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Kommissar Morry - Opfer des Satans

Kommissar Morry - Opfer des Satans

Titel: Kommissar Morry - Opfer des Satans
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Holly meint. Er knipste seine Lampe an, entsicherte die Pistole und rannte mit hastigen Sprüngen an den Klippen entlang. Er hatte sich genau die Richtung eingeprägt, aus der der Schrei gekommen war. Er konnte hier gar nicht in die Irre gehen. Links türmten sich die messerscharfen Klippen auf, zur Rechten zog sich die endlose Wasserfläche des Meeres hin. Das Ufer bestand aus einem schmalen, weißlichen Sandstreifen. Nachdem er eine halbe Meile in scharfem Tempo zurückgelegt hatte, blieb Konstabler Ossian keuchend stehen. Seine Augen bohrten sich in das unruhige Gebräu aus Nebel und Wasserdunst. Unruhig und geisterhaft zogen die milchigen Schleier an ihm vorbei. Seine eigene Silhouette wuchs zwischen den grauen Schwaden auf. Groß und schwarz und unheimlich. Sonst war nichts zu sehen. Nirgends ein Mensch. Kein Lebewesen weit und breit.
    Hallo!“ rief Konstabler Ossian noch einmal. „Hallo, ist da jemand?“
    Zögernd setzte er einen Fuß vor den anderen, dann erfaßte der zitternde Lichtkegel plötzlich ein dunkles Etwas, das keine fünf Schritte entfernt auf dem Schwemmsand lag. Das Licht streifte über ein helles Sommerkleid, das sich flatternd im Nachtwind bewegte. Die Wellen spülten gierig darüber hin. Erschreckt kam Konstabler Ossian näher. Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Verblüfft starrte er in ein auf den ersten Blick hübsches Gesicht, das schwere, nasse Flechten umrahmten. Der Wassergischt trug blutigen Schaum, die Brust der Frauensperson war von einer tiefen Wunde aufgerissen. Die Kleidung hing zerfetzt und blutbefleckt an ihr nieder. Das Gesicht war wächsern und leblos. Die Augen starrten gebrochen in den Nebeldunst.
    Konstabler Ossian machte noch einen letzten Schritt auf das Opfer zu. Zu seinen Füßen erklang ein spitzer, metallischer Ton. Als er sich niederbückte, blitzte die stählerne Klinge eines Dolches im Schein der Lampe auf. Der Griff bestand aus breitem, schlangenförmig ziseliertem Metall. Die Spitze hatte sich halb in den feuchten Sand gebohrt An der Klinge haftete rötliches Blut. Konstabler Ossian wußte vor Aufregung nicht, was er zuerst tun sollte. Seine Gedanken jagten wie ein aufgescheuchter Mückenschwarm durcheinander. Es waren der Mörder und sein Opfer, die vorhin an mir vorbeiwanderten, schoß es ihm durch den Kopf. Ich hätte ihnen folgen sollen. Vielleicht hätte ich dann das Mädchen noch retten können. Vielleicht säße dann der Mörder jetzt bereits hinter Schloß und Riegel. Und ein gewisser Konstabler Ossian wäre schon morgen Sergeant und müßte in Zukunft nicht mehr auf Streife ziehen. In der nächsten Sekunde allerdings verscheuchte er diese egoistischen Gedanken. Er leuchtete das Gesicht der Toten ab. Es war ein bleiches, ehemals schönes, nun verfallenes Gesicht, in das der gewaltsame Tod unauslöschliche Spuren gegraben hatte. Die junge Dame mochte nach flüchtiger Schätzung etwa fünfundzwanzig Jahre zählen. Sie entstammte sicher einem erstklassigen Hause. Die teure Krokodiltasche, die modischen Schuhe, die blitzenden Ringe an den starren Fingern bestätigten diese Vermutung. Der Inhalt der geöffneten Tasche lag auf dem Boden verstreut. Eine Geldbörse oder lose Geldscheine waren nicht zu sehen.
    Konstabler Ossian ließ alles unberührt. Ich muß sofort Inspektor Holly Meldung machen, ermahnte er sich selbst in fieberhafter Erregung. Der Chef wird Augen und Ohren aufsperren. Vielleicht findet er hier eine brauchbare Spur. Auf jeden Fall muß er die Beleidigung zurücknehmen, daß ich nachts auf Streife immer schlafe. Bereits eine knappe halbe Stunde später erstattete Konstabler Ossian im Präsidium mit hochrotem Kopf und flackernder Stimme seine Meldung. Und schon wenige Minuten danach war die Mordkommission am einsamen Oststrand von Aberdeen versammelt.
    „Das haben Sie gut gemacht, Ossian“, lobte Inspektor Holly. „Der Mord liegt etwas länger als eine Stunde zurück. Die Spuren sind noch warm. Halten Sie die Daumen, daß wir endlich ein bißchen Glück haben.“
    Die Spurensicherer nahmen unverzüglich ihre Arbeit auf. Der Polizeiarzt konnte nichts anderes feststellen, als daß der Tod einwandfrei durch einen brutalen Dolchstich in die Herzgegend hervorgerufen wurde. Aus der Beschaffenheit der Waffe ließ sich folgern, daß man es mit dem unbekannten Mörder zu tun hatte, dessen Steckbrief erst in den heutigen Abendstunden erlassen worden war. Nachdem die Photographen ihre Arbeit beendet hatten, hob Inspektor Holly hastig die
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