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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz
Autoren: H Nygaard
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die gemeinsame Tochter. Kurz vor der
Geburt des Mädchens hatte die Familie Lüders aufregende Tage durchzustehen
gehabt, als machtvolle Gegner auch nicht vor der Bedrohung der Kinder und der
schwangeren Margit zurückgeschreckt waren. Umso mehr hatten sich alle über den
munteren Nachwuchs gefreut.
    »Hallo, Herr Lüders«, wurde er aus seinen Gedanken
gerissen, die sich auf den Kinderlärm konzentrierten, der aus den oberen Räumen
des Hauses scholl.
    »’n Abend, Frau Mönckhagen«, begrüßte Lüder die
hilfsbereite Nachbarin. Die ältere Frau fasste sich ins Kreuz und tauchte aus
ihrem Vorgartenbeet auf.
    »Ist das nicht ein herrliches Wetter?«, fragte die
Frau. »So mögen wir es haben. Ich hoffe, dass die bösen Buben, denen Sie
nachjagen, das auch zu schätzen wissen und Ruhe geben.« Die rundliche Frau
zeigte zum strahlend blauen Himmel. »Wer begeht bei solchem Kaiserwetter schon
Untaten? Haben Sie nun endlich ein freies Wochenende und können es mit der
Familie genießen? Die ist ja wirklich niedlich, die Lütte. Es ist doch schade,
wenn man als Vater nichts davon hat, wenn die Kinder größer werden. Lassen Sie
es sich gesagt sein: Die Zeit vergeht viel zu schnell.«
    Lüder winkte Frau Mönckhagen freundlich zu.
    »Danke, alles bestens. Wenn alle Tage so ruhig vergehen
wie heute, dann sind wir von der Polizei bald arbeitslos.«
    »Das wäre schön«, warf die Frau Lüder hinterher, als
dieser schon sein Haus betrat.
    Margit war so sehr mit Haushalt und Kindern
beschäftigt, dass sie gar keine Zeit fand, ihn nach den Ereignissen seines
Arbeitstages zu befragen. Entsprechend lebhaft verlief auch das gemeinsame
Abendessen. Danach glaubte Lüder, im Wohnzimmer ein ruhiges Plätzchen gefunden
zu haben. Hartnäckig versuchte er die lautstarke Musik einer Boygroup zu
ignorieren, die aus dem Obergeschoss herunterdrang. Viveka hatte mit ihren zehn
Jahren diese Art von Musik entdeckt. Jonas stritt sich mit seinem Bruder, wie
er Margits Sohn Thorolf selbstverständlich nannte. Für ihn waren ihre Kinder
seine Geschwister und Margit seine »Mama«. Dafür hatte er sich der Anredeform
der beiden Großen für Lüder angeschlossen und nannte seinen Vater beim
Vornamen.
    Lüder griff zur Fernbedienung und schaltete die
Tagesschau ein, als Margit ins Zimmer trat und ihm die Kleine in den Arm
drückte.
    »Sie muss gleich ins Körbchen«, sagte Margit. »Vorher
darf sie aber noch ein bisschen mit dem Papi kuscheln.«
    Sinje räkelte sich auf seinem Arm, versuchte, an
seiner Nase zu ziehen, und war lebhaft darum bemüht, auf die Beine zu kommen.
Seitdem sie selbst mit unsicherem Schritt laufen konnte, war sie kaum zu
bändigen.
    Mit einem halben Ohr nahm Lüder den Tagesschausprecher
wahr, der mit einem Halbsatz von einem Briefbombenattentat in
Schleswig-Holstein berichtete.
    »Nähere Einzelheiten hierzu sind noch nicht bekannt.
Unabhängig davon ist heute der Staatssekretär im Kieler Ministerium für
Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Windgraf, aus persönlichen Gründen
zurückgetreten. Dublin: …«
    Lüder bekam nicht mit, was sich in der irischen
Hauptstadt ereignet hatte, weil sein Diensthandy einen schrillen Ton
absonderte. Er wollte aufstehen, wurde aber durch seine Tochter daran
gehindert. Jonas war schneller. Blitzschnell hatte er sich das mobile Telefon
gegriffen und war auch durch Lüders Rüge nicht davon abzuhalten, das Gespräch
anzunehmen.
    »Hier ist Kalle Blomquist«, meldete er sich mit seiner
fröhlichen kindlichen Stimme. »Sind Sie ein Mörder und soll ich Sie fangen?«
Dann verfiel er in ein Kichern. Es dauerte eine Weile, bis er ein enttäuschtes
Gesicht machte und Lüder das Gerät in die Hand gab.
    »Eine Frau«, sagte er. »Die versteht aber keinen
Spaß.«
    Lüder meldete sich.
    »Dobermann«, vernahm er die Stimme der
Hauptkommissarin. »Ist es ein Privileg des höheren Dienstes oder des LKA s, dass Sie nach einem geregelten
Achtstundentag ein langes Wochenende genießen können?«
    »Sie haben doch eben mitbekommen, dass unsere ganze
Familie im Dienste der Gerechtigkeit aktiv ist. Mein Sohn hat Ihnen doch seine
Hilfe angetragen. Ich hoffe, Sie belangen mich jetzt nicht wegen Kinderarbeit.«
    Lüder hörte ein Räuspern in der Leitung, bevor Frauke
Dobermann sagte: »Tiefgreifende Erkenntnisse haben wir noch nicht gewinnen
können. Im Unterschied zu Ihnen haben wir aber einen möglichen Verdächtigen
ausfindig gemacht. Der Mann heißt …«
    »Harry Senkbiel und wohnt in Rendsburg«,
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