Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
wissen – und wollte es auch wieder nicht wissen. Ich wurde von der Intensität meiner Gefühle zermalmt. Und dann fand ich endlich meinen Namen – Jill. Mein Blick glitt zu der Spalte, in der der Partner eingetragen war – Kendy. Nicht Rom. Nicht mein Geliebter, sondern Kendy, Kendy mit den grauen Augen und dem Haar von der Farbe des Sternenlichts. Rom wurde mit Hannah gepaart.
    In diesem Augenblick erkannte ich, was Wahnsinn ist. Ich fand mich an jenem geheimen Ort wieder, wo Rom und ich einander unsere Liebe geschworen hatten, unter den Malvenblättern, doch ich wußte nicht zu sagen, wie ich dorthin gelangt war. Ich wartete auf Rom, doch er kam nicht. Ich wartete, bis die Sonne tief am Horizont stand und die Farne lange Schatten warfen, deren Finger zur Basis deuteten. Dann erst trieb mich die Furcht vor den Katzendingern, die des Nachts ihr Unwesen treiben und die Unachtsamen mit scharfen Klauen zerreißen, wieder zurück.
    Rom war bei Hannah. Sie klammerte sich besitzergreifend an seinen Arm und betrachtete ihn stolz – aber ohne Liebe.
    Als Kendy meine Schulter berührte, schrie ich. Ich sah den Schmerz in Roms Gesicht, doch er kam nicht zu mir. Er trat einen Schritt nach vorn – wollte er zu mir kommen? –, doch Hannah zog ihn zurück, und er blieb bei ihr.
    Ich sagte es ihnen, ich schleuderte es allen Mitgliedern des Genetischen Konzils ins Gesicht. Sie saßen auf ihren Plätzen und betrachteten mich mit kalten, unbarmherzigen Blicken. Gerard, der Bewahrer des Reservoirs, sprach das Verdikt aus. Es war ein Wort, das ich überhaupt nicht kannte. Sie sprachen es aus, als wäre es abscheulich und bösartig. Die erste, sagten sie. Die erste der Schiffsgeneration. Gelegentlich im Verlauf der langen Reise war das nötig gewesen, wegen der Strahlenschäden, doch seit das Schiff gelandet war, hatte keine Notwendigkeit mehr bestanden, es durchzuführen. Und nun ich. Das war abstoßend und schockierend. Ein Schandfleck. Sie hörten nicht auf mein Flehen.
    Keine Zeit, sagten sie. Keine Zeit, du kannst das Kind unmöglich austragen. Du darfst den Plan nicht stören, sagten sie. Du paarst dich mit Kendy, Rom paart sich mit Hannah – nur auf diese Weise läßt sich das Schema aufrechterhalten. Nur so läßt sich das Genetische Reservoir rein erhalten. Nur durch Einhalten des Schemas kann die Kolonie überleben.
    Nun liege ich hier und warte, warte, warte, während das häßliche Wort in meinen Ohren dröhnt. Ich kannte das Wort vorher nicht, doch sie haben mir seine Bedeutung drastisch verdeutlicht. Morgen wird der Arzt die Abtreibung durchführen, und die Frucht unserer Liebe wird nicht mehr sein.

 
Gregory Benford
Alte Frau am Straßenrand OLD WOMAN BY THE ROAD
     
    Eine alte Frau in einem formlosen, zerknitterten Kleid und ausgetretenen Schuhen saß am Straßenrand. Durch die Kiefern, die dicht an dicht das weiße Band der Straße säumten, wehte eine leichte Brise, und ich war außer Atem vom schnellen Marschieren. Die alte Frau saß schweigend und regungslos da. Ich wäre beinahe vorbeigelaufen, ehe ich sie bemerkte.
    „Sie ruhen sich sicher etwas aus?“ fragte ich.
    „Ich warte.“ Ihre Stimme klang trocken, und beim Ausatmen raschelte es wie Laub in ihrer Kehle. Sie saß auf einem braunen Pappkoffer mit kupfernen Schließen. An der Seite war er aufgeplatzt, und weißer Stoff schaute hervor.
    „Auf den Bus?“
    „Auf Buck.“
    „Der Hubschrauber hat durchgegeben, der Bus würde oben vor der Biegung halten“, erklärte ich. „An der Hauptstraße.“
    „Ich weiß.“
    „Hier in der Nebenstraße kommt er gar nicht vorbei.“
    Ich war selbst spät dran und nahm an, sie habe sich den falschen Platz zum Warten ausgesucht.
    „Buck wird schon kommen.“ In ihrer hohen Stimme schwang der nasale Akzent der Landbevölkerung mit. Auch ich hatte so einen Klang in der Stimme, aber im Moment sprach ich meine Vokale klar aus, und der Akzent der alten Frau erinnerte mich daran, wie lang mein Weg gewesen war.
    Ich folgte der lang geschwungenen Biegung des Sandweges mit den Augen. Aus einer Nebenstraße kam knatternd ein offener Lieferwagen und bog in die tiefen Radspuren im weißen Sand ein. Auf der Pritsche hockten Leute mit ein paar Kisten und Koffern und einem 3-D-Gerät. Sie nahmen an Wertsachen mit, soviel sie konnten, aber die von draußen hatten uns nicht viel Zeit gelassen.
    „Wer ist Buck?“
    „Mein Hund.“ Sie blickte mir ins Gesicht, als müsse es doch völlig klar sein, wer Buck war.
    „Sehen Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher