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Kleine Fische zählen nicht

Kleine Fische zählen nicht

Titel: Kleine Fische zählen nicht
Autoren: A. A. Fair
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kann das Zeitelement in meinem Fall von Nutzen sein? Das leuchtet mir nicht ein.«
    »Alles muß seine Ordnung haben. Die Zeitangabe rundet die Aufnahme ab. In der Hauptsache geht es mir darum, die Atemzüge festzuhalten... Wie halten wir’s mit dem Dinner?«
    »Ich führe Sie zum Essen aus«, sagte sie. »Ich hab’ Spesengeld. Aber wenn es Ihnen peinlich ist, kann ich Ihnen das Geld auch geben, und Sie zahlen. Dann ist der Schein gewahrt.«
    »Sie zahlen und reichen die Rechnung ein. Bei mir würde das auf gewisse Schwierigkeiten stoßen. Meine Partnerin ist, was Spesen anbelangt, ziemlich empfindlich. Übrigens, um neun Uhr kommt sie. Deshalb müssen wir rechtzeitig zurück sein oder uns im Restaurant mit ihr verabreden.«
    »Oh, ich esse gern früh am Abend«, erklärte sie. »Aber damit erhebt sich eine... also, jetzt wird die Sache kompliziert. Ich möchte nämlich duschen und mich umziehen.«
    »Ist das dort das Schlafzimmer?« fragte ich und wies mit dem Kopf auf die Tür.
    »Ja.«
    »Und von da aus geht’s direkt ins Bad?«
    »Ja.«
    »Hat die Wohnung noch einen zweiten Ausgang?«
    »Nein.«
    »Also gut, gehen Sie rüber und duschen Sie. Lassen Sie die Tür offen. Ich sehe nicht hin. Aber ich möchte Sie hören können, falls Sie schreien sollten, und ich möchte die Feuertreppe im Auge behalten, damit niemand durchs Fenster hereinklettert und Ihnen zu nahe tritt.«
    »Es hat nie irgendwelchen Ärger gegeben, abgesehen von den Drohbriefen und den Telefonanrufen«, wandte sie ein.
    »Schön, aber wir wollen uns lieber nicht darauf verlassen. Schließlich bin ich eine gut bezahlte Leibwache.«
    »Jetzt wird mir klar, was das bedeutet«, sagte sie. »Ich liefere den Leib, und Sie sorgen für die Wache.«
    »Tja, so ungefähr ist das.«
    »Na, ich finde das alles schrecklich intim, aber ich schätze... Offen gestanden, ich hab’ das Gefühl, daß es mir ganz gut gefallen wird, sobald ich mich mal daran gewöhnt habe... Ich kam mir in den letzten Tagen so allein und verlassen vor, und jetzt, seit Sie hier sind, bin ich — also, ich hab’ den Eindruck, daß Sie wissen, was Sie tun.«
    »Danke.«
    »Was für ein Typ ist Ihre Partnerin? Wird sie mich sympathisch finden?«
    »Nein.«
    »Nicht? Warum?« fragte Marilyn erstaunt.
    »Bertha Cool hat für Gefühle nicht viel übrig«, sagte ich.
    »Was mag sie denn?«
    »Tatkraft, Tüchtigkeit und vor allem Geld.«
    »Wie alt ist sie?«
    »Schätzungsweise sechzig.«
    »Dick?«
    »Wie eine Dampfwalze.«
    »Ist sie stark?«
    »Wie ein Stier.«
    »Sagen Sie, Donald, hat Ihre Partnerin Sie gern?«
    »Manchmal, glaub’ ich«, antwortete ich, »aber meistens haßt sie mich wie die Pest.«
    »Warum muß sie sich denn so über Sie ärgern?«
    »Weil sie stets nur in Schablonen denkt und ich nicht. Aber nun dampfen Sie ab, und duschen Sie.«
    Fünfzehn Minuten später läutete das Telefon.
    »Wie ist’s?« fragte ich. »Soll ich rangehen?«
    »Du lieber Himmel, bloß nicht!« rief sie zurück. »Falls es meine Mutter ist und sich bei mir ein Mann meldet, würde sie mich mit Fragen löchern, und ich müßte irgendeine plausible Erklärung erfinden. Ich komme gleich.«
    Das Telefon klingelte weiter. Ich hörte das Tappen bloßer Füße, dann segelte sie an mir vorbei, mit nichts am Leib außer einem Handtuch, das sie sich hastig unter die Arme geklemmt hatte. Mit der rechten Hand hielt sie es mühsam fest, mit der linken griff sie nach dem Hörer.
    Sie meldete sich mit »Hallo«, dann sah ich, wie sie erstarrte. Sie nickte mir zu.
    Ich ging hinüber, und sie reichte mir den Hörer. Rasch schaltete ich das Tonbandgerät ein.
    Wieder war am anderen Ende nur das ominöse Schnaufen zu vernehmen und sonst kein Laut.
    »Alle Achtung! Sie sind heute mächtig auf Draht«, sagte ich. »Wie geht’s Ihrer Stirnhöhle? Ich kann mir denken, was mit Ihnen los ist. Ich hab’ Sie vorhin beleidigt, und da wollen Sie sich natürlich rächen. Aber Sie sind zu feige, um sich offen zu stellen, und deshalb versuchen Sie’s wieder auf diese primitive Tour.«
    Marilyn Chelan stand staunend da, hatte ihre mangelhafte Bekleidung ganz vergessen, spitzte die Ohren und ließ kein Auge von den Bandspulen, die sich langsam drehten.
    Ich hatte den Apparat auf Tonwiedergabe eingestellt, so daß sie jedes Wort und jeden Laut, der über das Telefon kam, mithören konnte.
    »Frauen lassen sich von solchen kindischen Späßen vielleicht beeindrucken, aber jetzt haben Sie’s mit einem Mann zu tun! Warum
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