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Komisch - die Liebe

Komisch - die Liebe

Titel: Komisch - die Liebe
Autoren: Andrea Manni
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bleiben sie noch. Die übliche Ochsentour der Japaner: drei Tage Rom, davon ein halber Neapel, eineinhalb Tage
     Florenz, einer Venedig und eineinhalb zum Shoppen nach Mailand. Ich lade sie zum Abendessen ein und biete mich an, sie durch
     das nächtliche Rom zu führen. Sie sind begeistert. Ich auch …
    Als ich zur Buchhandlung zurückgehe, klingelt mein Handy.
    »Guten Tag, hier spricht Clelia Stelle, ich hatte Ihre Nachricht auf meinem Anrufbeantworter«, sagt eine eher junge Stimme.
    Im Hintergrund höre ich ein Riesengetöse, alles dröhnt.Die Stimme scheint direkt aus dem großen Finale des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker zu kommen,
Radetzkymarsch
von Strauss Vater.
    »Ah, guten Tag, danke, dass Sie zurückrufen«, sage ich höflich. »Heute morgen haben Ihre Umzugsleute meinen Roller mit der
     Hecktür umgestoßen … Hat Luciano Ihnen denn nichts gesagt?«
    »Nein, tut mir leid wegen der Unannehmlichkeiten. Ist es arg?«
    »Nein, keine Sorge, nur ein paar Kratzer in der Windschutzscheibe.«
    Die Musik wird noch lauter, ein gewaltiges Crescendo.
    »Entschuldigen Sie die Frage: Sind Sie im Konzert?«
    »Nein, ich bin bei der Arbeit … Einen Moment, ich mache kurz die Tür zu.«
    Die Musik wird deutlich leiser.
    »Danke, so ist es viel besser. Also, wenn Sie einverstanden sind, lasse ich die Windschutzscheibe auswechseln, und dann hören
     wir uns vielleicht in ein paar Tagen wieder. Ihr Umzugsmann sagte mir, Sie seien versichert.«
    »Schön wär’s … Aber machen Sie sich keine Sorgen. Ich muss jetzt Schluss machen. Bitte entschuldigen Sie noch einmal die Umstände.
     Rufen Sie mich an, sobald Sie die Scheibe ausgetauscht haben, und sagen Sie Bescheid, was es kostet. Auf Wiederhören.«
    »Sehr freundlich, Signora Stelle, danke. Bis bald und viel Spaß bei der Arbeit.«
    Die Musik wird wieder ohrenbetäubend. Ein schwindelerregendes Streichertutti verschluckt fast ihren letzten Gruß. Ich lege
     auf und denke, dass dieser Luciano ein echtes Aas ist, von wegen sympathische Kanaille.
    Ich betrete die Buchhandlung und verkrieche mich in meinem Zimmerchen.

I ch hole sie mit dem Wagen ab. Ich nehme selten das Auto, nur abends.
    Kyoko hat sich richtig aufgebrezelt, ist aber immer noch nicht hübsch, Aska hingegen umso mehr. Sie sind 29 Jahre alt und
     seit zehn Jahren befreundet. Wir gehen zum Essen in ein typisches und angesagtes Lokal, wo man mich kennt und gut behandelt.
    Ich lasse sie trinken. Sie sind froh und haben ihren Spaß. Ich bin ein angenehmer Tischgenosse, bringe sie zum Lachen. Mein
     Lächeln gilt allein Aska. Irgendwann ergreift Kyoko meine Hand, doch unter dem Vorwand, Wein nachzuschenken, entwinde ich
     mich ihrem Griff. Mit einem Taschenspiegel prüft sie ihr Make-up, steht auf und geht zur Toilette.
    Allein. Endlich allein, ich und die Prinzessin der aufgehenden Sonne. Ohne Zeit zu verlieren, nehme ich ihre Hand. Sie sieht
     mich schüchtern an, senkt den Blick und versucht, mir ihre Hand zu entziehen, doch ich lasse nicht locker, sondern küsse ihre
     Fingerspitzen. Wieder sieht sie mich an, senkt den Blick und lächelt dabei. Sie lächelt.
    »Aska, wie können wir ein Weilchen unter uns sein?«
    Sie sieht mich an, dann blickt sie zur Toilettentür.
    »Ich weiß nicht … Ich kann sie nicht allein lassen. Das wäre nicht nett. Morgen müssen wir nach Neapel und …«
    Ich nähere mich ihren Mandelaugen, die ich mit meinem ganzen Wesen und meiner gesamten westlichen Kultur küssen möchte, um
     sie den Zweiten Weltkrieg, Hiroshima und die sieben Samurai vergessen zu lassen.
    »Fahr nicht. Bleib bei mir, bitte.«
    Sie sieht mich an und lächelt. Lächelt, ohne den Blick zu senken. Während mir bewusst wird, dass unsere Münder fast aufeinanderkleben,
     dreht sie sich weg und geht wieder auf Abstand. Sie hat gesehen, dass Kyoko aus der Toilette kommt. Ich tue es ihr gleich
     und schenke mir Wein nach. Kyoko setzt sich, ich biete ihr zu trinken an wie Judas in Person. Aska sagt etwas auf Japanisch
     zu Kyoko, hält kurz inne, schaut mir in die Augen: »Sorry, Nino …«, und redet dann in ihrer Muttersprache weiter.
    Kyokos Blick schnellt zwischen mir und der Freundin hin und her. Die beiden liefern sich nun einen heftigen, aber gedämpften
     Schlagabtausch, wie nur Japaner es können. Ich verstehe kein Wort. Im Hintergrund des Restaurants läuft
Sunshine’s Better
von John Martin. Inzwischen keifen die Mädchen aufeinander ein wie zwei Matronen in Trastevere. Auch ihre Augen haben
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