Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Klotz, Der Tod Und Das Absurde

Titel: Klotz, Der Tod Und Das Absurde
Autoren: Christian Klier
Vom Netzwerk:
zwischen den Bäumen, einen roten Golf älteren Baujahrs erkennen.
Dahinter, mitten auf dem Weg, parkte ein hellgrüner Betonmischer. Trotz des
aufgeweichten, rutschigen Bodens erhöhte sich die Schrittgeschwindigkeit der
beiden Ermittler. Der Baustellengeruch nahm zu.
    »Sag mal, ist der tiefergelegt?«, fragte Escherlich seinen Kollegen.
    Statt zu antworten, ging Klotz etwas in die Knie, um durch das
heruntergelassene Seitenfenster in den Wagen sehen zu können. Und was er da
sah, ließ ihn plötzlich ziemlich überrascht ausschauen. Er sah nämlich eine
gleichmäßige, graue, ebene Fläche, die bündig auf Höhe der Linie abschloss, an
der die Seitenfenster begannen. Die Heckscheibe war eingeschlagen. Durch sie
ragte das Ende der Führungsrinne, durch die der Beton aus dem Mischer geflossen
war.
    »Nee, mein Lieber. Der ist nicht tiefergelegt. Der ist voll. Voll
mit Beton«, stammelte Klotz. Escherlich setzte verdutzt hinzu:
    »Ach du Scheiße. Das gibt’s nicht wirklich. Da sitzt ja einer drin!«
    Escherlich ging über den Weg auf die andere Seite, zu einem braunen
Klappstuhl, auf dessen Sitzfläche ein geöffneter, blitzblanker Stahlkoffer lag.
Auf dem Kofferdeckel konnte man drei auf dem Kopf stehende schwarze Buchstaben
lesen: KTU . Außerdem stand da
neben Koffer und Stuhl ein mittelgroßer Mann, der den für die Spurensicherung
typischen weißen Anzug trug und gerade dabei war, sich mit einer Hand über
seine fettige, glänzende Vollglatze zu fahren. Rudi Laanschaf wirkte wie ein
netter, lustiger Kerl mit einem Kopf, der die Form einer Bowlingkugel hatte.
Doch wenn man seinen Gesichtsausdruck sah, musste man unweigerlich an ein
Begräbnis denken.
    »Und? Wisst ihr schon was?«, wandte sich Escherlich dem
Kriminaltechniker zu.
    Rudi hantierte gerade mit dem Gipsabdruck eines Schuhprofils herum.
    »Zweiundvierzig. Vielleicht auch dreiundvierzig. Der Druck verlagert
sich beim Gehen nach außen. Also leichte O-Beine. Vielleicht Fußballer.«
    »Der Täter?«
    »Kann auch von dem Jogger sein, der ihn gefunden hat. Was denkst du,
wer so alles über einen Waldweg trampelt, wenn der Tag lang ist?«
    Escherlich blickte in Laanschafs Bestattermiene und beschloss, für
heute keine weiteren Fragen zu stellen.
    Klotz war inzwischen um den Wagen herumgegangen und stand jetzt
neben Ron Lackner, dessen hochprozentige Fahne er deutlich wahrnahm. Trotzdem
eine ruhige Hand. Sie hätte nicht ruhiger sein können, wunderte sich Klotz. Na
ja, vielleicht gerade deshalb.
    Lackner hatte eine Pinzette in der Hand, mit der er im Ohr der
Leiche, die im Beton steckend hinter dem Steuer saß, herumstöberte. Klotz fand
es ein wenig widerwärtig, dass der alkoholisierte Rechtsmediziner bei seiner
Tätigkeit wie ein Honigkuchenpferd grinste. Plötzlich wurde Lackners Grinsen
noch breiter. Beinahe spitzbübisch feixend. Als hätte er jemanden übers Ohr
gehauen, einen Streich gespielt, einen seiner Schulkameraden ausgetrickst. Der
Grund war die die zappelnde Made, die der Chefpathologe jetzt aus dem Gehörgang
des Toten herauszog. Klotz wunderte sich über den Fliegenmadenbefall.
Schließlich war es Dezember. Dann fiel ihm das ungewöhnlich warme Wetter wieder
ein und dass es bis jetzt noch keinen Frost gegeben hatte.
    Der Hauptkommissar führte das Diktiergerät zum Mund und drückte die
Aufnahmetaste: »Männliche Leiche. Circa fünfunddreißig bis vierzig Jahre alt.
Haarfarbe dunkelblond, Augen grau. Die Leiche sitzt auf dem Fahrersitz eines
Wagens der Marke Volkswagen, Golf, dunkelrot, älteres Modell, und wurde augenscheinlich
bis zu den Schultern in Beton eingegossen.«
    Dass einem die Scheiße sprichwörtlich bis zum Hals stehen konnte,
das hatte er ja schon öfter gehört und auch selbst schon am eigenen Leibe
erfahren, aber Beton? Mein lieber Mann! Wer kam denn auf so eine absurde Idee?
Wo war da der Sinn? Außer dass das Ganze reichlich abgefahren war. Mit welcher
Art von Täter hatten sie es hier zu tun? Dass diese Sache hier nicht einfach
werden würde, spürte er jetzt schon. Klotz sprach weiter in seinen Apparat:
»Todeszeitpunkt?«
    Ohne aufzusehen, gab Lackner Antwort: »Mitternacht. Ziemlich genau
Mitternacht, eine Viertelstunde rauf oder runter.«
    Lackner freute sich wie ein Kind über die sich windende Made. Mit
seiner freien Hand hatte er eine Streichholzschachtel aus seiner Jackentasche
geholt und geöffnet.
    »Nach Aussage des Gerichtsmediziners Doktor Lackner vor Ort ist der
Tod zwischen dreiundzwanzig Uhr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher