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Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone

Titel: Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone
Autoren: Mark Brandis
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Brandis, Sie machen da einen großen Fehler."
    Ich winkte ab.
    „Kann schon sein", antwortete ich leichthin. Und dabei blieb es.
    In der Nacht vor dem Start stand ich lange vor dem Fenster und hielt auf meine Weise Zwiesprache mit dem dahinter gähnenden Nichts. Wo begann diese entsetzliche Leere, und wo endete sie? Und was gab es außer ihr?
    Zumindest gab es in ihr auch noch Astropol, und das war praktisch unser Zwilling - in Dienst gestellt mit gleicher Aufgabe, wenn auch unter leicht abweichenden Bedingungen. Einmal nur nach dem großen Crash war es gelungen, mit Astropol Kontakt aufzunehmen, aber der Verbrauch an Energie war dabei so gewaltig gewesen, daß die Fortsetzung des Dialoges hatte unterbleiben müssen.
    Immerhin, auf dem langen Weg, der vor mir lag, mochte Astropol ein freundlicher Hafen sein. Falls ich ihn fand. Und mit etwas Glück mochte ich dort auch auf das stoßen, was mir fehlte: auf genaue Karten und Computerprogramme. Und vor allem - auf das Wichtigste, auf Gewißheit .
    Vielleicht würde ich erfahren müssen, daß ich einem Phantom nachjagte, weil es die Erde längst nicht mehr gab.
    Doch wer garantierte, daß Astropol noch existierte? Und wie sollte ich den Weg dorthin finden - in der großen Leere, mit leeren Händen?
    Was passierte, wenn ich daran vorbeiflog... immer weiter... immer weiter ... immer tiefer hinein in die Unendlichkeit?
    Ein Irrläufer.
    Verdammt in alle Ewigkeit. Allein auf einem ziehenden Schiff, auf dem nie Mangel herrschen würde, denn alles zum Leben Notwendige war eingebunden in einen ewigen Kreislauf. Nichts ging verloren.
    Ich kannte das Risiko, und doch war ich am anderen Morgen pünktlich zur Stelle. Etwas in mir war stärker als alle Furcht: diese geheime Sehnsucht, für die ich keinen Namen fand.
    Der Großmeister selbst kam an den Start, um mir , bevor sich hinter mir der Lukendeckel schloß , noch einmal die Hand zu drücken.
    „Noch können Sie aufstecken, Brandis. Und jeder hier hätte Verständnis dafür."
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Es muß sein."
    Seine klugen Augen blieben lang auf mich gerichtet - mit einem Ausdruck, den ich nicht zu deuten wußte .
    „Ich verstehe", sagte er schließlich. „Also dann, Brandis - Gott befohlen!"
    Er hatte mir ein Geschenk mitgebracht: die zwiebelförmige Uhr aus seiner Vitrine. Der Himmel allein mochte wissen, wie schwer es ihm fiel, sich davon zu trennen.
    „Ein kleines Hilfsmittel", brachte er hervor. „Hängen Sie sie im Cockpit auf und behalten Sie sie im Auge! Sobald die Zeiger anfangen, sich zu bewegen, können Sie davon ausgehen, daß Sie auf dem richtigen Kurs sind."
    Und nachdem sich der Großmeister ganz mächtig geräuspert hatte, gab er mir einen letzten Rat mit auf den Weg.
    „Aber vergessen Sie nie: Die Zeit, das ist der Feind. Je weniger Sie mit ihr zu tun haben, desto besser. Also: Hinfliegen, ansehen und kehrtmachen! Klar?"
    Seltsam, daß ich darüber nicht nachgedacht hatte: daß ich drauf und dran war, meine gemütliche zeitlose Dauerexistenz einzutauschen gegen die Abnutzung durch die Zeit. Andererseits, wie hätte ich darüber nachdenken können, solange ich mir das verlorene Element Zeit ebenso wenig vorstellen konnte wie die Erde?
    Und so stieg ich ein, schnallte mich an und aktivierte den Starter.
    Und dann - ein leichter Fingerdruck auf den roten Knopf...
    Und ich war unterwegs.
    Irgendwann warf ich den Gurt ab und blickte zurück.
    In einem Raum ohne Gestalt und Gesicht war Cosmopol nur noch ein winziger Punkt. Zwei, drei Atemzüge lang schien mir der Punkt eine letzte Botschaft zuflimmern zu wollen, und ich hob die Hand und winkte ihm meinen Gruß zu.
    Und dann war da nichts mehr.
    Nichts.
    Ich kehrte zum Pult zurück und überprüfte die Anzeigen. Alles funktionierte einwandfrei. Wenn ich wollte, könnte ich sogar umkehren. Der Pomnik , das künstliche Gedächtnis, würde mich führen.
    Noch...
    Auch dem Pomnik waren Grenzen gesetzt.
    Und dann?
    Ich zog die Uhr des Großmeisters aus der Tasche und hängte sie an ihrer schönen langen goldenen Kette über dem Pult auf.
    In der strengen Nüchternheit des Cockpits bildete sie fortan einen bunten Farbklecks, eine Erholungslandschaft für die gelangweilten Augen.
    Die Zeiger dachten nicht daran, sich zu rühren.
    Und dann, noch einmal, ein letztes Mal, erreichte mich die Stimme der Zivilisation, die Stimme von Cosmopol.
    „Brandis, brechen Sie ab und kommen Sie unverzüglich zurück!"
    „Begründen Sie das!" sagte ich.
    Der
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