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Kopernikus 3

Kopernikus 3

Titel: Kopernikus 3
Autoren: Hans J. Alpers
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Ritzen in der Stallwand fiel, langsam heller wurde, wartete er nervös darauf, daß sie endlich einschlief, damit er vor ihr entkommen konnte.
    Eine puritanische Pioniersfrau
    In jenem Augenblick, in dem sie bemerkte, wie er sie beobachtete, wußte sie genau, was er wollte. Sie wußte auch, daß er es bekommen würde, aber er würde sich dafür anstrengen müssen; darauf würde sie schon achten. Sie zog ihre Haube weiter nach vorn und ging an ihm vorbei, sicher in der Überzeugung, daß er ihr folgen würde. Sie kannte die Männer, schon seit jeher. Er folgte ihr. Es war Donnerstag, und man traf sich in der Kirche. Ein Wanderprediger war zu Besuch da. Er saß in einer der Holzbänke und täuschte mit dem Mund vor, er sänge die Lieder mit, versuchte dem Prediger zuzuhören, der seine Revolvermann-Doktrin zu ihnen herunterkreischte. Er starrte ihren Rücken direkt an und stellte sich den stämmigen, aber attraktiven Körper unter den schweren Baumwollkleidern vor. Nach dem Gottesdienst stellte er sich als reisender Verkäufer vor, der aus dem Osten kam. Sie habe nichts gegen fliegende Händler, sagte sie ihm, anders als manche Frauen in der Gegend. Sie sah ihn aber mißtrauisch an. Sie warf ihren Kopf zurück, so daß das Licht den größten Teil ihres Gesichts unter ihrer Haube zeigte. Ihre Haut war wie Leder, aber auf eine Art, die sie nur noch begehrenswerter machte. Wie sich herausstellte, war sie eine Witwe, noch nicht so alt, wie er ursprünglich angenommen hatte und wie ihre verhärteten Gesichtszüge vermuten ließen. Eigentlich deuteten nur ihr dünner, grimmiger Mund und ihre Neigung zu einem finsteren Gesicht auf Alter hin. In einer anderen Zeit hätte sie ihr Aussehen im Werbegeschäft begehrt gemacht. Für Hausmacherkost. Jetzt aber, in dieser Zeit, war sie damit beschäftigt, einem anderen Schicksal entgegenzueilen. Sie hatte die Schönheit fast verloren, die ohne Zweifel ihren verstorbenen Mann dazu veranlaßt hatte, sich die Stoppeln aus dem Gesicht zu rasieren und dem Trinken eine Zeitlang abzuschwören. In ein paar Jahren würde ihre Haut wirklich zäh und ihr Rücken krumm sein. Oder sie würde einen wohlanständigen Schweinehund heiraten, der in voller Absicht den Kern echter Vitalität abwürgen würde, den sie noch in sich trug. Jetzt aber konnte er sie gewinnen, sie aus der Reserve locken. Es würde ein Kampf werden. Sie würde die Spitze einer unsichtbaren Peitsche über seinem Kopf halten, mit der sie knallen würde, um ihn tanzen zu sehen. Und er würde tanzen. An dem Kampf würde er seinen Spaß haben, er würde seine Zeit wert sein, die Art von Begegnung, deretwegen er die Zeit bereiste. Er nahm sie am Arm und begann eine Diskussion über die Revolvermann-Botschaft des Predigers mit ihr, nach der das echte Duell sich vor den Toren des Himmels abspielen würde, so daß wir alle uns darum kümmern soll ten, Gott als Rückendeckung zu haben, wenn wir wüßten, was gut für uns sei. Als sie sich lobend über die Predigt äußerte, geschah das in angestrengter, aber sanfter Stimme.
    Ein Küken
    Sie kostete ihn Kraft, besiegte ihn fast. Weiß deine Mami, daß du ausgegangen bist, sagte sie und verwirrte ihn gleich am Anfang. Er wußte nicht, was er sagen sollte, und stotterte etwas, das sie unmöglich hätte verstehen können. Ihre Augen waren so grau, so undurchdringlich, daß er erwartete, er könne das Familienwappen darin erkennen, wenn er lange genug hinsehen würde. Sie fragte ihn, ob er ein Hänger sei, eine Lusche. Nein, er glaubte, das sei er nicht. Sie hüpfte ein bißchen herum – er starrte die leichte Ausbeulung ihres Rocks an, ihre Hüften waren kleine Geheimnisse, deren Enthüllung jeden Augenblick drohte –, und sie sang vor sich hin, einen Singsang wie ‚wer wacht heut’ nacht beim Nachtwächterstöchterlein, wenn der Nachtwächter seine Wache macht’. Er seufzte. Sie runzelte die Stirn, deren Haut zu straff gespannt schien. Ihre Stimme wurde anders, leiser und vertrauter. Tut mir leid, ich habe Kopfweh, ich habe getrunken. Setz dich doch auf die Couch hier, sagte er. Bevor sie sich hinsetzte, fragte sie ihn, ob er ein Aufreißer sei. Einen Augenblick lang fragte er sich, ob es da vielleicht einen Sprachschnellkurs gegeben hatte, den er hätte belegen sol len, bevor er diese Zeit besuchte. Auf der anderen Seite reg te diese Frau, dieses Mädchen – so wenig wollüstig, so erbärmlich dünn –, ihn stark an, und er wollte sie so bald wie möglich unter sich haben. Er
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