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Kryson 05 - Das Buch der Macht

Kryson 05 - Das Buch der Macht

Titel: Kryson 05 - Das Buch der Macht
Autoren: Bernd Rümmelein
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Macht zu zügeln. Er hätte jeden, der ihm in die Quere gekommen wäre, auf der Stelle in Stücke gerissen.
    Von jeher war Saijrae die treibende Kraft unter den ungleichen Zwillingsbrüdern gewesen. Und doch gab Saijkal zu gerne den Ton in den heiligen Hallen an, spielte den Vernünftigen, den stärkeren und mächtigeren Bruder, den niemand –außer dem dunklen Hirten selbst – in seinen Worten, Taten und Entscheidungen anzweifeln durfte.
    Dabei hatte der dunkle Hirte einst ihren Plan ausgeheckt, Ulljan vollständig zu vernichten, sein Andenken auszulöschen und das Buch der Macht an sich zu nehmen. Er war es auch gewesen, der die stärksten Saijkalsan unterworfen und ihre Seelen an sich gebunden hatte. Der dunkle Hirte hatte sie auch wieder in die Verbannung geschickt, wenn er es für notwendig hielt. Nicht Saijkal hatte Quadalkar verflucht, sondern Saijrae waren im letzten Augenblick ihrer größten Not die verheerenden Worte des Blutfluches eingefallen, bevor er selbst und der weiße Schäfer in den ewigen Schlaf fielen, aus dem sie erst nach langer Zeit wieder erwacht waren. Und nicht aus eigener Kraft, wie sie beide sehr wohl wussten.
    »Ich werde nach Ell gehen und mich dort umsehen«, beschloss der dunkle Hirte, »das Nichtstun macht mich verrückt.«
    »Das bist du schon«, zog der weiße Schäfer seinen Bruder auf, »aber wenn du nicht von deiner Ungeduld lassen und die heiligen Hallen unbedingt verlassen willst, dann geh nach Fee. Sieh auf dem magischen Kontinent nach dem Rechten, aber überlasse Ell seinem Schicksal und meiner Umsicht. Ich werde über die Ereignisse wachen und dich rufen, wenn es so weit ist. Haisan und Hofna werden sich gewiss freuen, wenn sie dich sehen. Vielleicht können sie deine Unterstützung gebrauchen, um Fee und unser neues Heim auf unser Kommen vorzubereiten.«
    Die Augen des dunklen Hirten erweckten für einen kurzen Moment den Anschein einer freudigen Erregung oder unbestimmten Gefahr und spiegelten in ihrer Schwärze das kalte blaue Licht der heiligen Hallen wider.
    Die Einfälle seines Bruders konnten mitunter nützlich sein, gestand sich der dunkle Hirte ein. Saijrae hatte selbst noch nie einen Fuß auf Fee gesetzt und hegte schon seit längerer Zeitden Wunsch, den Kontinent mit eigenen Augen zu sehen. Am besten wäre es, er würde mit der dunklen Seite Fees anfangen. Dort – so hieß es – werde es niemals Tag, und er würde sich unerkannt und umgeben von Dunkelheit in Sicherheit fühlen.
    Endlich hatte er ein Ziel vor Augen. Er würde etwas Neues kennenlernen und erforschen dürfen. Das Schönste daran war jedoch, dass Saijkal ihm seinen Segen zu dieser Reise in das unbekannte Land gegeben hatte. Er brauchte die Erlaubnis seines Bruders nicht. Doch sie erleichterte sein Vorhaben, jedenfalls bildete er sich das ein. »Ich danke dir, Bruder«, sagte Saijrae. Saijkal horchte auf. Die Worte des dunklen Hirten überraschten ihn. Das waren gänzlich neue Töne. Er war es nicht gewohnt, dass sich der dunkle Hirte bei ihm bedankte.
    »Du musst mir nicht dafür danken, dass ich dir eine Dummheit durchgehen lasse«, antwortete Saijkal, »du solltest selbst wissen, was dir guttut und wie du dich in einer uns unbekannten Welt zurechtfindest. Aber vielleicht bekommt uns eine Trennung auf Zeit. Wenigstens wirst du dich auf Fee nicht alleine durchschlagen müssen. Haisan und Hofna werden für deine Sicherheit sorgen.«
    »Ich brauche keine Leibwächter!«, empörte sich der dunkle Hirte, »es verhält sich umgekehrt. Ich werde die beiden Versager beschützen.«
    »Wenn du meinst«, gähnte Saijkal, den das Gespräch plötzlich ermüdete, »ich rate dir, sieh dich vor und überschätze deine Kräfte nicht. Und nun pack dein Bündel und geh, bevor mir Zweifel an unserer Entscheidung kommen und ich es mir anders überlege.«

    *

    Fee war anders. Die Umgebung wirkte fremd auf den dunklen Hirten, als er seinen Fuß zum ersten Mal auf den magischenKontinent setzte. Es war dunkel, aber lange nicht so dunkel, wie er es erwartet hatte. Diese Dunkelheit war so rein, dass sie Saijrae die Tränen in die Augen trieb. Kein schmutziges Grau, das vom Licht getrübt wurde. Schwärzer als die Nacht, die er auf Ell kannte. Weder ein Mond noch die Sonnen Krysons waren zu sehen. Sein Körper warf keine Schatten und doch glaubte er alles deutlich erkennen zu können.
    »Eigenartig«, dachte er, » ist dies bloß eine Illusion oder sind das wahrhaft Farben, die ich in der Dunkelheit unterscheiden kann?
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