross gebraten, der Knödel kommt extra, das Rotkraut und die Soße auch.«
    »Darf nicht wahr sein.«
    Jana blickte befriedigt in die Runde, alle waren sie nun satt und machten zufriedene Gesichter.
    Und was war mit dem Gesicht, das ihr gegenüber saß?
    Jana lächelte. »Ich hoffe, Geri, es hat Ihnen auch geschmeckt.«
    Die Frau lächelte zurück.
    »Es war sehr gut«, sagte sie leise.
    Ihre Stimme klang heiser, wie verraucht. Und sehr ansehnlich war sie wirklich nicht. Das Haar fiel ihr lang und strähnig auf die Schultern, das Gesicht war zu stark geschminkt, wirkte verlebt, ihre Haltung war schlecht.
    Aber die Augen! Ihre Augen waren schön, das entdeckte Jana jetzt, denn bisher hatte diese Geri sie kaum angesehen. Sie schien zu spüren, dass sie nicht willkommen war.
    Ihre Augen waren groß, wirkten dunkel, obwohl sie graugrün waren, sie standen ziemlich weit auseinander; ein Zeichen von mangelnder Intelligenz, wie Jana wusste.
    Diese Weisheit hatte sie von ihrem Hausarzt. Der machte immer solche Beobachtungen und beurteilte die Menschen danach.
    »Entschuldigen Sie, dass ich Sie einfach Geri nenne. Aber so nennt Herr Klose Sie, nicht wahr?«
    Sebastian hatte sich nicht die Mühe gemacht, seine Begleiterin richtig vorzustellen, er hatte nur gesagt: »Das ist Geri.«
    Mit heiserer Stimme antwortete sie nun: »Mein Name ist vielleicht etwas umständlich. Ich heiße Geraldine.«
    »Habe ich damals gleich gesagt, dass das unpraktisch ist«, mischte sich Sebastian ein. »Als wir zusammen am Theater waren, habe ich ihr sofort einen neuen Namen verpasst. Geralda Bansa. Kommt besser an.«
    Jana empfand plötzlich Widerwillen gegen das Genie. Was maßte der sich eigentlich an?
    Doch ehe ihr eine passende Antwort einfiel, ergriff Will das Wort und bewies wieder einmal, wie klug und gebildet er war.
    »Geraldine«, sagte er, und es klang zärtlich, wie er den Namen aussprach. »Na, da hatte Ihre Mutter doch eine ganz bestimmte Person im Sinn, als sie Ihnen diesen Namen gab, Geraldine.«
    »Meine Mutter nicht. Mein Vater. Er ist Schauspieler. Genauso erfolglos wie ich. Und er bewundert Charlie Chaplin.«
    »Wer nicht«, sagte Will. »Er war einmalig. Geraldine heißt eine seiner Töchter. Erinnert ihr euch an
Dr. Schiwago,
die Verfilmung von Pasternaks Roman? Da hat sie mitgespielt.«
    Daraufhin entstand ein Schweigen am Tisch. Herbert nickte Jana zu, also erinnerte er sich an den Film. Jana dachte nach, das war in den Fünfziger- oder Sechzigerjahren gewesen, sie war mit ihrer Mutter in Hamburg in dem Film gewesen, ein Breitwandfilm, das Meer aus gelben Blumen fiel ihr plötzlich ein. Lara hieß die eine der Frauen
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