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Kuss des Apollo

Titel: Kuss des Apollo
Autoren: U Danella
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eine Zigarette an, lehnte sich zurück und wartete ab.
    »Ich habe immer noch nicht begriffen, warum du nach Hamburg fahren willst«, sagte Sebastian.
    »Ich sage ja immer, dass du bekloppt bist. Ich muss mit Papi über das alles sprechen. Zunächst hat er Tilla in einem Hotel untergebracht.«
    »In einem Hotel?«, fragte Frau Holm erstaunt.
    »Es wird nicht gerade das Adlon sein. Aber wenn sie sich erst bei uns eingenistet hat, werden wir sie nicht mehr los. Wir wollen morgen besprechen, wie es weitergehen soll. Wir können schließlich nicht stundenlang telefonieren.«
    »Morgen?«, fragte Sebastian.
    »Wir treffen uns morgen in Hamburg. Viel Zeit hat er nicht, weil bald Dreharbeiten beginnen. Ich werde gleich mit dem Atlantic telefonieren und mir ein Zimmer bestellen. Und morgen Vormittag fahre ich nach Hamburg.«
    »Ich kann dich ja fahren.«
    »Wozu denn? Du musst mit dem Auto über den Damm. Mit dem Zug geht es viel schneller.«
    »Aber ich könnte doch in Hamburg bei dir sein.«
    »Verdammt noch mal, Sebastian, nein. Ich will allein mit meinem Vater sprechen. Das musst du doch kapieren. Du bleibst bei Frau Holm, ihr geht morgen Abend schick essen, und übermorgen bin ich wieder da. Und keine Bange, Frau Holm, nächste Woche sind sie uns los.«
    Frau Holm nickte.
    »Ich denke, das ist klug. Sobald sein Vater aus Amerika zurück ist, wird Alexander hier aufkreuzen. Länger kann ich ihm das nicht ausreden.«
    Plötzlich lachte Sebastian.
    »Ich weiß gar nicht, warum wir einen Film drehen wollen. Wir machen hier doch gerade einen. Geraldine, Alexander und ich. Papi und Mami wieder vereint, aber lieber doch nicht. Wir haben doch Stoff genug. Odysseus nicht zu vergessen.«
    Geraldine lächelte.
    Er kannte diesen Film überhaupt nicht.
    Sie würde Thomas in Hamburg nicht treffen, das war wieder einmal geschwindelt. Sie wollte nur im Atlantic wohnen und an Frobenius denken. An diesen glücklichen Tag, an diese glücklichen Nächte. Sie wollte Abschied von ihm nehmen. Dazu brauchte sie weder Thomas noch Sebastian.
    Als sie am nächsten Abend am Fenster des Restaurants saß und auf die Alster hinausblickte, war sie erfüllt von einer Mischung aus Sehnsucht und Melancholie. Die Alster schimmerte heute nicht in leuchtenden Farben, sie lag grau und still, der Himmel war bedeckt.
    Das passt auch besser zu meiner Stimmung, dachte sie. Ich bin einfach sentimental. Aber warum kann ich nie einen Mann bekommen, den ich liebe?
    Sie dachte an Burckhardt, an Frobenius und ein wenig auch an Odysseus.
    Und es war eigentlich nicht zu verstehen, warum sie so viele Jahre wegen Sebastian gelitten hatte.
    Es ist nicht zu begreifen, dachte sie und blickte hinaus auf die Alster, auf der heute keine Segelboote kreuzten. Gerade fing es an zu regnen.
    Jetzt hatte sie ihn wieder. Nun sprach er ganz ernsthaft von Liebe, sogar von Heirat. Und nun war es ihr total gleichgültig.
    Später saß sie in der Halle, trank Whisky und blickte immer wieder hinüber zur Bar, ob nicht jemand herauskäme wie unlängst dieser Harald.
    Ab und zu kamen Leute, eine Dame, ein Herr. Geschäftsleute. Dann zwei Japaner.
    Es war ja nicht gesagt, dass Harald doch nicht er war. Er konnte in jeder beliebigen Figur auftreten. Als Journalist, als Schauspieler, als Spaziergänger im Grunewald, als Fußgänger, der über die Straße ging.
    Sie konnte ihn in jedem Mann sehen.
    Ich bin verrückt, dachte sie.
    Sie nickte ein wenig, der Kellner kam an ihren Tisch, und sie bestellte noch einen Whisky, es war der dritte.
    Man hatte ihr das gleiche Appartement gegeben, in dem sie das letzte Mal gewohnt hatte.
    Also würde sie jetzt ins Bett gehen und noch eine Weile an Frobenius denken.
    Morgen würde sie Sebastian anrufen und ihm erklären, wann sie zurückkommen würde und dass er sie in Westerland abholen solle. Und sie würde nicht länger schwindeln. Sie würde sagen, ihr Vater sei nicht gekommen, es habe sich an seinen Terminen etwas geändert. Auf jeden Fall aber würde sie morgen Vormittag noch einmal zu den Landungsbrücken fahren, den gleichen Weg gehen, den sie mit Frobenius gegangen war, bis hinaus zu dem Schiff. Bis zu der Fähre
Prinz Hamlet
, die nach England fuhr. Dann zurück nach Sylt, alles einpacken, was sie dort noch hatte, Abschied nehmen von Frau Holm. Und von Nelson, das würde ihr besonders schwer fallen.
    Sie musste die Sache mit Tilla und ihrem Vater klären. Thomas bei Leonie, Tilla in der Schumannstraße? Nein, entschied sie. Die Wohnung blieb ihre
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