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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8
Autoren: H. J. Alpers
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der sel­te­nen Kreu­zun­gen. Die Pas­sa­gie­re se­hen der brei­ten Röh­re zu ih­rer Rech­ten in den Ra­chen. Ein Ex­preß rast auf sie zu, ragt vor ih­nen auf. Kol­li­si­ons­kurs. Sie wis­sen es bes­ser, kön­nen aber nicht ver­hin­dern, daß sie das Si­cher­heits­git­ter um­klam­mern, mit den Zäh­nen knir­schen und die Bei­ne ein­zie­hen. Ma­ma kreischt so­gar lei­se. Dann don­nert das Fahr­zeug über ih­nen da­hin, das Krei­schen der Luft wie das ei­ner ar­men See­le auf dem Weg zur Ver­ban­nung in die Un­ter­welt.
    Die Röh­re sinkt wie­der, bis sie schließ­lich auf Ebe­ne 1 aus­läuft. Sie se­hen das Rund un­ter ih­nen und die mas­si­ven, selbst­re­gu­lie­ren­den Stütz­pfei­ler, auf de­nen die Me­ga­lo­po­lis ruht. Sie über­flie­gen ei­ne klei­ne Stadt, die das LA des ein­und­zwan­zigs­ten Jahr­hun­derts als Mu­se­um be­wahrt hat, ei­ne von vie­len un­ter der Röh­re.
    Fünf­zehn Mi­nu­ten nach dem Start er­rei­chen die Win­ne­gans ihr Ziel. Ein Fahr­stuhl bringt sie zum Bo­den, wo sie in ei­ne große schwar­ze Li­mou­si­ne ein­stei­gen. Die­se wur­de von ei­nem pri­va­ten Ver­leih zur Ver­fü­gung ge­stellt, da On­kel Sam be­zie­hungs­wei­se die Re­gie­rung von LA zwar ei­ne Ver­bren­nung, nicht aber ein alt­her­ge­brach­tes Be­gräb­nis be­zahlt. Die Kir­che be­harrt nicht mehr auf tra­di­tio­nel­len Be­gräb­nis­sen, son­dern über­läßt es den Re­li­gi­ons­an­hän­gern, zwi­schen den ver­schie­de­nen Mög­lich­kei­ten zu wäh­len, als Asche vom Win­de ver­weht oder als Lei­che un­ter dem Bo­den be­er­digt zu wer­den.
    Die Son­ne hat den hal­b­en Weg zum Ze­nit zu­rück­ge­legt. Ma­ma be­kommt Schwie­rig­kei­ten mit dem At­men, ih­re Ar­me und ihr Nacken wer­den rot und auf­ge­schwol­len. Drei­mal war sie bis­her au­ßer­halb der Stadt, und drei­mal wur­de sie auch von die­ser All­er­gie be­fal­len. Chib tät­schelt ih­re Hand, wäh­rend sie über ei­ne schlecht ge­pflas­ter­te Stra­ße fah­ren. Das ar­chai­sche acht­zig­jäh­ri­ge Fahr­zeug, das von ei­nem Elek­tro­mo­tor an­ge­trie­ben wird, fährt al­ler­dings nur im Ver­gleich zu der Gon­del hol­pernd. Es legt die zehn Ki­lo­me­ter bis zum Fried­hof mit Höchst­ge­schwin­dig­keit zu­rück und hält nur ein­mal an, um einen Hirsch pas­sie­ren zu las­sen.
    Va­ter Fel­li­ni be­grüßt sie. Er ist in Nö­ten, da er ge­zwun­gen ist, den An­ver­wand­ten mit­zu­tei­len, daß Groß­pa­pa in den Au­gen der Kir­che ein Sa­kri­leg be­gan­gen hat. Die Lei­che ei­nes an­de­ren Man­nes ge­gen die ei­ge­ne ein­zut­au­schen, ei­ne Mes­se über ihr le­sen und sie in ge­weih­ter Er­de be­gra­ben zu las­sen – das ist Blas­phe­mie. Mehr noch, Groß­pa­pa starb als ein Ver­bre­cher oh­ne Reue. We­nigs­tens leg­te er, nach Wis­sen der Kir­che, vor sei­nem Tod kei­ne Beich­te ab.
    Chib hat mit die­ser Wei­ge­rung ge­rech­net. St. Ma­rys von BH-14 hat sich ge­wei­gert, die nö­ti­gen For­ma­li­tä­ten für Groß­pa­pa zu er­le­di­gen. Aber Groß­pa­pa hat­te im­mer ge­sagt, daß er ne­ben den Ah­nen be­gra­ben wer­den woll­te, und Chib wird si­cher­stel­len, daß ihm die­ser Wunsch auch er­füllt wird.
    Chib sagt: „Ich wer­de ihn selbst be­gra­ben! Di­rekt am Rand des Fried­ho­fes!“
    „Das kön­nen Sie nicht tun!“ sa­gen der Pries­ter, die An­ge­stell­ten des Be­stat­tungs­in­sti­tu­tes und der Bun­des­be­am­te wie aus ei­nem Mun­de.
    „Und ob ich kann! Wo ist die Schau­fel?“
    Da erst sieht er das dün­ne, dunkle Ge­sicht und die fal­kofor­me Na­se von Ac­ci­pi­ter. Der Agent über­wacht die Aus­gra­bung von Groß­pa­pas (ers­tem) Sarg. In der Nä­he ste­hen min­des­tens fünf­zig Fi­do­män­ner, die mit ih­ren Mi­ni­ka­me­ras fil­men, wo­bei die Sen­der ei­ni­ge De­ka­me­ter ne­ben ih­nen schwe­ben. Groß­pa­pa steht im Zen­trum des In­ter­es­ses, wie es dem Letz­ten Mil­li­ar­där und dem Größ­ten Ver­bre­cher des Jahr­hun­derts auch zu­steht.
    Fi­do­in­ter­view­er: „Mr. Ac­ci­pi­ter, wür­den Sie uns ei­ni­ge Wor­te zur Er­klä­rung ab­ge­ben? Ich über­trei­be wohl kaum, wenn ich Ih­nen sa­ge, daß min­des­tens zehn Mil­li­ar­den
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