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Klotz, Der Tod Und Das Absurde

Titel: Klotz, Der Tod Und Das Absurde
Autoren: Christian Klier
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Schiesser-Feinripp-Unterhosen.
    Während er einen Zug nahm, befühlte er mit Daumen und Ringfinger die
Stoppeln an seinem Kinn. Eine Rasur wäre mal wieder angebracht. Okay. Heute ist
Sonntag. Da kann man so was schon mal bewerkstelligen.
    * * *
    »Verdammt noch mal! Warum geht der nicht ran? Der wird doch nicht
vergessen haben, dass wir Bereitschaft haben?«
    Genervt ließ Kriminalkommissar Peter Escherlich das Handy auf den
fleckigen Beifahrersitz des blauen Opel Omega fallen. Gleichzeitig stieg er
aufs Gas. Irgendwo musste man seine Wut ja rauslassen. Verflucht noch mal! Wo
trieb sich der Kerl bloß wieder rum? Irgendwie stimmte da doch was nicht. So
kannte er Klotz gar nicht.
    Es war fünf nach acht, und der erste Sonnenstrahl hatte gerade die
neubarocke Kuppel des Opernhauses getroffen, an dem Escherlich in Richtung
Bahnhof vorbeiraste.
    Seine Kleidung roch nach Schweiß und Zigaretten, das schwarze Haar
war leidlich nach hinten gekämmt. Nach den sieben Bier und den zwei Klaren, die
er gestern Abend getrunken hatte, war er froh gewesen, dass er sich noch
halbwegs hatte orientieren können. Man bedankt sich bei der letzten noch
aktiven Gehirnzelle, die einen treu ins richtige Haus, in den richtigen Stock,
zur richtigen Tür geleitet hat, und verabschiedet sich. Klamotten ausziehen?
Waschen? Zähne putzen? Egal! Sofa. Schlafplatz. Lospennen!
    Scheiß-Einsatz am Sonntagmorgen. Was hieß hier Morgen? Eigentlich
war es ja noch mitten in der Nacht. Die Ampel, war die rot? Egal!
    Die Reifen des Opel quietschten geräuschvoll. Escherlich riss die
Wagentür auf und lief vor das Auto. Am Boden lag ein Betrunkener, dessen
mürrische Miene und hochroter Kopf nichts Gutes verhießen.
    »Du, mai Liäwa! Hosd du kaane Aung im Kuubf?«
    Escherlich beugte sich zu dem Mann, um ihm aufzuhelfen. Statt eines
Dankes erntete der Freund und Helfer einen Schwall mittelfränkischer
Freundschaftsbekundungen.
    »Riär mi net oh! Herst mi! Freindla, dier zeich iech’s! Dir werd
iech glaih anä neihauä, du Saachbeidl, du verregder! Hundsgäider, dreggerder!«
    »Jetzt stellen Sie sich nicht so an, kommen Sie schon. Tut Ihnen was
weh? Haben Sie Schmerzen?«
    »Du Droddl, elendicher! Iech foddz di her! Iech schmeiß di an die
Wänd, dassd babbm bleibsd! Ungschbizd hau i diech nai, in Buudn, du Hornoggs!«
    »Edz steh scho aaf, versuffns Luuch!«
    Das brauchte Escherlich nicht zweimal zu sagen. Mit einem Mal stand
der Kerl vor ihm und traf Anstalten, seine Faust gegen den Kommissar zu
erheben. Escherlich wandte routinemäßig einen Polizeigriff an und schob den
Mann auf den Gehweg, wo er ihn in einen großen Pflanzenkübel drückte.
Escherlich sah sich nach allen Seiten um. Keine Menschenseele. Dann ließ er den
Arm des Betrunkenen los, lief schnell zu seinem Wagen und brauste davon.
    Drei Minuten später hatte er Klotz endlich am Telefon.
    »Warum gehst du nicht ran, Mann? … Wie bitte? Du genießt den
Sonnenaufgang und willst nicht gestört werden? Ich dachte, deine Wohnung geht
nach Westen raus, wo die Sonne untergeht … Was? Wo bist du? Wir haben einen
Einsatz! Da geht der spazieren, schlappt so mir nichts, dir nichts zur Burg
hoch! Alter Romantiker! Schau, dass du da runterkommst. Wir müssen los. Die
Haevernick und der Neue sind schon vor ‘ner halben Stunde zum Tatort. Willst
du, dass die das alleine in die Hand nehmen? … Na also. Ich hol dich in zehn
Minuten am Hallertor ab. … Gut. Bis gleich.«
    * * *
    Die Stoßdämpfer des Opel Omega quietschten wie die Sprungfedern
einer alten Puffgaleere, als Klotz sein Hinterquartier auf dem Beifahrersitz
positionierte. Klotz schlug die Tür zu, und Escherlich wendete den Wagen wie
einer, der als Kind zu oft »Die Straßen von San Francisco« angesehen hatte.
    Escherlich klärte den Hauptkommissar über die bisherige Sachlage
auf: Auf einem Waldweg nahe einer Ortschaft namens Göring stand ein Auto, in
dem eine männliche Leiche saß. Oberkommissarin Haevernick und Anwärter Zebisch
waren bereits vor Ort, um die Situation in Augenschein zu nehmen.
    »Göring?«, fragte Klotz ungläubig nach und sah seinem Kollegen dabei
zu, wie er den Wagen in die Fürther Straße lenkte.
    »Ja, komisch irgendwie, nicht?«
    »Und wo liegt das?«
    »Nahe Hiltpoltstein, an der B 2.«
    Klotz sah die hohen Schweifgiebel des Gerichtsgebäudes auftauchen,
in dem 1945 die Nürnberger Prozesse begonnen hatten, durch die die Stadt
weltweit zu Berühmtheit gelangt war.
    »Ja, aber«, begann Klotz unsicher,
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