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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter
Autoren: Karlheinz Deschner
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Halbfreien gemacht, so daß die Güter bloß die Besitzer wechselten, die Hörigkeit erhalten blieb. Zahlreiche Menschen waren gefangen, verknechtet, an fränkische Sklavenhändler verkauft worden, viele verjagt. Auch vordem schon Unterdrückte, einheimische kleine Handwerker, Landarbeiter, bäumten sich auf, denunzierten, übten Lynchjustiz an den bisherigen Blutsaugern. Tausende kamen über Nacht um Hab und Gut.
    Die Reichen hatten sich ohnedies oft abgesetzt, nicht selten bis über die Alpen, auch die bekanntesten Bischöfe mehr auf die Flucht als auf den Herrn vertrauend. Der Patriarch von Aquileia, Paulinus, war mit all seinen Schätzen auf die Insel Grado, der Mailänder Erzbischof Honoratus, ebenfalls nebst Kasse und den meisten seiner Geistlichen, in die Reichsfestung Genua geflohen, Bischof Fabius von Firmum samt Kirchenschatz nach Ancona, Bischof Festus von Capua zum Papst, wo er bald starb. Auch Mönche von Monte Cassino eilten nach Rom, Kleriker von Venafrum nach Neapel, Meßgewänder und Kelche aus ihrer Kirche an einen Juden verkaufend; auch flüchtend und im Exil wollte man standesgemäß leben. In Sizilien, dem sichersten Refugium, wo besonders große Priesterscharen landeten, verhökerte man auch besonders viel Kirchengerät. Selbst ganze katholische Bistümer verschwanden, mindestens 42, nicht durch Verfolgung allerdings, sondern durch Verluste ihrer Güter, durch Hunger und Seuchen. 4

5. Kapitel

Die späteren Merowinger
    »... die Priester des Herrn mit ihren Gehilfen tötete man an den Altären der Kirchen selbst. Nachdem alle niedergemacht waren, daß keiner übrigblieb, der männlich ist, steckte man die ganze Stadt mit den Kirchen und den übrigen Gebäuden in Brand und ließ dort nichts zurück als den nackten Boden.«
    Bischof Gregor von Tours 1

    »Niemand regiert als nur die Bischöfe, unser Ruhm ist dahin ...«
    König Chilperich I. 2

Während der Unterschied zwischen Franken und Galloromanen allmählich schwand, aber nicht die unterschiedliche Gesetzgebung, blieben die äußeren Grenzen des Merowingerreichs, wie sie waren, und zwar bis zum Ende der Merowingerzeit. Gewiß gab es politische Verwicklungen, einige Attacken der Awaren in Thüringen, der Westgoten in Südfrankreich, auch ein paar fränkische Ausfälle, Raubzüge jenseits der Grenzen. Aber nicht mehr um Expansion nach außen ging es vor allem, um Erweiterung des Gesamtreiches, das Unterwerfen und Schröpfen fremder, ferner Nachbarn, sondern die Könige, vier wieder, und ihre vielen Nachfolger suchten ihren Besitz, ihre Teilreiche, auf Kosten der anderen Teilreiche zu vergrößern und diese nahezu ununterbrochen und auf jede Weise zu schädigen, zu schwächen; kurz, jeder erstrebte die Vorherrschaft.
    So kam es im späteren 6. und frühen 7. Jahrhundert, als fast alle Merowingerfürsten vorzeitig und gewaltsam starben, zu fortgesetzten Brutalitäten und Übergriffen großen Ausmaßes im Reich, wüteten fast unaufhörlich Bürger- und Beutekriege, immer neue Orte wurden eingeäschert, ganze Landstriche verheert, ungezählte Plünderungen, Verstümmelungen, Morde begangen, dazu kamen Seuchen, Hungersnöte. Die Bauern verkrochen sich in den Wäldern und raubten auf eigene Faust. Alle Mittel waren in diesem tobenden Hexenkessel den Kämpfenden recht, versprachen sie nur Aussicht auf Erfolg. 3

Die Chlodwig-Enkel
    Nach dem Ableben Chlotars I. wurde das Frankenreich in vier Teilreiche geteilt, nach dem frühen Tod seines ältesten Sohnes in drei, nach dem Tod seines zweiten Sohnes in zwei.
    Zunächst teilten 561, wie schon ein halbes Jahrhundert früher nach Chlodwigs I. Abtritt, vier Erben das Reich, Chlotars I. Söhne (nach dem Alter angeführt):
    Charibert I. von Paris, der schon Ende 567 starb, nachdem er seine Frau, Königin Ingoberga, verstoßen und sich mit den beiden Schwestern Meroflede und Marcovefa, einer Nonne, verbunden und in vierter Ehe Theodechilde, die Tochter eines Schafhirten, geheiratet hatte.
    Guntram von Orléans (561–592), der das frankoburgundische Teilreich abwechselnd von Chalons an der Saône und von Orléans aus regierte. Von ihm ist der erste mittelalterliche Befehl zur Sonntagsheiligung (588) erhalten. Auch hat er gelegentlich – so daß man ihn »für einen Bischof des Herrn hätte halten können« (Gregor) – Bettage, Fasten (nur Wasser und Brot), Nachtwachen befohlen und überhaupt die Kirche sehr beschenkt, angeblich sogar sich selbst kasteit, freilich auch Mätressen sich gegönnt. Seine
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