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Kreuzdame - Köln Krimi

Kreuzdame - Köln Krimi

Titel: Kreuzdame - Köln Krimi
Autoren: emons Verlag
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ermöglicht. Später war er an die Spitze einer Klinik für plastische Chirurgie gerückt und zählte bald zu den bestbezahlten Schönheitsoperateuren im Land. Dieser Umkehrung vom hilfreichen Doktor zum bewunderten Schönheitsmacher hatte ich fassungslos gegenübergestanden und seine plötzliche Hinwendung zu Geld, Macht und Berühmtheit nie wirklich verstanden.
    Die Röggelchen blieben beim Bäcker, das Fleisch fror ich ein. Karten würden wir heute wohl kaum spielen. Diesmal hatte ich wenigstens noch keinen Tisch gedeckt wie beim ersten Mal, als mich die Wegnahme des einen Gedecks mehr erregt hatte als Annas Verschwinden. Ich hatte es ihr sogar übel genommen, dass sie, wenn überhaupt, ausgerechnet an einem solchen Tag fortgehen musste, wo sie doch um die Mühe wissen musste, die wir uns damals noch mit den Menüs am Kartenabend machten.
    Es war Mai gewesen, ich hatte mich für Spargel als Hauptgang entschieden, fünf Kilo davon geschält, dazu junge Kartoffeln und selbst gerührte Sauce hollandaise, aber als ich schließlich die große Silberplatte aus dem alten Schrank hatte holen wollen, um diverse Schinkensorten und die Lachsscheiben daraufzulegen, war ich in die senkrecht aufstrebende Scherbe einer unbemerkt zerbrochenen Glaskaraffe geraten, und es hatte zwischen Zeigefinger und Daumen so heftig geblutet, dass es mir nur mit Mühe und den sparsamen Erinnerungen an die Lehren des vor Jahren absolvierten Erste-Hilfe-Kurses gelungen war, ins Bad zu eilen, einen festen Verband darum zu wickeln und die Hand hochzustrecken, um den Blutfluss zu stoppen. Gleichzeitig hatte ich dem Himmel gedankt, dass das Missgeschick erst jetzt passiert war, als Kartoffeln und Spargel geschält, die Soße gerührt und der Tisch gedeckt waren.
    Und da war der Anruf von Klaus gekommen: Anna hatte ihn verlassen. Anschließend hatte ich mich trotz der Verletzung gezwungen gesehen, einhändig das überflüssige Gedeck abzutragen und danach die Zwischenräume großzügiger zu arrangieren. Vor allem hatte ich mich geärgert, dass ich völlig umsonst den Esstisch ausgezogen hatte, der für sieben Personen in seiner Ursprungsgröße ausreichte, für acht jedoch durch eine zusätzlich einzusetzende Platte erweitert werden musste. Diese nun der veränderten Gästezahl entsprechend wieder herauszunehmen, war mir mit meinem dicken Verband nicht möglich gewesen, und so hatte ich alles beim Alten gelassen und auf meinen Mann und die anderen gewartet, um sie noch vor Klaus’ Eintreffen zu informieren. Als der verlassene Ehemann endlich dazugekommen war, hatte die Geschichte schon die zweite Diskussionsrunde erreicht, und wir hatten uns Gedanken darüber gemacht, ob Klaus eine Freundin hatte oder Anna eine Affäre.
    Klaus war an diesem Abend erstaunlich wortkarg gewesen. Vor Beginn des Essens hatte er sich meine Verletzung angesehen, irgendetwas darauf gesprüht und den Verband erneuert. Danach hatte er den Abschiedsbrief herumgereicht und mit sehr leiser Stimme gesagt, für ihn sei das alles unverständlich, Anna hätte doch wirklich den Himmel auf Erden gehabt, er hätte alles für sie getan. Dabei hatte er in die Runde gesehen. Aber auch ich hatte die anderen angesehen, Martin, der irgendwie erstaunt geguckt hatte, und Charlotte mit dem sanften Lächeln. Der Ausdruck auf Martins und Charlottes Gesichtern hatte mich damals mehr irritiert als Annas Verschwinden.
    Nach dem Essen waren wir Frauen wie üblich in unsere kleine Bibliothek gezogen, und erst als wir um den Glastisch herum Platz genommen hatten und die Karten zu mischen begannen, war uns aufgefallen, dass wir ohne Anna kein Doppelkopf spielen konnten.
    Anna war nicht die Schönste von uns, aber gewiss die mit dem größten Sex-Appeal. Mit einem einzigen Augenaufschlag hatte sie schon in der Schule jeden Jungen schachmatt gesetzt. Ihr Gang brachte den Herzschlag der Männer aus dem Rhythmus, und wen sie wollte, den verführte sie. Sie war ziemlich klein, jedenfalls kleiner als Charlotte und Karin, sogar kleiner als ich. Wie zum Ausgleich hielt sie sich sehr gerade und schritt stets vor uns her, als schwebe sie als Model über den Catwalk. Ihre Haarfarbe hatte den Ton von Asche, was wir früher fad fanden, bis Anne sie zur Trendfarbe machte. Ihre Nase war zu kurz, ihre Lippen zu schmal, aber die samtbraune Iris der sie mit schwarzem Kajalstift eine Umgebung schuf, die niemand übersehen konnte, versprühte ein Feuer, in dem jeder verglühte, der ihr zu nahe trat. Sie war nicht besonders
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