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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Andererseits war die Gelegenheit natürlich günstig, es auf diese Weise zu tun.
    »Wieso hat’s der Büttner eigentlich plötzlich so eilig?«, fragte sie unvermittelt, woraus Sander schloss, dass sie das Thema insgeheim noch immer beschäftigte.
    »Er will seine Sache halt zum Abschluss bringen«, gab er sich einsilbig. Mehr, als dass dieser Büttner hobbymäßig an einer Dokumentation zur aktuellen Energiesituation arbeitete, wusste er auch nicht. Und dass dazu natürlich die Wasserkraft gehörte, die gerade in Norwegen einen hohen Stellenwert hatte, war klar. Immerhin deckte das Land damit 98 Prozent seines Energiebedarfs. Und längst belieferte es sogar andere Teile Europas. Sander hatte davon gehört, dass entsprechende Seekabel verlegt wurden.
    Doch darüber wollte er jetzt nicht sprechen. Sie hatten Urlaub – und außerdem hielt ihm Doris ohnehin oft genug vor, viel zu sächlich zu sein und nur über Geschäftliches zu reden. Das wollte er nun nicht wieder herausfordern. Die Sache in Kongsberg durfte deshalb auch allenfalls zwei Stunden in Anspruch nehmen.
    »Dieser Büttner«, blieb Doris jedoch hartnäckig, »der ist aber schon okay, oder?«
    Sander stutzte, sah sie verwundert an und hielt inne, als er die Kaffeetasse zum Mund führen wollte. »Ja, natürlich. Wie kommst du denn drauf, dass er es nicht sein sollte?«
    Sie zögerte. »Weil er gestern Abend gesagt hat, du sollst gut auf dich aufpassen.«
     
    *
     
    Der Mann am Peetschsee hatte den blauen Plastiksack zerknüllt auf die Ladefläche geworfen und dort auch seine nassen Anglerstiefel und den leeren Kartoffelsack verstaut. Als er sich hinters Steuer zwängte, spürte er den Schweiß unter seiner olivgrünen Schildmütze. Trotz des kühlen Morgens war es ihm heiß geworden. Während er den Motor startete, warf er noch einmal einen prüfenden Blick nach links auf den sandigen Untergrund, um sicherzustellen, dass er nichts hinterlassen hatte. Dann vergewisserte er sich, ob er unbemerkt in den Forstweg einbiegen konnte. Zu seiner Zufriedenheit bewegte sich dort nichts. Er hatte auch gar nichts anderes erwartet ob der frühen Stunde. Langsam fuhr er den Geländewagen die paar Meter aus der sandigen Fläche zum befestigten Weg, um schließlich vorsichtig zu beschleunigen. Er holte tief Luft, warf noch einen letzten prüfenden Blick in den Rückspiegel und versuchte, sich auf die kommenden Stunden zu konzentrieren. Er brauchte Kraft und Ausdauer. Links von ihm zogen die roh belassenen Holzstämme vorbei, die waagrecht auf Pfosten lagen und als Geländer den Fahrweg von dem dichten Bewuchs begrenzten. Nur einmal wurden sie von einer freien Stelle unterbrochen, die als ›Löschwasserentnahmestelle‹ gekennzeichnet war.
    Der Mann begrenzte mit dem Tempomat die Geschwindigkeit auf 40 Stundenkilometer. Frische Waldluft kühlte seine Stirn. Den Geruch unzähliger Stauden und Gräser, nach Tannen und Holz, empfand er als beruhigend. Nach wenigen Minuten führte der Weg aus dem Waldgebiet hinaus und traf auf eine Asphaltstraße. Der Geländewagen bog ohne anzuhalten nach links ein, wo bereits die ersten Häuser und der Sendemast von Wesenberg auftauchten. Am Ortsrand warf der Mann einen kurzen Blick auf die landwirtschaftliche Anlage, die sich rechts der Straße entlangzog und wo in großem Stil Puten und Gänse gezüchtet wurden, wie er sich einmal hatte sagen lassen. Links deutete ein Hinweisschild auf den ›Findlingsgarten‹ hin. Von seinem letzten Besuch wusste er, dass dort verschiedene Steinarten ausgestellt und erläutert wurden. Außerdem gab es interessante Hinweise zum alljährlichen Storchenzug. Wesenberg schien an diesem Freitagmorgen noch zu schlafen. Er war zufrieden und entschied sich, so schnell wie möglich diese Gegend zu verlassen und die Autobahn anzusteuern. Unterwegs würde es in einer der autobahnnahen Städte sicher Gelegenheit geben, durch eine Waschanlage zu fahren. Außerdem konnte er auf einem Parkplatz die beiden Säcke in Mülleimern verschwinden lassen.
    Er war zwischen Wesenberg und Neustrelitz rechts über eine Querverbindung zur B 96 abgebogen, vorbei an Klein Trebbow. Die Bundesstraße führte südlich durch die weiten Wälder des Naturparks Feldberger Seenlandschaft auf Fürstenberg zu. Zum ersten Mal an diesem Morgen kamen ihm einige Fahrzeuge entgegen, doch obwohl es mittlerweile kurz vor 7 Uhr war, hielt sich der Verkehr weiterhin in Grenzen – wie überall in diesem dünn besiedelten Landstrich. Der Mann am Steuer
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