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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition)
Autoren: Walter Fritz Müller
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geschickt anstellen, Herr Friedanger, dann ordert mein Mann heute Abend bei Ihnen eine Jacht. Aber bieten Sie ihm bitte nur die exklusivste an, die Sie haben.«
    Er versprach ihr zu kommen, obwohl es ihm völlig unmöglich schien, seinem Gegner die Hand zu schütteln und dann vielleicht auch noch viel Erfolg im Beruf zu wünschen. Wieder schwankend in seinem Entschluss wagte er einen letzten Einwand: »Aber ich habe gar kein Geschenk für Ihren Mann.«
    »Wieso nicht? Sie bringen doch ein Schiff mit.«
    2.
    Kriminalhauptkommissar Rex Palmer zahlte das Taxi, nickte dem Fahrer zu und stieg aus. Vor der breiten Treppe blieb er kurz stehen und sah hinauf. Rechts und links standen auf jeder zweiten Stufe Muschelzypressen in Kübeln, genau wie zu Rechtsanwalt Dr. Armin Gettis Hochzeit vor ungefähr einem Jahr. Rex Palmer nickte und stieg ächzend hinauf. Ohne Publikum gestattete er sich den Luxus zu ächzen, wenn es ihm schwerfiel, seine Massen zu bewegen. Es fiel ihm immer schwer, seine Massen zu bewegen. Er war nicht sonderlich neugierig auf die Gäste, die sein Freund Armin Getti zum Geburtstag eingeladen hatte: Es waren sicherlich die gleichen wie zu seiner Hochzeit, und dieser Geburtstag würde gewiss ebenso luxuriös gefeiert werden wie damals die Hochzeit.
    Palmer passte nicht in diese Gesellschaft von Direktoren, reichen Erbinnen und Rechtsanwälten. Sein Vater war Polizist gewesen, und seine Mutter war ab und zu putzen gegangen, um die Haushaltskasse ein wenig aufzubessern. Rex Palmer beherrschte nicht die Umgangsformen dieser Leute, die er für leicht dekadent hielt. Aber er machte sich nichts daraus, und sie ließen ihn nichts merken. Sie sahen nicht auf ihn herab, im Gegenteil, sie behandelten ihn äußerst zuvorkommend, fürchtete doch jeder, der Kommissar könnte irgendwann einmal etwas erfahren, was besser in Dr. Gettis Tresor für ewig verschlossen bleiben sollte.
    Rex Palmer freute sich, Julia, die er schon als Baby auf den Knien gewiegt hatte, wiederzusehen. Sie war für ihn wie sein eigenes Kind, zumal seine Ehe kinderlos geblieben war. Palmers Ehefrau war vor ein paar Jahren gestorben. Er hatte nicht wieder geheiratet.
    Palmer zupfte an seiner Fliege, die ihm nicht ordentlich zu sitzen schien. Nach einem Taschenspiegel brauchte er erst gar nicht zu suchen, der steckte immer im falschen Anzug, falls er überhaupt in einem steckte.
    Gemächlich stieg er hinauf und sah sich jede der Zypressen genau an, obwohl er sich für dieses und anderes Grünzeug überhaupt nicht interessierte. Sie schienen ihm immer noch so klein zu sein wie im vorigen Jahr.
    Beide Flügel der blendend weißen Tür standen halb offen. Palmer trat hindurch. Zwei Floristinnen ordneten im Vorraum Schalen und Bodenvasen für die zu erwartenden Blumen, ein Gärtner schleppte immer neue Gefäße heran. Die Floristinnen sahen ihn nur kurz an. Rex Palmer nickte ihnen zu und betrat den Saal.
    Zwei Tische wurden hereingetragen und neben der Schiebetür aufgestellt. Die Tür reichte über die halbe Breite der Wand. Hier also würden genau wie damals zur Hochzeit die gefüllten Champagnerflöten stehen.
    Kabel lagen umher, eine Kamera hing schief an einem massigen Stativ und blickte auf den Fußboden. Mehrere Scheinwerfer tauchten den Raum in ein unnatürlich grelles Licht. Mitten im Saal standen zur Aufhellung große weiße Schirme. Palmer blinzelte und schattete seine Augen mit der Hand ab. Drei Männer mit gelangweilten Gesichtern standen herum, Hände in den Taschen, und taten gar nichts. Einer hatte lange Haare, hinten straff zusammengebunden, ein anderer war unrasiert. Er hätte das vermutlich einen Dreitagebart genannt. Die Kleidung der Männer deutete mehr auf Klempner in Erwartung der Frühstückspause hin. Auf einem Stuhl aus Stahlrohr und grobem Leinen undefinierbarer Farbe saß regungslos eine junge Frau. Sie hatte die Beine übereinandergeschlagen und blickte auf ein Bündel zerfledderter Blätter. Ihr rechter Arm hing schlaff über der Lehne. Sie schien die Chefin dieser traurigen Gemeinde zu sein, denn außer ihr durfte niemand sitzen. Mit einer müden Handbewegung dirigierte sie den Kameramann an eine andere Position. Der Mann dachte erst lange nach, bevor er sich in Bewegung setzte. Allerdings würde sich kaum jemand bereitfinden, dieses widerwillige Schlurfen Bewegung zu nennen. Schließlich schlenderte ein anderer Helfer mit Händen in den Taschen zu einem der weißen Schirme und rückte ihn ein paar Zentimeter weiter an die
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