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Kleine Suenden zum Dessert

Kleine Suenden zum Dessert

Titel: Kleine Suenden zum Dessert
Autoren: Clare Dowling
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eine Männerstimme in der Zentrale der Polizei, was man für sie tun könne. »Ich bin in der Bridge Road Nummer 17«, erklärte sie präzise, »und aus dem Haus gegenüber bedroht uns eine Frau mit einem Gewehr.«
    »Mit einem Gewehr?« Er klang alarmiert.
    »Ja.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Absolut.«
    Sie hörte den Mann etwas zu jemandem im Hintergrund sagen und schaute Frank bedeutungsschwanger an. So etwas wie das hier passierte nicht alle Tage. Zumindest ihr nicht.
    Der Polizist erkundigte sich nach Einzelheiten.
    »Es gab da einen Streit wegen Rosenbüschen, wissen Sie.«
    »Wegen Rosenbüschen?«
    »Das ist richtig. Frank hatte sie zu stark beschnitten, und da wurde die Frau wütend.«
    »Frank?«
    »Mrs Carrs Nachbar.«
    »Okay. Wer ist Mrs Carr?«
    »Die Frau mit dem Gewehr...« Grace spürte sein Interesse erlahmen. »Es ist ein bisschen kompliziert, wissen Sie. Tatsache ist, dass sie ein Gewehr hat und droht, es zu benutzen, wenn ihr danach ist - und das kann jeden Moment passieren.«
    Damit hatte sie seine Aufmerksamkeit wieder. Bedrohte die Frau sie im Moment direkt?
    »Allerdings«, bejahte Grace nachdrücklich.
    »Sie können das Gewehr tatsächlich sehen?«
    »Ja, ich sehe es.«
    Auf der anderen Straßenseite wurde der Lauf des Gewehres abrupt zurückgezogen und das Fenster zugeknallt. Nach einer kleinen Pause sagte Grace: »Nicht zu fassen jetzt ist es weg.«
    »Und was ist mit der Frau?«, wollte der Polizist nach einer seinerseitigen kleinen Pause wissen. »Sie ist auch weg ... aber vor einer Sekunde war sie noch da. Mit dem Gewehr. Ich habe sie ganz deutlich gesehen.« Grace spürte, wie sie am anderen Ende der Leitung als Spinnerin abgehakt wurde, bei der man, wenn mal zehn Minuten Luft wären, einen Streifenwagen vorbeischicken würde.
    »Schicken Sie einen Wagen?«, fragte sie.
    Er versprach es.
    »Wann?«
    Bald. Bis dahin solle sie bleiben, wo sie sei, sich der Frau unter keinen Umständen nähern und nicht versuchen, in irgendeiner Form mit ihr Kontakt aufzunehmen. Das gelte auch für diesen Frank.
    »Okay. Ich danke Ihnen, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben«, beendete Grace das Gespräch. Das tat sie immer mit diesem Satz. Sie hatte es sich in der Arbeit angewöhnt. Selbst wenn Leute ihre Zeit beanspruchten, sagte sie das am Schluss.
    »Hoffentlich wirkt sich diese Geschichte nicht negativ auf den Verkauf aus«, sorgte sich Frank.
    »Sicher nicht.« Um ihn abzulenken, fragte sie: »Und wo ziehen Sie hin?« Sie erwartete als Antwort Navan oder vielleicht Dunboyne.
    »Nach New York.«
    »Oh!«
    »Sandy ist Amerikanerin. Hatte ich das nicht erwähnt? Ich nenne sie immer Yankee Doodle. Sie liebt das, amüsiert sich jedes Mal königlich. Sie sagt, ich hätte einen herrlichen Humor. Wie auch immer - sie lebt in Brooklyn und arbeitet als Kinderkrankenschwester, doch nur bis sie eigene Kinder hat, sagt sie. Dann will sie kündigen und nur noch Hausfrau und Mutter sein. Aber im Moment ist sie glücklich in ihrem Job, und am Wochenende macht sie Ausflüge mit behinderten Kindern und dienstags und donnerstags gibt sie abends in der Suppenküche Essen an die Obdachlosen aus.« Angesichts dieser Fülle von Aufgaben fragte Grace sich, wie Sandy es bewerkstelligte, täglich auch nur fünf Minuten im Bad zuzubringen, geschweige denn vier Stunden, wie Frank erzählt hatte. Aber sie sagte nur: »Wow! Eine viel beschäftigte Frau.«
    »Zu beschäftigt.« Frank runzelte die Stirn. »Das sage ich ihr immer wieder. Ich sage, Sandy, du musst auch mal an dich denken, aber sie hört nicht auf mich. Es ist kein Wunder, dass sie in letzter Zeit immer müde ist.«
    »Wann gehen Sie rüber?«
    »In zwei Wochen. Ich wäre ja schon längst drüben, aber es ist schwierig für mich, einen Job zu finden.«
    »Was machen Sie denn?«
    »Vögel.«
    »Wie bitte?«
    »Ich bin Ornithologe. Ich arbeite für Tierschutzorganisationen, Zoos und dergleichen. Und ich bin dabei, ein Buch zusammenzustellen: Vögel für Anfänger. Sandy findet die Idee großartig. Sie sagt, bevor sie mich kannte, hatte sie keine Ahnung, dass der Kuckuck seine Eier in fremde Nester legt. Nun, das tut er zwar tatsächlich, aber das ist noch nicht alles. Sandy sagt, sie könnte den ganzen Tag zuhören, wenn ich über Vögel rede.«
    »In New York ... da gibt es Tauben, nicht wahr?«, sagte Grace.
    »Jedenfalls warte ich jetzt nicht länger«, fuhr Frank fort, als habe er sie nicht gehört. »Sandy sagt, sie unterstützt mich finanziell, bis ich Arbeit
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