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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz
Autoren: Leena Lehtolainen
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kleine Einbrüche oder betrunkene Mopedfahrer. Leichte Verwaltungsarbeit, Genehmigungen und dergleichen. Vielleicht war das wirklich leicht für ihn, nach zehn Jahren im Job. Aber ich wusste über die Abläufe im Amtsgebäude nicht so ganz Bescheid und kannte auch nicht mehr alle Honoratioren am Ort. Deshalb musste ich doppelt schuften. Als Ortspolizeidirektorin war ich eine Art Müllhalde der Kommunalverwaltung und, von Pfändungen angefangen, für alles Mögliche zuständig.
    Als ich über die Hauptstraße von Arpikylä zum Amtsgebäude zurückging, kam mir mit langen Schritten eine Frau entgegen, die ich beinahe gegrüßt hätte, obwohl wir uns nicht persönlich kannten. Seit sie im letzten Sommer bei der Weltmeisterschaft im Speerwurf Silber gewonnen hatte, gehörte Kaisa Miettinen zu den Dauerpromis. Ich wusste, dass sie Johnnys Kusine war, sechs Jahre jünger als ich und eine-irrsinnig talentierte Speerwerferin. Sie wurde als Favoritin für die Europameisterschaft in diesem Sommer gehandelt.
    Zu meiner Überraschung nickte Kaisa mir zu und lächelte schüchtern. Ich lächelte zurück und lief die letzten Meter zu meinem Arbeitsplatz. Das neue Amtshaus war vor ein paar Jahren gebaut worden, weil die alte Polizeistation nicht mehr ausreichte. Das Dienstzimmer des Ortspolizeidirektors war hell und geräumig, an der Wand hing noch das Bild von Expräsident Mauno Koivisto. Ich überlegte, ob ich irgendwie aktiv werden müsste, um es gegen das seines Nachfolgers austauschen zu lassen. Allerdings kam es mir völlig blöd vor, dass im Dienstzimmer jedes kleinen Beamten in jedem Kuhdorf das Bild des Präsidenten hängen musste. Sollte es daran erinnern, dass der große Bruder wacht? Vielleicht war das unter Präsident Kekkonen tatsächlich der Fall gewesen.
    Mit dem Jäger wurde ich ohne größere Schnitzer fertig. Zum Glück war der Rektor an meinem Gymnasium ein leidenschaftlicher Jäger gewesen, der regelmäßig die Schule schwänzte, wenn die Enten-und die Elchjagd eröffnet wurden. An den beiden Tagen durften auch die Schüler schwänzen, ich konnte mich also bestens an die Termine erinnern. Außerdem hatte der Mann eigentlich gar kein Anliegen. Wahrscheinlich wollte er nur mal sehen, wie sich eine Frau im Sessel des Polizeidirektors von Arpikylä ausmachte.
    Unsere Bürokraft Hilkka, die einzige Frau unter dem fest angestellten Personal der Polizeistation, brachte mir ein Bündel Pässe und Führerscheine zum Unterschreiben. Keiner dabei, den ich kannte ‐ die, die jetzt ihren Führerschein machten, waren über zehn Jahre jünger als ich und mir völlig unbekannt. Jetzt würden sie bald stolz auf der Hauptstraße von Arpikylä auf-und abkreuzen und zwischendurch vor der Imbissstube parken, um die Passanten zu beobachten.
    Die Freizeitmöglichkeiten, die die Kleinstadt ihren Jugendlichen bot, waren in den letzten zwölf Jahren kein bisschen interessanter geworden.
    Das Telefon schrillte.
    «Koivu hier, hallo. Erinnerst du dich an die Einbruchserie im letzten Monat, Ferienhäuser in Nordkarelien. Ihr hattet auch ein paar, in Juojärvi. Wer hat das bei euch nochmal bearbeitet?»
    «Na, die Auswahl ist ja nicht groß.» Arpikylä hatte acht Polizisten, zwei bei der Kripo und sechs bei der Schupo. «Das war Antikainen. Er ist gerade im Haus.»
    «Kannst mich gleich mit ihm verbinden. Noch was. Ehm … weißt du vielleicht, welche Größe Anita in dieser englischen Skala haben könnte, also mit Größe zehn und zwölf und so ? »
    «Was hast du denn vor?» Pekka Koivu war in Helsinki beim Dezernat Gewaltkriminalität mein Kollege gewesen. Nach meinem Weggang waren wir in Verbindung geblieben, und ich war traurig, als er zu seiner Freundin Anita nach Joensuu zog. Er hatte die Nase voll von der immer chaotischeren Situation bei der Helsinkier Polizei und von seinem versoffenen Chef, der aus irgendeinem Grund absolut nicht aus dem Amt zu kriegen war.
    «Anita hat nächste Woche Geburtstag, und ich wollte ihr ein Nachthemd schenken … »
    «Warum fragst du nicht die Verkäuferin?» Koivu schwieg. Mir dämmerte, um welche Art von Nachthemd es sich handelte. «Warte mal, Anita ist ziemlich groß, aber schlank … Größe zehn, denk ich. Bist du sicher, dass Anita so was gefällt?»
    «Na, sie beklagt sich immer, dass sie keine solchen Fummel hat wie die Frauen im Fernsehen.»
    «Du musst ja wissen, was du tust. Aber Koivu ‐ nichts Schwarzes. Weiß passt besser zu Anita.»
    Wir verabredeten uns für nächste Woche bei mir
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