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Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten

Titel: Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten
Autoren: Jutta Profijt
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müssten Sie Ihre Produktivität
     um zwanzig Prozent steigern. Können Sie das?«
    Katrin blickte ihn fassungslos an. »Produktivität? Hören Sie, wir alle machen unsere Arbeit sehr gut, und wir alle haben Überstunden.
     Noch nie ist etwas liegen geblieben. Ich weiß nicht, was Sie mit Produktivität meinen,aber ich weiß, dass wir uns im Sektionstrakt unsicher fühlen. Und zwar alle Kollegen, nicht nur die Frauen.«
    Dass Martin als Erster die Hosen voll hatte, wunderte mich keineswegs.
    »Wissen Sie, das Unsicherheitsgefühl ist ja eher ein individuelles und im Allgemeinen auch unspezifisches Gefühl und hat vermutlich
     gar nicht in erster Linie etwas mit dem Arbeitsumfeld zu tun. Vielleicht sollten Sie mal darüber nachdenken, einen Kurs in
     Selbstverteidigung zu machen. Kann ja auch privat nicht schaden, nicht wahr?«
    Ich stellte mir vor, wie Katrin wohl in einem Judoanzug aussah und wie sie mit Karacho einen Trainingspartner über ihre Schulter
     hebelte und sich dann selbst auf ihn warf   … Ich würde mich ja sofort freiwillig als Übungspartner melden – egal, wie viele blaue Flecken das kostete.
    Forch hatte sich mittlerweile erhoben, streckte Katrin die Hand über den Schreibtisch entgegen und schüttelte ihre lang genug,
     um sich an dem von ihm eiskalt herbeigeführten Anblick zu weiden. Katrin versuchte, soweit ich das erkennen konnte, sich dem
     Griff zu entziehen, verabschiedete sich hastig und verließ den Kühlturm fast im Laufschritt. Sie stürmte an ihrem Gemeinschaftsbüro
     vorbei, streckte den Kopf hinein und sagte: »Besprechung in der Teeküche.« Dann eilte sie weiter, stieß die Tür zur Küche
     auf, griff sich die erstbeste Tasse, stellte sie unter den Heißgetränke-Auslass und drückte den Knopf für eine Pressplörre
     mit wohlklingendem, italienischem Namen.
    Ich war dabei gewesen, als der Automatenzwerg die Behälter aufgefüllt hatte, und wusste, was auf den Beuteln stand, aus deren
     Pülverchen die diversen Kaffeespezialitäten »frisch für Sie zubereitet« wurden: Milchpulver, Aroma, Emulgatoren E473 und E322,
     Stabilisatoren E407, E460 und E466, Zucker, Verdickungsmittel Carrageen, modifizierte Stärke, Säureregulatoren E500 und E332
     undSalz. Für die Kaffeespezialitäten gab es auch noch ein Beutelchen mit Kaffee-Extrakt, für die Schokoladengetränke gab es doch
     tatsächlich – Tusch! – Kakao. Zum Glück spuckte der Automat mit dem Getränk nicht auch noch den Beipackzettel aus.
    Mir wäre das natürlich auch egal gewesen, ich hattesolches Zeug früher literweise gesoffen und würde es auch heute noch gern
     tun. Allerdings gab es hier etliche Kollegen, die nur bio und vegan und acrylamidfrei und ohne Gentechnik und so weiter futterten,
     sich aber die Automatenbrühe hinters Zäpfchen gossen, als gäbe es kein Morgen mehr.
    Katrin hatte endlich eine Tasse mit einem dunklen Wischwasser und luftigem Industrieschaum darüber gefüllt und schlürfte ungeduldig
     und laut an dem Zeug herum. Langsam glättete sich die Gänsehaut auf ihren Armen. Der Rest noch nicht. Mir gefiel’s.
    Martin und Jochen kamen herein und blickten sie fragend an.
    »Sicherheit gibt es nur gegen zwanzigprozentige Produktivitätssteigerung«, zischte Katrin ihnen entgegen.
    »Die geile Sau hat das Kühlgerät auf fünfzehn Grad runtergedreht, damit Katrins Nippel sich aufstellen«, erklärte ich Martin
     feixend.
    Er wurde rot. »Nein!«, rief er aus.
    »Doch«, sagte Katrin.
    Martin wurde noch röter.
    »Und wie sollen wir unsere Produktivität steigern?«, fragte Jochen. »Sollen wir auf der Straße ein paar Leute totschlagen,
     damit wir zwei Leichen mehr haben pro Woche?«
    Klar, wie die Freiwilligen Feuerwehrmänner, die immer wieder ein kleines Streichhölzchen fallen lassen, um beim anschließenden
     Löschen zu beweisen, wie wichtig sie sind.
    »Wenn es keine Sicherheitsausrüstung gibt, werden wir unsere Leichen bald direkt vor der Tür aufsammeln können«, zischte Katrin.
     »Oder sogar gleich im Sektionstrakt.«
    »Na ja«, sagte Martin, »immerhin ist die Tür zum Sektionstrakt mit dem elektronischen Zugangskontrollsystem gut gesichert.«
    »Ich fühle mich trotzdem scheiße da unten«, maulte Katrin.
    »Ich ja auch«, gab Martin kleinlaut zu.
    Voll peino, wenn ein ausgewachsener Mann sich als jammernder Feigling zu erkennen gibt – und das auch noch vor einer Tussi.
     
    Eine Woche später, genau an meinem Geburtstag, hatte Martin gleich als Erstes eine Obduktion auf dem
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